Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo
länger ruhen. Das ist sehr bedauerlich, denn täglich klopfen Hunderte Hilfesuchende an meine Pforte! Ich muss mich zusehends auf meine zänkischen Zauberer verlassen.« Er hustete wieder.
»Euch ist sicherlich bekannt«, sagte ich in mitfühlendem Ton, denn Salomos Erzählung hatte mich ergriffen, 105 »dass einige Eurer Zauberer nicht ganz so… rechtschaffen sind wie Ihr. Anders ausgedrückt, sie sind regelrecht bösartig. Khaba zum Beispiel…«
»Ich weiß«, erwiderte Salomo. »Etliche der Siebzehn sind charakterlich so verderbt, wie sie als Zauberer fähig sind. Ich sorge dafür, dass sie in meiner Nähe bleiben, und ab und zu drohe ich ihnen mit dem Ring. Das klappt ganz gut. Es ist mir jedenfalls lieber, als zu riskieren, dass sie sich woanders heimlich treffen und gegen mich verschwören. Unterdessen bediene ich mich ihrer Macht.«
»Schon, aber ich glaube nicht, dass Ihr das ganze Ausmaß…«
Auf einmal stand Asmira zwischen uns und hielt dem alten König den Dolch an die Kehle. »Sprich nicht mit ihm, als wäre er dein Verbündeter, Bartimäus!«, fauchte sie. »Heb endlich den Ring auf! Wir müssen los!«
Die Waffe schien den König nicht zu ängstigen. »Asmira«, sagte er, »du hast meine Geschichte gehört. Schau mich an. Willst du, dass deine Königin irgendwann so aussieht?«
»Das wird nicht passieren. Die Königin würde den Ring nicht so oft anstecken wie Ihr.«
»O doch. Sonst wird er ihr nämlich gestohlen! Kein Gegenstand auf der Welt ist so begehrt wie dieser Ring. Auch deine Königin wäre gezwungen, ihn täglich zu tragen, und sie würde darüber den Verstand verlieren, denn die Schmerzen, wenn man ihn nur anfasst, Asmira, sind nichts verglichen mit den Qualen, die man leidet, wenn man ihn trägt. Versuch es ruhig selbst einmal. Steck ihn an den Finger. Du wirst schon sehen!«
Asmira rührte sich nicht und sagte auch nichts.
»Das willst du nicht?«, fragte Salomo. »Kein Wunder. Diese Schmerzen wünsche ich niemandem.« Er setzte sich mühsam wie ein Greis hin. »Du hast die Wahl. Wenn es sein muss, töte mich und bring den Ring deiner Königin. Dann werden ihre Zauberer darum kämpfen und auf der Welt wird Krieg ausbrechen. Oder du lässt den Ring hier und gehst wieder. Ich werde meine Bürde auch weiterhin auf mich nehmen, den Ring sicher verwahren und so viel Gutes damit wirken, wie ich kann. Ich verspreche dir, dass ich dich ungehindert ziehen lasse.«
Ich war untypischerweise die ganze Zeit still gewesen und hatte Salomo Gelegenheit gegeben, seinen Standpunkt ausführlich zu vertreten. Jetzt meldete ich mich zaghaft wieder zu Wort: »Das klingt doch sehr vernünftig, finde ich. Gib ihm den Ring zurück, Asmira, und dann nichts wie… aua!«
Sie hatte sich mit dem Dolch in der Hand umgedreht und die Aura des Silbers versengte meine Substanz. Ich wich winselnd zurück. Das Mädchen sagte immer noch nichts. Ihre Miene war wie versteinert, ihr Blick ging wie in weite Ferne. Sie schien weder mich noch Salomo wahrzunehmen.
Ich unternahm einen zweiten Versuch: »Hör zu, lass den Ring Ring sein, und ich bring dich nach Hause. Na, ist das ein Angebot? Ich habe natürlich keinen tollen fliegenden Teppich wie Khaba, aber wir können bestimmt ein Handtuch oder eine Serviette für dich auftreiben. Du siehst doch ein, dass Salomo recht hat, oder? Das blöde Ding macht nur Ärger. Sogar die Zauberer seiner Zeit haben den Ring nicht benutzt, sondern ihn lieber in einer Gruft verbuddelt.«
Das Mädchen schwieg verbissen. Der König saß scheinbar schicksalsergeben da, aber ich wusste, dass er Asmira genau beobachtete und ihre Erwiderung gespannt erwartete.
Sie hob den Blick und schien mich wieder zu sehen. »Bartimäus…«
»Ja bitte, Asmira?«
Nach allem, was sie gehört und gesehen hatte, war sie bestimmt zur Vernunft gekommen. Sie hatte die schädliche Wirkung des Ringes schließlich am eigenen Leib erfahren.
»Hol mir den Ring, Bartimäus.«
»Damit du ihn Salomo zurückgeben kannst?«
»Damit ich ihn nach Saba bringen kann.« Ihre Miene war ausdruckslos. Ohne den König anzuschauen, steckte sie den Dolch weg und ging zur Tür hinaus.
Bartimäus
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E inen so zaubermächtigen Gegenstand wie den Ring des Salomo zu befördern, ist eine heikle Sache, vor allem wenn man nach Möglichkeit nicht dabei verbrutzelt werden möchte.
Idealerweise hätte ich den Ring in ein bleiverkleidetes Kästchen gelegt, das Kästchen in einen Sack gesteckt und den Sack an einer
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