Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
erinnern.
    Jane Farrar machte ein Schmollmündchen. »Machen Sie sich wegen Ihrer Meisterin Sorgen? Die kriegt das doch überhaupt nicht mit. Und meinem Meister erzähle ich auch nichts davon. Ich weiß ja, dass so etwas eigentlich untersagt ist…«
    »Darum geht es nicht«, erwiderte er. »Bloß dass ich…«
    »Nun, wenn das so ist…«
    »Nein… ich habe heute noch etwas zu erledigen… etwas Wichtiges.« Er versuchte, sich von ihrem Anblick loszureißen, denn er konnte sich partout nicht konzentrieren, und sein Herz schlug viel zu heftig, als dass er sich an irgendetwas erinnern konnte. Außerdem duftete Miss Farrar köstlich, nicht nach dem üblichen Vogelbeer-Deo, sondern nach einem blumigen orientalischen Parfüm. Es roch sehr angenehm, nur ein bisschen stark. Ihm wurde ganz wirr im Kopf.
    »Was haben Sie denn zu erledigen?«, erkundigte sie sich. »Vielleicht kann ich Ihnen ja behilflich sein.«
    »Äh… ich muss verreisen… nach Prag.«
    Sie schob sich noch näher heran. »Ach ja? Wozu das denn?«
    »Um herauszufinden, ob…äh…« Er blinzelte, schüttelte den Kopf. Irgendetwas war nicht so, wie es sein sollte.
    »Ich will Ihnen mal was sagen«, meinte sie, »was halten Sie davon, wenn wir uns irgendwo hinsetzen und ein bisschen plaudern? Dann können Sie mir alles über Ihr Vorhaben erzählen.«
    »Eigentlich muss ich…«
    »Ich habe ein schönes, breites, bequemes Sofa.«
    »Ach so?«
    »Da können wir es uns mit einem eisgekühlten Fruchtsaft gemütlich machen, und Sie erzählen mir alles über den Dämon, den Sie beschworen haben, diesen Bartimäus. Ich bin ja schon so gespannt!«
    Als sie den Namen aussprach, klingelte irgendwo ein Alarmglöckchen, das ihn aus seiner wohligen Benommenheit riss. Woher kannte sie Bartimäus’ Namen? Den konnte sie doch nur von ihrem Meister Duvall haben, der ihn heute Morgen im Beschwörungsraum gehört hatte. Und Duvall… Duvall… der war ihm gar nicht wohlgesonnen. Der wollte ihm immer bloß Knüppel zwischen die Beine werfen, sogar was die Reise nach Prag anging… Er starrte Jane Farrar mit wachsendem Argwohn an. Dann begriff er mit einem Schlag, was vor sich ging, und jetzt nahm er auch wahr, dass seine Abwehrsensoren schon eine Weile leise im Hintergrund summten und anzeigten, dass jemand Magie auf ihn auszuüben versuchte. War es ein Bann oder eher ein Blendezauber…? Während er noch überlegte, schien Miss Farrars Haar ein wenig stumpf zu werden, ihr funkelnder Blick flackerte und verlosch.
    »T-tut mir Leid, Miss Farrar«, sagte er heiser. »Vielen Dank für die Einladung, aber ich kann sie leider nicht annehmen. Richten Sie Ihrem Meister bitte meine besten Grüße aus.«
    Sie musterte ihn stumm, die rehäugige Bewunderung verwandelte sich in abgrundtiefe Verachtung. Im nächsten Augenblick sah sie so beherrscht und distanziert wie eh und je aus. Sie lächelte. »Da wird er sich aber freuen.«
    Nathanael verbeugte sich knapp und ging davon. Als er sich noch einmal umdrehte, war sie schon fort.
    Fünf Minuten später trat er, immer noch etwas verwirrt von dieser Begegnung, im dritten Stock des Ministeriums aus dem Fahrstuhl. Er ging einen breiten, hallenden Flur entlang, bis er zum Büro des stellvertretenden Außenministers kam. Er zupfte seine Manschetten zurecht, wartete einen Augenblick, bis er sich gefasst hatte, dann klopfte er und trat ein.
    Es war ein hohes Zimmer, dessen Wände mit Eichenpaneelen verkleidet waren. Durch die sich anmutig verjüngenden Fenster, die auf den geschäftigen Verkehr von Whitehall blickten, flutete Licht herein. Der Raum wurde von drei großen, zusammengeschobenen Tischen beherrscht. Auf deren grünem, genopptem Lederbezug waren dutzende Landkarten unterschiedlicher Größe ausgerollt und säuberlich mit Stecknadeln festgeheftet: manche aus vergilbtem Papier, andere aus altertümlichem, brüchigem Pergament. Über eine davon beugte sich der stellvertretende Außenminister, ein kleiner, glatzköpfiger Mann, und fuhr mit dem Finger eine Linie nach. Er sah kurz auf und nickte freundlich.
    »Mandrake! Sehr schön. Jessica hat Sie schon angekündigt. Kommen Sie rein. Ich habe die Karten von Prag schon vorbereitet.«
    Nathanael trat neben den Staatsbeamten, der ihm kaum bis zur Schulter reichte. Seine Haut war gelbbraun wie verflecktes Pergament und wirkte trocken und verstaubt. Er stupfte mit dem Zeigefinger auf die Karte. »Das hier ist Prag. Wie Sie sehen, ist die Karte ziemlich neu… sie zeigt die Schützengräben

Weitere Kostenlose Bücher