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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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auf der Baustelle langweilen. Gut, ich war dazu verdonnert, irgendwelche »Ungeheuer« aufzuspüren und abzumurksen, aber wenn man ein draufgängerischer Dschinn von überdurchschnittlichem Talent ist, der schon die Schlachten bei Kadesch und Megiddo überlebt hat und obendrein in Jerusalem mit einigen höchst reizbaren Wesenheiten ins selbe Pentagramm gepfercht war, ist so eine kleine Rauferei durchaus erfrischend.
    Leider war die Rauferei schon vorbei. Ich kam zu spät.
    Schon von oben konnte ich die Verwüstung erkennen. Die Erde auf dem Pfad war versengt und mit dunklen Flecken bespritzt, die ich nicht für rote Farbe hielt. Überall lagen Stofffetzen und Holzstückchen. Der altbekannte grausige Geruch stieg mir in die Nase: eine Mischung aus angewandter Magie und verkohltem Menschenfleisch.
    Das Blitzen, das mich angelockt hatte, stammte von einer zerbrochenen Schwertklinge, die am Fuß eines Felsens lag. Sie lag dort nicht allein. Daneben entdeckte ich etliche Teile ihres Besitzers.
    Nach der Landung verwandelte ich mich in einen jungen, gut aussehenden Sumerer mit dunklen, wachsamen Augen. Ich richtete mich auf und sah mich um. Mehrere Karren lagen umgestürzt links und rechts des Pfades. Ihre Bretterwände waren zerbrochen und rußgeschwärzt, die Räder geborsten. Auf den Felsen ringsum waren noch andere Überreste verteilt. Ich sah gar nicht richtig hin, ich wusste auch so, worum es sich handelte.
    Ein Opfer lag mitten auf der Straße, neben sich einen zersplitterten Schild. Er lag in grotesk entspannter Haltung da, beinahe wie ein Schlafender. »Beinahe« sage ich aus gutem Grund, denn der Mann hatte keinen Kopf mehr. Wie seine Gefährten war er ausgeraubt und umgebracht worden – alle Karren waren geplündert. Es handelte sich eindeutig um das Werk von Banditen, und der Überfall konnte noch nicht lange her sein. Ich kam höchstens einen Tag zu spät. Womöglich waren die Übeltäter noch in der Nähe.
    Ich ging den Pfad ein Stück bergauf, lauschte dem Wind, der zwischen den Felsen raunte, und musterte den Boden. Der Lehm war zu festgetrampelt, als dass man irgendwelche Spuren hätte erkennen können, aber an einer Stelle, wo der Boden nass geworden war – offenbar von einer aufgeschlitzten Wasserflasche –, entdeckte ich den tiefen Abdruck einer dreieckigen, mit drei Krallen bewehrten Tatze. Ich beugte mich eine Weile darüber, dann richtete ich mich auf und wollte umkehren.
    Und blieb wie versteinert stehen.
    Bergab schlängelte sich der Pfad nach rechts und folgte dem stetig abfallenden Hang. Ein gutes Stück jenseits der Stelle, wo der Überfall stattgefunden hatte, bog er ab und verschwand in einer Schlucht. Die steile Felswand auf der linken Seite wurde von der Nachmittagssonne angestrahlt. Jede Einzelheit des rosafarbenen Gesteins war scharf umrissen – jeder Stein, jeder Spalt.
    Genau wie Khabas Schattenriss.
    Sein Profil lag unübersehbar auf der sonnenüberfluteten Steilwand. Ich erkannte die glatte Kuppel seines kahlen Kopfes, die lange gebogene Nase und das vorstehende knochige Kinn. Auch die muskulösen Schultern und Oberarme waren zu sehen, der Unterkörper verlor sich im Geröll auf dem Boden der Schlucht. Es sah aus, als lauere der Zauberer gleich hinter der Wegbiegung und bücke zu mir hoch.
    Ich beobachtete den Schatten. Das Profil auf dem Fels rührte sich nicht vom Fleck.
    Ich trat einen kleinen Schritt zurück, und sofort floss der Kopf um die Felswand herum auf mich zu, rann wie schwarzes Wasser über den Stein. Dabei wurde er immer größer, und jetzt kamen auch die langen, dünnen Arme in Sicht, mit ihren langen, dünnen Schattenfingern, die sich nach mir ausstreckten.
    Ich ging schneller rückwärts, wobei ich auf dem unebenen Boden stolperte.
    Der Schatten wuchs und streckte sich – ein langer schwarzer Bogen mit grapschenden Händen und in die Länge gezogenem Kopf, Kinn und Nase grotesk vorspringend, und nun öffnete sich der große Mund weit… weiter… noch weiter…
    Ich riss mich zusammen, blieb entschlossen stehen und entfachte auf meinen Fingerkuppen eine Flamme.
    Über mir ertönte ein Flattern.
    Der Schatten fuhr zusammen, die tastenden Finger zogen sich zögernd zurück. Dann huschte der Schatten blitzschnell über die Felswand und wurde dabei immer kleiner, bis er wieder an seinem Ausgangspunkt angekommen war. Dort schrumpfte er noch weiter, bis er sich schließlich auflöste.
    Hinter mir hüstelte jemand. Ich fuhr herum, bereit, eine Detonation abzufeuern, und

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