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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Hauptstraße kam, und schlängelte sich durch die Trauben von Menschen die leichte Steigung zu den Seven Dials hinauf.
    Dort liefen sieben Straßen auf einem runden, kopfsteingepflasterten Platz zusammen, den verschachtelte mittelalterliche Häuser mit schwarzem Fachwerk und farbigem Putz umstanden. In der Mitte erhob sich die Statue eines Generals zu Pferde, zu ihren Füßen saßen Leute und genossen die warme Nachmittagssonne. Dem Reiterstandbild gegenüber stand eine zweite Skulptur, die Gladstone als Gesetzgeber zeigte. Er war in einen wallenden Talar gewandet, hielt in einer Hand eine Schriftrolle und hatte den anderen Arm erhoben, als verkünde er der lauschenden Menge die darauf geschriebenen Worte. Irgendwer, ein Betrunkener oder ein aufmüpfiger Mitbürger, war am Standbild des ehrwürdigen Staatsmannes emporgeklettert und hatte ihm ein orangefarbenes Verkehrshütchen aufs majestätische Haupt gestülpt, wodurch er einem Zauberer in einem lustigen Kinderbuch glich. Die Polizei hatte es offenbar noch nicht bemerkt.
    Direkt hinter Gladstone lag das Druiden-Café, Treffpunkt der Londoner Jugend. Im Erdgeschoss hatte man die Wände durch grobe, von wildem Wein umrankte Steinsäulen ersetzt, dazwischen waren weiß gedeckte Tische aufgestellt, die wie in südlichen Ländern bis hinaus auf den Bürgersteig standen. Alle Tische waren besetzt, Kellner in blauen Schürzen eilten geschäftig hin und her.
    Am Reiterstandbild hielt Kitty an, rang nach Luft und ließ den Blick über die Tische schweifen. Auf die Minute genau drei Uhr. Ob er…? Da! Von einer Säule fast verdeckt, erspähte sie den weißen Haarkranz um die spiegelnde Glatze.
    Mr Pennyfeather nippte an einem Café Latte, seinen Stock hatte er auf den Tisch gelegt. Als er Kitty näher kommen sah, lächelte er strahlend und wies auf einen Stuhl.
    »Miss Jones! Pünktlich wie die Maurer. Setzen Sie sich doch! Was darf ich Ihnen bestellen? Kaffee? Tee? Eine Zimtschnecke? Die schmecken hier ausgezeichnet.«
    Kitty fuhr sich verwirrt durchs Haar. »Äh… Tee bitte. Und Schokolade. Ich brauche dringend Schokolade.«
    Mr Pennyfeather schnippte mit den Fingern und ein Kellner kam herbei. »Ein Kännchen Tee und ein Eclair. Ein großes. Also, Miss Jones… aber mir scheint, Sie sind ganz außer Atem! Sie sind gerannt. Oder täusche ich mich?«
    Er zwinkerte ihr verschmitzt zu und lächelte noch eine Spur strahlender. Wütend beugte Kitty sich vor. »Da gibt’s nichts zu lachen«, zischte sie mit einem Seitenblick auf die Nebentische. »Ich bin gerade überfallen worden! Auf dem Weg zu diesem Café, wo Sie mich hinbestellt haben!«, ergänzte sie, um jedes Missverständnis auszuschließen.
    Doch das tat Mr Pennyfeathers guter Laune keinen Abbruch. »Tatsächlich? Wirklich? Das ist ja schlimm! Sie müssen mir alles… aha! Da kommt Ihr Tee. Das ging aber schnell! Und ein schönes, großes Eclair! Wunderbar. Am besten essen Sie erst mal einen Happen, bevor Sie mir alles erzählen.«
    »In einer Nebenstraße haben mir drei Typen aufgelauert. Sie haben etwas nach mir geworfen, irgendeinen Behälter, glaube ich, und dann ist ein Dämon erschienen. Er hat sich auf mich gestürzt und wollte mich umbringen, und dann… Hören Sie mir überhaupt zu, Mr Pennyfeather, oder soll ich lieber wieder gehen?« Seine unerschütterlich gute Laune ging ihr allmählich auf die Nerven, doch jetzt erlosch sein Lächeln.
    »Bitte verzeihen Sie, Miss Jones. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Trotzdem ist es Ihnen gelungen zu entkommen. Wie haben Sie das geschafft?«
    Kitty trank einen großen Schluck Tee. Mr Pennyfeather musterte sie geduldig und schwieg. Seine Miene war ernst, doch seine Augen blitzten lebhaft und vergnügt. »Das war bestimmt dieser Zauberer, dieser Tallow!«, fuhr Kitty fort. »Da bin ich mir absolut sicher. Nach dem, was ich bei Gericht ausgesagt habe, hat er es auf mich abgesehen. Diesmal hat sein Dämon mir nichts tun können, aber er hetzt mir bestimmt bald den nächsten auf den Hals. Ich weiß nicht, was ich…«
    »Ich würde Ihnen raten, sich zunächst einmal zu stärken«, sagte Mr Pennyfeather. »Und dann, wenn Sie sich ein wenig beruhigt haben, erzähle ich Ihnen etwas.«
    Kitty verspeiste ihr Eclair mit vier Bissen, trank Tee hinterher und wurde etwas ruhiger. Sie sah sich um. Von ihrem Platz aus hatte sie eine gute Sicht auf die meisten Gäste des Cafés. Manche waren Touristen mit bunten Stadtplänen und Reiseführern, andere junge Leute, vermutlich

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