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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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nimmt es jedoch offiziell zurück. Stattdessen verlangt er, dass Ihr ihn als Euren höchsten Lehnsherrn und Herrscher anerkennt und Euch bereit erklärt, ihm einen jährlichen Tribut in Form von vierzig Säcken duftenden Weihrauchs aus den Wäldern des herrlichen Saba zu entrichten. Wenn Ihr damit einverstanden seid, wird die Sonne des Glücks Euch und Euren Nachkommen weiterhin leuchten und Ihr und Euer Volk werdet auch künftig im Wohlstand leben. Wenn Ihr jedoch ablehnt, dürfte Eure Zukunft weniger erfreulich aussehen.«
    Balkis lächelte nicht mehr. Sie stand aus ihrem Sessel auf. »Was für eine unverschämte Forderung! Salomo hat keinen Anspruch auf die Reichtümer von Saba, ebenso wenig wie er einen Anspruch auf meine Person hat!«
    »Wie Euch vielleicht schon zu Ohren gekommen ist«, sagte der junge Mann ungerührt, »ist Salomo der Herr und Meister eines magischen Rings, mit dessen Hilfe er im Nu ein ganzes Heer willfähriger Geister beschwören kann. Darum haben ihm bereits die Könige von Phönizien, Libanon, Aram, Tyros, Edom und viele andere Lehnstreue und Freundschaft gelobt. Sie entrichten ihm jährlich gewaltige Tribute an Gold, Nutzholz, Fellen und Salz und schätzen sich glücklich, von seinem Zorn verschont zu bleiben.«
    »Saba ist von alters her ein unabhängiges Reich«, erwiderte Balkis kühl, »und seine Königin wird niemals das Knie vor einem fremdländischen Ungläubigen beugen. Kehre zu deinem Herrn zurück und richte ihm das aus.«
    Der junge Mann rührte sich nicht vom Fleck, sondern sprach im Plauderton weiter: »Ist denn der geforderte Tribut für Saba wirklich nicht zu verkraften, o große Königin? Vierzig Säcke von den vielen Hundert Säcken, die Ihr jedes Jahr erntet? Das treibt Euch doch nicht in den Ruin!« Er sah die Königin von der Seite an und lächelte. Weiße Zähne blitzten zwischen seinen Lippen. »Auch ist es sicherlich angenehmer, einen solchen Tribut zu entrichten, als in Lumpen gekleidet aus Eurem zerstörten Land vertrieben zu werden, während Eure Städte niederbrennen und Euer Volk elendiglich umkommt.«
    Balkis schnappte nach Luft und machte einen Schritt auf die unverschämte Kreatur zu, doch das Funkeln der schwarzen Augen ließ sie innehalten. »Du gehst entschieden zu weit, Dämon«, sagte sie und schluckte schwer. »Ich befehle dir, mein Gemach auf der Stelle zu verlassen, sonst muss ich meine Priesterinnen rufen, damit sie dich in ihren Silbernetzen fangen.«
    »Silbernetze können mir nichts anhaben«, lautete die gelassene Erwiderung.
    Der junge Mann trat nun seinerseits auf die Königin zu. Balkis wich zurück. In dem Schränkchen neben ihrem Sessel bewahrte sie eine Kristallkugel auf, die, wenn man sie zerbrach, ihre Leibwache herbeirief. Aber mit jedem Schritt entfernte sie sich weiter von dem Schränkchen und der Tür. Ihre Hand wanderte zu dem juwelenbesetzten Dolch in ihrem Gürtel.
    »Davon rate ich Euch ab«, sagte der junge Mann. »Bin ich nicht ein Marid, der mit einem einzigen Befehl Stürme herbeirufen und neue Inseln aus dem Meer aufsteigen lassen kann? Und doch bin ich nur der niedrigste, elendeste Sklave des Salomo, der in seinem Ruhm und Stolz alle Menschen übertrifft.« Er machte eine Pause. Balkis spürte, dass sie gleich mit dem Rücken an der Wand stehen würde. Sie verharrte in kerzengrader Haltung, die Hand am Dolchknauf, die Miene ungerührt, wie man es sie einst gelehrt hatte.
    »Vor langer Zeit diente ich den ersten Königen Ägyptens«, fuhr der Dämon fort. »Ich half beim Bau ihrer Grabmäler mit, die immer noch zu den Wundern dieser Welt zählen. Doch die Macht jener Könige ist nur Staub, verglichen mit der Macht, derer sich Salomo erfreut.«
    Der Marid wandte sich ab und schlenderte lässig zum Kaminfeuer, wo das restliche Eis auf seinen Schultern rasch schmolz und in kleinen Bächen über seine langen, dunklen Glieder rann. Er schaute in die Flammen. »Habt Ihr davon gehört, was geschieht, wenn man sich Salomos Willen widersetzt, o Königin?«, fragte er leise. »Ich habe es einmal von ferne beobachtet. Er trägt einen Ring am Finger. Er dreht ihn ein Mal. Der Geist des Ringes erscheint. Und dann? Heere marschieren über den Himmel, Stadtmauern stürzen ein, die Erde tut sich auf und die Feinde des Königs werden vom Feuer verzehrt. Er beschwört in Windeseile unzählige Geister herbei, sodass sich der helllichte Tag in schwärzeste Mitternacht verwandelt und die Erde von ihren Schwingenschlägen erzittert. Wollt Ihr

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