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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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den ganzen Raum (auf den höheren Ebenen). Mit so mächtigen Gegenständen muss man vorsichtig sein, deshalb nahm ich Gladstones Zauberstab behutsam zwischen Daumen und Zeigefinger, etwa so, wie man einen Wurm aus einem Apfel zieht, trug ihn nach draußen und überreichte ihn meinem Herrn.
    Nein, was war er froh! Die Erleichterung quoll ihm aus allen Poren. Er griff nach dem Stab und betrachtete ihn. Sein Gesicht leuchtete matt im Abglanz der mächtigen Aura.
    »Mr Mandrake!« Das Mädchen meldete sich zu Wort. Sie stand neben Hyrnek und hatte schützend den Arm um ihn gelegt. Der unsichtbare Foliot war auf Hyrneks andere Schulter gehüpft und beäugte sie voller Argwohn, vielleicht spürte er ja ihre Abwehrkräfte. »Mr Mandrake«, wiederholte die Kleine, »meinen Teil unserer Abmachung habe ich erfüllt. Jetzt müssen Sie uns freilassen.«
    »Ja, ja.« Mein Herr blickte kaum auf, er war immer noch ganz im Bann des Stabes. »Selbstverständlich. Ich werde sogleich alles Nötige veranlassen… und für Sie beide Geleitschutz anfordern. Aber erst wenn wir dieses finstere Loch verlassen haben.«
    Als wir aus den Katakomben wieder ins Freie traten, fielen die ersten Strahlen der Morgensonne in den düsteren Hinterhof und ließen die Chromverzierungen der gegenüber geparkten Limousine aufblitzen. Der Chauffeur saß reglos am Lenkrad und glotzte durch die Frontscheibe. Er schien sich, seit wir ausgestiegen waren, keinen Millimeter von der Stelle gerührt zu haben. Das Mädchen unternahm einen zweiten Versuch. Sie war sehr müde und klang einigermaßen resigniert. »Wir brauchen keinen Geleitschutz, Mr Mandrake«, sagte sie, »wir kommen alleine zurecht.«
    Mein Herr kam eben mit dem Stab in der Hand die letzten Stufen hoch. Er schien sie nicht gehört zu haben, war mit den Gedanken ganz woanders. Dann blinzelte er, blieb stehen und richtete den Blick auf die Kleine, als sähe er sie zum allerersten Mal.
    »Sie haben es mir versprochen!«
    »Versprochen…?« Er runzelte fragend die Stirn.
    »Uns freizulassen.« Ich merkte, wie sie ihr Gewicht beim Sprechen unauffällig auf die Zehenspitzen verlagerte und sich zum Sprung bereit machte, und fragte mich, was sie wohl vorhatte.
    »Ach ja, richtig.« Es mochte eine Zeit gegeben haben, vor ein paar Jahren, da hätte Nathanael unbedingt zu seinem Wort gestanden. Ein Versprechen nicht einzulösen, hätte er für unter seiner Würde erachtet, auch wenn er das Mädchen nicht leiden konnte. Es mochte sein, dass sich sogar jetzt sein Gewissen regte, zumindest zögerte er einen Augenblick wie von Zweifeln ergriffen, aber dann sah ich ihn zu den roten Kugeln emporspähen, die den Keller ebenfalls verlassen hatten und jetzt wieder über unseren Köpfen schwebten, und sein Blick wurde hart. Seine Herrin überwachte ihn und das gab den Ausschlag.
    Er zupfte beim Reden an seiner Manschette, aber dessen hätte es gar nicht bedurft, er glich auch so durch und durch den anderen Zauberern. »Gegenüber Staatsfeinden braucht man seine Versprechen nicht zu halten, Miss Jones. Unsere Absprache ist unwirksam. Man wird Sie umgehend verhören und des Hochverrats anklagen und ich werde Sie persönlich in den Tower überführen. Versuchen Sie ja keine Mätzchen!« Seine Stimme wurde lauter, denn das Mädchen hatte eine Hand in die Jacke geschoben. »Das Leben Ihres Freundes hängt am seidenen Faden. Zeige dich, Sophokles!« Der grienende Foliot auf Hyrneks Schulter gab seine Tarnung auf der ersten Ebene auf, zwinkerte dem Mädchen frech zu und ließ die kräftigen Kiefer neben dem Ohr des Gefangenen zuschnappen.
    Das Mädchen stand mit hängenden Schultern und niedergeschlagener Miene da. »Tja dann…«, sagte sie.
    »Her mit der Waffe. Holen Sie raus, was Sie in der Jacke haben. Schön langsam!«
    Sie zögerte. »Das ist keine Waffe.«
    »Für solche Sperenzchen ist mir meine Zeit zu schade! Raus damit oder Ihr Freund verliert sein Ohr!«
    »Es ist keine Waffe. Es ist ein Geschenk.« Als sie die Hand aus der Jacke zog, lag darin etwas Kleines, Rundes, Glänzendes. Eine Bronzescheibe.
    Nathanael riss die Augen auf. »Das gehört mir! Das ist mein Zauberspiegel!« 92
(Aufgrund der stümperhaften handwerklichen Ausführung eindeutig zu identifizieren. Der freche, arbeitsscheue Kobold innen drin ist aber noch schlimmer. )
    Das Mädchen nickte. »Fang auf!« Die Scheibe trudelte durch die Luft, und wir drei, Nathanael, der Foliot und ich, sahen ihr unwillkürlich nach. Diese Gelegenheit nutzte die

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