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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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nützlich machen. Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden, Miss Farrar…«
    Nathanael verließ das Fest frühzeitig und kehrte stinkwütend in sein Büro zurück. Sogleich begab er sich in einen abgelegenen Beschwörungsraum und blaffte eine Formel. Die beiden Foliot erschienen in ihrer Waisenkindverkleidung. Sie sahen zugleich tieftraurig und durchtrieben aus.
    »Und?«, fuhr er sie an.
    »Es klappt nich, Herr«, sagte die blonde Waise. »Die Straßenkinder wollen nix von uns wissen.«
    »Wenn wir Glück haben«, ergänzte die mit den zerzausten Haaren. »Manche bewerfen uns auch mit allem Möglichen.«
    »Was?« Nathanael war entsetzt.
    »Na ja, mit Dosen, Flaschen, Pflastersteinen und so.«
    »Das habe ich nicht gemeint! Ich meine, wo bleibt denn da die Menschlichkeit? Man sollte diese Gören alle in Ketten legen und deportieren! Was ist bloß los mit denen? Ihr seid nett und freundlich, ihr seid abgemagert, ihr seht einigermaßen jämmerlich aus… da müssen sie euch doch unter ihre Fittiche nehmen!«
    Die Waisen schüttelten die niedlichen Köpfchen. »Nich die Bohne. Die gehn uns aus dem Weg. Als könnten sie sehn, wer wir wirklich sind.«
    »Unmöglich. Sie haben doch keine Linsen, oder? Ihr macht bestimmt irgendwas falsch. Seid ihr sicher, dass ihr euch in ihrer Gegenwart nicht irgendwie verdächtig benehmt? Ihr fliegt doch nicht etwa oder lasst euch Hörner wachsen oder macht sonst irgendeinen Blödsinn?«
    »Nein, Herr, ehrlich nich.«
    »Nein, Herr. Nur einmal hat Clovis vergessen, seinen Schwanz wegzumachen.«
    »Du elende Petze! Das is gelogen, Herr!«
    Nathanael verdrehte die Augen und schlug sich an die Stirn. »Interessiert mich nicht! Aber wenn ihr nicht bald etwas erreicht, könnt ihr euch schon mal auf den Stichel freuen. Macht euch jünger oder älter, versucht es einzeln, legt euch eine leichte Behinderung zu, damit sie Mitleid mit euch bekommen… bloß keine ansteckenden Krankheiten, das habe ich euch ja schon mal erklärt. Für heute seid ihr entlassen. Geht mir aus den Augen!«
    Als er wieder an seinem Schreibtisch saß, zog Nathanael mit zusammengebissenen Zähnen Bilanz. Es war offensichtlich, dass die Foliot keinen Erfolg haben würden. Sie waren nur niedere Dämonen… vielleicht war das ja der Haken… Sie waren nicht klug genug, um sich richtig in die menschliche Natur hineinzuversetzen. Hingegen war die Vermutung, die Kinder könnten ihre Maskerade durchschauen, selbstverständlich völlig abwegig. Er verwarf den Gedanken sogleich wieder.
    Aber wenn er auf diese Weise nicht weiterkam, wie dann? Jede Woche ereigneten sich neue Schandtaten. Die Widerständler brachen in die Häuser von Zauberern ein, stahlen Autos, überfielen Läden und Büros. Es war immer dasselbe Muster: Sie warteten auf eine günstige Gelegenheit und gingen in kleinen Gruppen vor, denen es irgendwie gelang, patrouillierenden Wachkugeln und anderen Dämonen auszuweichen. Alles schön und gut, aber es wollte sich einfach kein Durchbruch einstellen.
    Nathanael wusste, dass Mr Tallows Geduld allmählich am Ende war. Spöttische Bemerkungen wie die von Clive Jenkins und Jane Farrar deuteten an, dass dies auch Außenstehenden nicht entging. Er klopfte mit dem Bleistift auf seinen Notizblock und rief sich wieder einmal die drei Mitglieder des Widerstands, die er kennen gelernt hatte, ins Gedächtnis. Fred und Stanley… beim Gedanken an die beiden knirschte er mit den Zähnen und trommelte noch heftiger mit dem Stift. Eines Tages würde er sie schnappen, o ja! Und dann war da noch das Mädchen, Kitty. Dunkelhaarig, leidenschaftliches Gesicht, ein heller Fleck im Dunkeln. Die Anführerin des Trios. Ob sie sich wohl immer noch in London aufhielten? Oder waren sie geflohen, irgendwohin weit weg, wo die Justiz sie nicht aufspüren konnte? Er brauchte nur einen einzigen Hinweis, eine winzige Spur! Dann würde er zuschlagen, ehe sie noch Piep sagen konnten!
    Aber er hatte nicht den geringsten Anhaltspunkt.
    »Wer seid ihr?«, murmelte er. »Wo versteckt ihr euch?«
    Der Bleistift zerbrach.

Kitty
3
    Fürwahr eine zauberische Nacht. Ein riesiger aprikosen-und weizenfarben leuchtender Vollmond mit einem flimmernden Hof stand in stolzer Pracht am Wüstenhimmel. Ein paar hauchzarte Wolken flohen vor seinem majestätischen Antlitz und ließen das Firmament blank und bloß zurück, blauschwarz wie der Bauch eines gewaltigen Wals. In der Ferne vermählte sich das Mondlicht mit den Dünen, verschaffte sich zwischen schroffen Felsen

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