Bassus (German Edition)
Er selbst blieb stumm. Bei aller Liebe zu Trajanus als Mensch hätte er doch niemals schwören können, für ihn zu sterben.
Was sollte also werden, wenn er Feldarzt war und selbst den Eid ablegen musste?
Außer ihm verweigerte sich nur Morvran, der neben Tony stand. Er bewegte die Lippen, als würde er mitsprechen. Aber die Worte, die herauskamen, waren keltisch. Wackeron dagegen wiederholte die korrekte Eidesformel, aber er sprach sie leise und inbrünstig.
Danach gingen alle, Turma für Turma, zurück in den Hof und sprangen auf ihre Pferde. Wieder traten sie in Formationen an. Die Signifer einer jeden Turma hatten inzwischen die Feldzeichen geholt. Sie ritten zu ihren Decurionen und stellten sich neben sie. Als alle wieder still standen, erschien ein Priester mit seinen Gehilfen und sprach über einem Kessel mit Öl eine Segensformel für die Pferde. Danach schritt er feierlich durch die Reihen und salbte jedes Tier.
„Was suchst du?“
Bassus sah nun schon eine ganze Weile dabei zu, wie Tony in der Wohnung hektisch hin und her lief und an seiner Festtagskleidung zupfte.
„Schade, dass wir keinen Spiegel haben.“
Bassus deutete auf den Bronzeteller.
Tony schüttelte den Kopf. „Ich meine einen großen Glasspiegel, in dem man sich komplett sehen kann.“
„Und was genau würdest du da sehen wollen?“
„Wie ich aussehe natürlich.“
Bassus hob die Augenbrauen. „Du siehst gut aus.“
Tony ließ den Kopf sinken. „Nein. Ich glaube, ich lege die lange Tunika und die Toga wieder ab und ziehe die Hose und mein Hemd von der Ala an.“
„Wie du willst.“
„Das sieht männlicher aus.“
„Eine knöchellange Tunika mit einer Toga ist auch sehr männlich.“
„Das finde ich überhaupt nicht.“
„In Aquae Granni hattest du kein Problem damit.“
„Das war eine ganz andere Situation.“
Bassus setzte sich lächelnd auf die Bank. „Ich glaube, Flavia wird völlig es egal sein, wie du angezogen bist.“
„Meinst du?“
„Natürlich.“
Harpalos, der die ganze Zeit auf dem Boden neben der Tür gelegen hatte, setzte sich plötzlich auf und bellte. Kurz danach klopfte es energisch an die Tür.
Bassus sprang auf. „Jetzt ist es sowieso zu spät. Sie sind da.“
Tonys Herz klopfte wild. Artig stellte er sich auf, wie es sich für den Sohn eines geachteten Kundschafters gehörte, und starrte auf die Tür.
Als erste kamen Severus und Aurelius herein. Aurelius stürzte sich sofort auf Tony, während Severus Bassus umarmte. Danach folgte Marcia, die zuerst Bassus und dann ihn umarmte, und nach ihr kamen Ildiger und Gudullus. Endlich betrat auch Flavia den Raum. Und zum ersten Mal fiel Tony auf, dass sie unsicher war. Beinahe schüchtern trat sie über die Türschwelle, lächelte dabei aber tapfer und ließ sich von Bassus umarmen. Als sie auf Tony zukam, wusste er nicht, was er mit seinen Händen machen sollte. Fast hätte er die Hand ausgestreckt, um die von Flavia zu schütteln. Aber auch sie schien ihre Probleme zu haben. Sie wollte ihn umarmen, aber irgendwie waren ihnen dauernd die Arme im Weg. Sie mussten mehrmals ansetzen, bis sich endlich ziemlich linkisch umarmten. Gleich danach wichen sie wieder zurück und kicherten.
Unglücklich stapfte Tony hinter den anderen her zum Festplatz. Sie waren eine ungewöhnlich große Gruppe, denn Severus ging mittlerweile keinen Schritt mehr ohne eine Schar bewaffneter Leibwächter. Ein Gedanke durchfuhr Tony: Sie bewegten sich wie Gefangene inmitten ihrer Bewacher. Und genau das waren sie auch! Zumindest so lange, bis Audica endlich gefasst war.
Tony betrachtete den Rücken von Flavia, die sich mit Bassus unterhielt. In diesem Moment drehte sich Marcia um und sah sein unglückliches Gesicht. Sie reihte sich neben ihm ein.
„Tony, erzähle mir ein bisschen über Aquae Granni. Wie ist es dort so?“, bat sie freundlich.
Tony berichtete. Doch er konnte seine Augen nicht von Flavia lassen. Normalerweise konnte er Dinge sehr lebendig und lustig erzählen, aber heute war er in keiner guten Form. Jetzt mussten sie auch noch stehen bleiben, weil es zu einem Stau gekommen war. Reiter der Ala, die für Ordnung sorgen sollten, riefen Anweisungen. Einer von ihnen, ein älterer Soldat, ritt zu ihrer Gruppe.
„Ave, Publius Severus! Am besten, ihr geht ein bisschen zur Seite und wartet, bis der größte Andrang vorbei ist.“
Sie waren gerade bei der ersten umzäunten Weide der Ala angelangt. Die Pferde grasten friedlich. Tony nutzte die
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