Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
unserer Truppen aus dem Großen Krieg. Ich nehme doch an, dass Sie mit der Stadt in groben Zügen vertraut sind.«
    »Ja, Sir.« Nathanaels flinker Verstand förderte mühelos das Benötigte zutage. »Das Burgviertel liegt am Westufer der Moldau, die Altstadt am Ostufer. Das ehemalige Zaubererviertel befand sich unweit der Burg, nicht wahr, Sir?«
    »So ist es.« Der Finger glitt weiter. »Hier drüben, direkt am Berghang. Im Goldenen Gässchen wohnten die meisten Zauberer und Alchimisten des Kaisers, jedenfalls bis Gladstones Truppen dort einmarschierten. Heute hat sich die Hand voll Zauberer, die den Tschechen noch geblieben ist, außerhalb des Stadtzentrums in den billigen Vororten eingemietet, weshalb in Burgnähe nur wenig oder gar nichts mehr los ist. Ich glaube, die Gegend ist ziemlich heruntergekommen. Das andere alte magische Zentrum…«, der Finger glitt über den Fluss hinweg, »…ist das Getto. Hier. Hier hat Löw die ersten Golems geschaffen, damals, zu Zeiten Rudolfs. Nach ihm haben andere Zauberer in diesem Viertel dieselbe Technik angewandt, bis ins letzte Jahrhundert, weshalb ich glaube, dass das verlorene Wissen, wenn überhaupt, dort überdauert hat.« Er blickte zu Nathanael auf. »Sie wissen doch, dass man Ihnen da einen Metzgergang zugeschanzt hat, Mandrake? Wenn die Tschechen tatsächlich die ganze Zeit über fähig waren, Golems zu erschaffen, warum haben sie es dann nicht getan? Oft genug besiegt haben wir sie ja, weiß der Himmel! Nein, ich persönlich halte das für äußerst unwahrscheinlich.«
    »Ich handle lediglich aufgrund gewisser Hinweise, Sir«, erwiderte Nathanael ehrerbietig. »Von der Logik her kommt Prag am ehesten infrage.« Sein neutraler Tonfall und seine Haltung täuschten darüber hinweg, dass er seinem Gegenüber insgeheim voll und ganz zustimmte.
    »Hm. Nun, Sie müssen es ja wissen.« Dem Staatsbeamten war anzuhören, dass er nicht überzeugt war. »Weiter… sehen Sie das Päckchen da? Es enthält Ihre gefälschten Ausweisdokumente. Sie reisen unter dem Namen Derek Smithers und sind Lehrling in Watts Weinfirma in Marylebone. Dafür finden Sie hier drin ebenfalls Nachweise, falls die tschechischen Zollbeamten ganz pingelig sind.«
    »Derek… Smithers, Sir?« Nathanael sah nicht besonders begeistert aus.
    »Ja. Ein anderer Name war nicht frei. Der arme Kerl ist letzten Monat an Wassersucht gestorben, er war ungefähr in Ihrem Alter. Wir haben seine Identität für den Staatsdienst beschlagnahmt. Offiziell fliegen Sie nach Prag, weil Sie das berühmte Bier importieren möchten. Ich habe Ihnen eine Liste mit Brauereien dazugelegt, die Sie auf dem Flug auswendig lernen können.«
    »Mach ich, Sir.«
    »Gut. Vor allen Dingen müssen Sie sich bedeckt halten, Mandrake, Sie dürfen bloß nicht auffallen. Falls Sie Magie anwenden müssen, tun Sie es heimlich und rasch. Ich habe gehört, Sie wollen einen Dämon mitnehmen. Geben Sie bloß Acht, dass Sie ihn immer im Griff haben!«
    »Selbstverständlich, Sir.«
    »Die Tschechen dürfen nicht erfahren, dass Sie ein Zauberer sind. Es gehört zu unserem derzeitigen Abkommen, dass wir ihnen zugesichert haben, auf ihrem Territorium keinerlei magische Tätigkeiten durchzuführen. Und umgekehrt.«
    Nathanael runzelte die Stirn. »Aber Sir, ich habe gehört, dass erst kürzlich tschechische Unterwanderer hier in England ihr Unwesen getrieben haben. Die haben das Abkommen doch bestimmt verletzt!«
    Der stellvertretende Minister warf Nathanael einen ärgerlichen Seitenblick zu und pochte auf die Karte. »Allerdings. Den Kerlen kann man keine Sekunde über den Weg trauen. Wer weiß, womöglich stecken sie sogar hinter Ihrem ›Golem‹-Zwischenfall.«
    »Aber dann…«
    »Ich weiß schon, was Sie sagen wollen, Mandrake. Natürlich täten wir nichts lieber, als gleich morgen mit unseren Truppen auf dem Wenzelsplatz einzumarschieren und den Tschechen mal zu zeigen, was eine Harke ist, aber das geht leider nicht.«
    »Warum nicht, Sir?«
    »Wegen der amerikanischen Aufständischen. Unglücklicherweise sind unsere Streitkräfte zurzeit stark beansprucht. Aber das kann nicht mehr lange dauern. Erst räumen wir mit den Amis auf, dann widmen wir uns wieder Europa. Nur gerade jetzt können wir dort absolut keinen Rabatz gebrauchen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Abgesehen davon verstoßen wir selber andauernd gegen die Waffenruhe. So viel zum Thema Diplomatie. In Wahrheit sind die Tschechen in den letzten zehn Jahren

Weitere Kostenlose Bücher