Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
angestaute Wut der entfesselten Elemente inzwischen ausgetobt. In den Sprüngen im Steinfußboden stand Wasser, auf den Wänden und den Gesichtern der Gäste klebten Erdklumpen und am Saum des roten Bühnenvorhangs leckten hier und da noch kleine Flammen. Die meisten Zauberer regten sich wieder, rappelten sich hoch oder halfen anderen beim Aufstehen. Nur einige wenige blieben der Länge nach liegen. Diener kamen die Treppe herunter-und aus den benachbarten Räumen herbeigeeilt. Langsam fanden die Gäste auch ihre Stimmen wieder. Man hörte Rufen und Weinen und ab und zu entrang sich jemandem noch nachträglich ein ziemlich überflüssiger Schrei.
    Nathanael stand auf, ignorierte den stechenden Schmerz in der Schulter, mit der er gegen die Wand geknallt war, und machte sich besorgt auf die Suche nach Mrs Underwood. Seine Schuhe rutschten auf dem matschbedeckten Boden.
    Der dicke Mann im weißen Anzug stützte sich auf seine Krücken und redete auf Simon Lovelace und den alten, verrunzelten Zauberer ein. Keiner der drei schien bei dem Anschlag viel abbekommen zu haben, obwohl Lovelace’ Stirn diverse Schrammen und seine Brille etliche kleine Sprünge aufwies. Als Nathanael an ihnen vorbeikam, wandten sie sich gerade einander zu und murmelten offenbar im Chor eine Formel, denn plötzlich materialisierten sich direkt vor ihnen sechs große, schlanke Dschinn in silbernen Umhängen. Knappe Kommandos ertönten und die Dämonen erhoben sich in die Luft, sausten auf die Terrasse und hinaus in die Nacht.
    Mrs Underwood saß mit verdutztem Gesicht auf ihrem Allerwertesten. Nathanael kniete sich neben sie. »Alles in Ordnung?«
    Ihr Kinn war dreckverschmiert und das Haar über einem Ohr ein wenig angesengt, doch sonst schien sie unverletzt. Nathanael spürte vor Erleichterung einen Kloß im Hals. »Doch, doch, ich glaube schon, John. Du musst mich nicht so fest drücken. Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist. Wo ist Arthur?«
    »Ich weiß nicht.« Nathanael ließ den Blick über die durchnässte Menge schweifen. »Da drüben.«
    Sein Meister hatte offensichtlich keine Zeit gehabt, sich mit einem wirksamen Schutzschild zu umgeben – jedenfalls nach seinem Bart zu urteilen, der an einen vom Blitz gespaltenen Baum erinnerte. Die Explosion hatte ihm das Jackett und das schicke Hemd über der Brust weggefetzt und ihm nur die angekokelte Weste und die qualmende Krawatte übrig gelassen. Auch seine Hose hatte gelitten. Sie fing jetzt oben zu spät an und hörte unten zu früh auf. Mr Underwood stand neben einer Gruppe anderer Gäste, denen es ähnlich ergangen war, und schaute mit rotem, rußverschmiertem Gesicht und großer Empörung um sich.
    »Ich glaube, er hat es überlebt«, sagte Nathanael.
    »Geh hin und hilf ihm, John. Nun lauf schon. Mir geht’s gut, ehrlich. Ich will nur noch ein bisschen sitzen bleiben.«
    Nathanael näherte sich seinem Meister mit einer gewissen Zurückhaltung. Er traute Underwood zu, ihm irgendwie auch an dieser Katastrophe die Schuld zu geben.
    »Sir? Geht es Ihnen…«
    Sein Meister schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. Unter seinen geschwärzten Augenbrauen funkelte heller Zorn. Mit herrischer Geste zurrte er die zerlumpten Überbleibsel seines Jacketts zusammen und schloss sie mit dem einzigen ihm verbliebenen Knopf. Dann strich er sich die Krawatte glatt, wobei er zusammenzuckte, weil sie noch heiß war, und marschierte auf das nächstbeste Grüppchen zu. Da er nicht wusste, was er sonst machen sollte, trottete Nathanael hinterher.
    »Wer war das? Haben Sie ihn gesehen?«, stieß Underwood abgehackt hervor.
    Eine Frau, der das Abendkleid wie feuchtes Seidenpapier von den Schultern hing, schüttelte den Kopf. »Es ging alles so schnell.« Ein paar andere nickten.
    »Irgendwas kam von hinten angeflogen…«
    »Vielleicht durch ein Portal, ein abtrünniger Zauberer oder…«
    Ein weißhaariger Mann mit weinerlicher Stimme mischte sich ein: »Angeblich ist jemand über die Terrasse hereingekommen…«
    »Unmöglich! Wozu ist denn der Sicherheitsdienst da?«
    »Entschuldigung, Sir…«
    »Dieser ›Widerstand‹… glauben Sie, die…?«
    »Lovelace, Schyler und Pinn haben Spürdämonen flussabwärts geschickt.«
    »Sir…«
    »Der Schurke muss in die Themse gesprungen und von der Strömung mitgerissen worden sein.«
    »Sir! Ich hab ihn gesehen!«
    Jetzt endlich drehte sich Underwood zu Nathanael um. »Was? Was hast du eben gesagt?«
    »Ich hab ihn gesehen, Sir. Den Jungen auf der

Weitere Kostenlose Bücher