Barry Trotter und die ueberfluessige Fortsetzung
später muss er lernen, sich zu verteidigen«, sagte Barry.
Hermeline erwiderte etwas Unverständliches — nett war es sicher nicht.
»Was?« fragte Barry.
»Ich hab’ gesagt: >Wo ist wohl Direktor Malfies? <« schwindelte sie.
Der Hohe Tisch war bereits voll besetzt, nur der große Stuhl in der Mitte, der Drafi gehörte, war noch frei. Bei den meisten der Lehrer hatten schon Nigels Eltern Unterricht gehabt: Snipe war da und wirkte so bösartig wie eh und je. Er war nach Hogwash zurückgekehrt, weil ihm klargeworden war, dass man es sich in keinem anderen Beruf erlauben konnte, seine Untergebenen zu schlagen. Und natürlich Hafwid. Er schlief bereits oder war bewusstlos oder tot — Barry wusste es nicht genau. Da saßen Madame Ponce, die Schulbibliothekarin mit der unklaren Geschlechtszugehörigkeit, Professor Bims, der Löcher in seine Umhänge schnitt, damit sein gespenstischer Hintern stets zu sehen war, Madame Knutsch, die Quaddatsch-Lehrerin mit der Schwäche fürs Schnüffeln an Jungsschlüpfern, und nicht zuletzt Zed Grimfood. Der Waffenmeister der Schule 19 versuchte gerade, mit Madame Knutsch anzubändeln. Auf den nächsten beiden Plätzen saßen, heftig schunkelnd und Gläser umstoßend, Luderwig Maifies, der Vorsitzende des Kuratoriums, und Professor Athos Measly. Lons Vater hatte seinen Posten beim Ministerium aufgegeben und unterrichtete die Schüler nun in Muddelkunde. 20
Der Wechsel nach Hogwash war bei weitem nicht die größte Veränderung in Professor Measlys Leben. Nachdem mit Genny auch das letzte ihrer Kinder das Nest verlassen hatte, war das zarte Band der Ehe, das Dolly Measly mit ihrem kahl werdenden, zerstreuten Gatten verband, zerrissen. Ohne jede Scheidungszauberformel verließ Dolly Lons Vater und zog bei Girlrboy Rockhard ein. Zur Uberraschung aller Beteiligten war Professor Measly über diese Wendung hocherfreut. Offenbar hatte er immer schon das Gefühl gehabt, den falschen Körper und im Grunde auch die falsche Sexualität zu haben. Bevor seine Frau auch nur das Viertel verlassen hatte, verwandelte Professor Measly sich in einen hochgewachsenen, eleganten, stockschwulen Schwarzen mit einem blendendweißen Afro. Seine Kinder brachte er damit total in Verwirrung, aber er selbst wirkte glücklicher denn je.
Das einzige neue Gesicht am Hohen Tisch gehörte — wie immer — dem Lehrer für Doofes Kunsthandwerk. Der Mann, ein Gastdozent aus irgendeiner Gegend, von der noch niemand etwas gehört hatte, sah selbst nach Maßstäben der Zauberwelt, in der es als schick galt, sich Haferflocken in die Haare zu schmieren, reichlich merkwürdig aus. Sein Gesicht war vollständig von einer Sturmhaube aus flaschengrüner Wolle verhüllt, aus der sich unten ein üppiger, weißer Bart ergoß. Zwei Leukoplaststreifen über seinen Ohren hielten eine Lesebrille in Position.
»Der kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagte Hermeline zu Barry.
»Du kennst doch den Spruch >Ein Zauberer sieht aus wie der andere<, erwiderte er. Da war was dran. Der jahrelange Umgang mit mächtiger Magie trocknete die Haare aus, grub Runzeln in die Haut und verzerrte die Züge zu einer charakteristischen Grimasse. Zauberer nannten sie die »Achtung, gleich pufft’s!«-Miene.
Am Kopfende eines jeden Schülertischs saßen die Gespenster von Hogwash: Da war Grittyfloors Beinahe hirnloser Bill und neben ihm die Walfängerwitwe. Sie zankte sich lautstark mit dem Blutigen Laien, dem Hausgeist von Silverfish, der mit frischem silbernem Blut besudelt war, weil er sich eine Kettensäge in den Schenkel gejagt hatte.
»Blutiger Laie!« sagte die Witwe. »Warum hast du nicht Hafwid den Baum fällen lassen?«
»Halts Maul, du Pottwal!« brüllte der Laie. Er zeigte mit dem Finger in die Gegend. »Da spielt die Musik!«
Die Witwe wirbelte herum. »Wo?«
»Angeschmiert«, blaffte der Blutige Laie.
Am Tisch der Ehemaligen fragte Hermeline: »Siehst du irgendwo den Fettigen Fritz?«
»Ich kann gar nichts sehen«, sagte Barry und erhöhte mit einem Fingerschnippen die Dioptrienzahl seiner Brillengläser.
»Vielleicht hat Filz ihn endlich erwischt«, sagte Hermeline. Angus Filz war der Hausmeister der Schule, und es gefiel ihm gar nicht, dass der Fettige Fritz auf Schritt und Tritt einen Fettfilm hinterließ.
»Es sind aber viele Leute zum Klassentreffen gekommen«, sagte Barry.
»Wenn Drafi hier ist, dann ist Millicent Bufeau bestimmt nicht weit«, sagte Hermeline.
»Millicent wer? Die Namen dieser vornehmen Leute klingen
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