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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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ganze Tier war die Selbstzufriedenheit in Person. Es blieb zwischen den beiden Menschen stehen.
    »Der gewöhnliche Dschinn steht zu Diensten«, verkündete die Katze, hockte sich hin und ringelte den Schwanz um die Pfoten. »Der gewöhnliche Dschinn…«, sie machte eine Kunstpause und sah vielsagend von einem zum anderen, »…hat mal eben lange Pfoten gemacht, während ihr beide euch gezankt habt wie die Fischweiber.«
     

Bartimäus
     
    30
     
    I ch tat so, als wäre das Ganze ein Kinderspiel gewesen, aber dem war nicht so.
    In Salomos Schlafgemach einzudringen war nicht weiter schwer, gab es doch weder Fallen noch Wächter und der König saß mit dem Rücken zum Eingang. Es war auch kein Problem gewesen, sich unbemerkt hinter das Regal am Fenster zu verdrücken. Salomo und die Kleine waren dermaßen in ihre »Plauderei« vertieft, dass sie die vorbeischwirrende Fliege 95 gar nicht wahrnahmen.
    Ab da wurde es kniffliger, und das lag an den magischen Eigenschaften des Ringes.
    Zum einen leuchtete er fürchterlich hell. Auf der ersten Ebene wurde das Zimmer nur von den flackernden Öllampen 96 erleuchtet, auf den höheren Ebenen jedoch überstrahlte die Aura des unscheinbaren kleinen Reifs alles und jedes. Er leuchtete so grell wie die Mittagssonne über der ägyptischen Wüste. Mir wurde richtiggehend übel davon, sodass ich mich, abgesehen von ein paar flüchtigen Blinzlern, auf die erste Ebene beschränkte.
    Der eigentliche Taschenspielertrick – einen Tintenfischring mit einem Blendezauber zu versehen und mit dem echten Ring zu vertauschen – war dann wieder ziemlich einfach, jedenfalls theoretisch. Das Stehlen liegt uns Dschinn sozusagen im Blut, denn unsere Herren setzen uns von jeher überwiegend als Diebe ein. 97 Die Katze brauchte sich nur hinter Salomos Stuhl zu schleichen und abzuwarten, bis der König und die Kleine gleichzeitig einen Anfall rechtschaffener Empörung bekamen. Kaum rollten beide mit den Augen und schnaubten im Duett, streckte ich blitzschnell die Pfote aus und ersetzte den Goldring gegen den Tintenfischring. Anschließend huschte ich wieder hinter mein Regal.
    Aber dann kam’s.
    Verdammt, tat das weh!
    Schon der Silberteller, auf dem Salomo den Ring liegen hatte, griff meine Substanz an. Unter anderen Umständen hätte ich mich strikt geweigert, auch nur in seine Nähe zu kommen. Aber wenn es darum ging, Salomos sagenhaften Ring zu stehlen, nahm ich einiges in Kauf. Ich gürtete also meine pelzigen Lenden und vollbrachte die Tat, und erst als ich mich wieder von der beißenden Kälte des Silbers entfernte, merkte ich, dass der Ring, den ich zwischen den Zähnen hielt, ebenfalls nicht ohne war.
    Der Ring brannte nicht so kalt wie Silber (oder Eisen oder irgendein anderes Material, das für uns Geistwesen ungesund ist). Anfangs kribbelte nur die Substanz um mein Maul herum. Ich empfand das Kribbeln nicht unbedingt als unangenehm, doch es wuchs sich rasch zu einem bohrenden, hartnäckigen Ziehen aus.
    Als die Katze wieder hinter dem Regal hockte, kam es ihr vor, als würde sie mittendurch gerissen. Sie spuckte den Ring auf den Boden und betrachtete ihn verwundert (auf der ersten Ebene, wohlgemerkt).
    Philokretes hatte nicht gelogen.
    Der Ring vibrierte förmlich von den Kräften des Anderen Ortes. Er stellte ein Portal zwischen den Dimensionen dar, und auch wenn das Portal geschlossen war, spürte man eine Art kalten Luftzug.
    Es war das gleiche Ziehen, das man verspürt, wenn man aus irdischen Diensten entlassen wird. Dann hieß ich es natürlich willkommen, jetzt aber durfte ich ihm nicht nachgeben und es pikte und brannte ganz scheußlich. Ich hatte den Ring nur ganz kurz im Maul gehabt, aber meine Substanz war bereits ein wenig aus der Form geraten. Wie wäre es mir erst ergangen, wenn ich den Ring am Finger getragen hätte? 98
    Eben das tat Salomo bekanntlich jeden Tag.
    Ich hatte ihn noch nicht von vorn gesehen, aber schon von hinten fiel mir auf, dass er sich seit meiner Zeit auf der Tempelbaustelle verändert hatte. Sein Haar war ergraut, seine Arme und Hände waren beängstigend mager. Zum ersten Mal ahnte ich, welchen Preis er für seine Macht zahlte.
    Darüber dachte ich ein Weilchen nach, während ich mucksmäuschenstill in meinem Versteck kauerte und mich von der Wirkung des Ringes erholte. Auf der anderen Seite der Papyrusrollen war die Auseinandersetzung derweil in vollem Gange. Das Mädchen und der König steigerten sich von einem Wutanfall in den nächsten hinein. Ich

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