Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
auf einer Schreibmaschine herum.
    Mandrake lag mit seiner Einschätzung von Jenkins’ Fähigkeiten nicht ganz falsch. Sobald ich meinen Beobachtungsposten eingenommen hatte, überprüfte ich unverzüglich alle sieben Ebenen auf Abwehrsensoren, Wächterprismen, Bohrende Blicke, Schattengänger, Kugeln, Membranen, Hitzefallen, Stolperzauber, Wichte, Sprengsiegel und andere magische Vorkehrungen, die der Zauberer zu seinem Schutz getroffen haben mochte. Fehlanzeige. Auf dem Schreibtisch stand eine Tasse Tee, mehr war nicht. Ich beobachtete, ob er sich womöglich auf übernatürliche Art mit Hopkins verständigte, aber er bewegte weder die Lippen noch gebärdete er sich auffällig. Klack-klack-klack, klackklack-klack huschten seine Finger über die Tasten, ab und zu rieb er sich die Nase, rückte seine Brille zurecht oder kratzte sich am Kinn. So verging der Nachmittag. Ich schlug schon Wurzeln auf meinem Fenstersims.
    Obwohl ich mein Bestes tat, mich auf meinen Auftrag zu konzentrieren, ertappte ich mich hin und wieder dabei, dass meine Gedanken abschweiften, a) weil mir sterbenslangweilig war und b) weil mir von den Schmerzen in meiner Substanz ganz schwummerig wurde. Ich fühlte mich wie jemand, der unter chronischem Schlafmangel leidet, andauernd ging mir irgendetwas durch den Kopf, was nichts mit meinem Auftrag zu tun hatte: das Mädchen Kitty Jones, mein alter Widersacher Faquarl, wie er sein Hackbeil wetzte, und sogar Ptolemäus – ehe er sich veränderte. Jedes Mal musste ich mich zusammenreißen und zurückpfeifen, aber jedes Mal saß Jenkins da wie zuvor, sodass es nicht weiter schlimm war.
    Gegen halb sechs ging mit dem Sekretär eine kaum wahrnehmbare Veränderung vor. Er schien unmerklich zum Leben zu erwachen und schüttelte seine Lethargie ab. Mit flinken Handgriffen zog er die Hülle über die Schreibmaschine, räumte seinen Schreibtisch auf, klaubte ein paar Akten zusammen und nahm einen Mantel über den Arm. Dann verließ er sein Büro und entschwand meinen Blicken.
    Der Spatz spreizte die schmerzenden Flügel, schüttelte den Kopf, um das betäubende Pochen hinter den Augen loszuwerden, und flatterte auf. Ich segelte die Straße hinunter auf die belebte Whitehall hinaus, wo sich behäbige Busse durch den dichten Verkehr schoben und gepanzerte Polizeiwagen immer wieder Nachtpolizisten in die Menge spien. Seit Kriegsbeginn war das Volk in aufrührerischer Stimmung und die Behörden gingen mitten in der Hauptstadt kein Risiko ein. Auf den Dachtraufen waren Kobolde und Foliot postiert.
    Ich landete auf einem Walnussbaum in dem kleinen Hof zwischen dem Bürogebäude der Inneren Angelegenheiten und der Straße und wartete ab. Am Tor unter mir stand ein Polizist. Nach einer Weile ging die Tür auf und Jenkins kam heraus. Er trug einen langen Ledermantel und in der Hand einen verbeulten Hut. Er nickte dem Posten zu, zeigte seinen Ausweis vor und trat auf die Straße. Dort wandte er sich nach Norden, stülpte sich den Hut ein wenig schief auf den Kopf und stürzte sich mit erstaunlich forschen Schritten ins Getümmel.
    Einer Einzelperson in einer wimmelnden Menge auf den Fersen zu bleiben, ist nicht einfach, aber für einen Profi wie mich natürlich ein Leichtes. Man darf sich bloß nicht ablenken lassen. Ich hielt den Blick immer auf Jenkins’ Hut gerichtet und flog über seinem Kopf, blieb aber ein Stück zurück, für den Fall dass er plötzlich aufblickte. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass er mich bemerkte, aber ihr kennt mich ja – wenn schon, denn schon. Wer mir in der hohen Kunst des Beschattens etwas vormachen will, muss schon sehr früh aufstehen. 1
(Als ich bei den Schamanen der Algonquin diente, kam eines Nachts ein feindlicher Afrit in unser Lager und entführte das Kind des Stammeshäuptlings. Als man die Tat entdeckte, war der Afrit längst über alle Berge. Er hatte sich als Büffelkuh getarnt und um das Kind einen Blendezauber gewirkt, sodass es wie ein Kälbchen aussah. Aber Afriten haben feurige Hufe, deshalb folgte ich der Spur aus versengten Grasbüscheln hundert Meilen durch die wogende Prärie und erlegte den Entführer schließlich mit einem Silberspeer. Das Kind kehrte gesund und munter zu seinem Vater zurück – wenn auch ein bisschen grün im Gesicht, weil es zu viel Gras gefressen hatte. )
    Hinter den Dächern senkte sich die Herbstsonne auf die Bäume des Hydeparks nieder, ein hübscher roter Dunstschleier überzog den Himmel. Der Spatz betrachtete das Schauspiel

Weitere Kostenlose Bücher