Bassus (German Edition)
und sah sich ihr Zaumzeug und ihren Sattel an. Es war ihm anzusehen, dass er nicht beeindruckt war.
„Gut ausgestattet ist das Pferd nicht“, sagte er.
Tony ärgerte sich. Er fand es affig, die Tiere so zu schmücken. Und nie im Leben würde er zulassen, dass Julia wie einem Schoßhündchen ein alberner, aufrecht stehender Zopf zwischen den Ohren geflochten wurde!
„Ich habe das Pferd noch nicht so lange“, erklärte er.
„Ach so“, sagte der Calo. „Euer Vater leiht Euch sicher etwas, damit das Tier morgen nicht ganz so armselig aussieht.“
Tony stöhnte innerlich auf.
Draußen lief er Donatus in die Arme.
„Ist Bassus schon nach Hause gegangen?“, fragte Tony.
„Keine Ahnung. Ich war nicht bei den anderen. Ich habe für den Wachdienst im Heiligtum exerziert.“
„Was gibt es da zu exerzieren? Müsst ihr nicht einfach nur dastehen und ein ernstes Gesicht machen?“
Donatus lachte. „Es sind unsere Pferde, die stehen. Wir sitzen auf ihnen. Aber das mehrere Stunden lang ohne jede Regung auszuhalten, das ist weder für die Tiere noch für uns einfach.“
Tony wollte zum Trost gerade etwas über blöde Rituale sagen, als Donatus fortfuhr: „Aber natürlich ist es eine große Ehre.“
„Nein!“, schrie Tony am nächsten Morgen und stellte sich schützend vor sein Pferd. „Ich bin nicht mehr dein Sohn, wenn du darauf bestehst, ihr diese bescheuerten Bändchen in die Mähne zu flechten.“
Bassus seufzte und legte sie widerstrebend weg. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete Julia.
„Sie sieht sehr schlicht aus“, konnte er sich nicht verkneifen.
„Na und? Mir gefällt sie so.“
„Wie du meinst“, sagte Bassus kühl.
Mann oh Mann, manchmal hatten sie wirklich nicht die gleiche Wellenlänge!
Trompeten schmetterten. Gott sei Dank, es ging los. Sie führten die Tiere aus dem Stall und sprangen auf. Sofort wurden sie vom Strom der Reiter mitgerissen, die sich zu den Principia bewegten. Nie hätte Tony sich die Welt der römischen Armee so farbenfroh vorgestellt! Trotzdem war alles sehr feierlich. Die Reiter waren ernst, und seit dem letzten Trompetenton sprachen sie nicht mehr miteinander. Man hörte nur noch das leise Trappeln hunderter Hufe und das Klirren der Waffen.
In diesem Moment kam die Sonne hinter den Wolken hervor und brachte alles zum Leuchten. Tony musste die Augen zusammenkneifen, um nicht geblendet zu werden. Und auf einmal wurde auch er von der feierlichen Stimmung ergriffen und fühlte so etwas wie Stolz, weil er dazu gehörte.
An der nächsten Abbiegung wurde er von Bassus getrennt und in eine Gasse gewinkt, an deren Ende er Wackeron und Morvran und die Tierärzte des Lagers auf ihren Pferden sehen konnte.
Nachdem sie durch das Portal der Principia in den riesigen Innenhof geritten waren, mussten sie absitzen. Während die Calones die Tiere an den Zügeln hielten, gingen die Reiter in die große Exerzierhalle.
Tony fand sich in perfekter Formation mit mehr als fünfhundert Männern wieder, ausgerichtet auf eine Bühne an der Stirnseite der Halle. An ihrer Rückwand waren meterhohe, mit kunstvollen Schnitzereien versehene Holztüren.
Es wurde totenstill.
Der Praefectus betrat die Bühne und begann mit seiner Ansprache.
„Equites!“, rief er. „Wir haben uns heute versammelt, um unserem göttlichen Imperator Caesar Nerva Trajanus unsere Ergebenheit zu erklären, unsere Bereitschaft, für ihn in den Tod zu gehen. Denn nichts ist ehrenvoller, als für den obersten Kriegsherrn des Vaterlandes zu sterben.“
Er fuhr noch eine ganze Weile in diesem Ton fort, danach trat er zur Seite. Hinter ihm zogen zwei Soldaten die tonnenschweren Holztüren auf und gaben den Blick auf das dahinter liegende Heiligtum frei. In seiner Mitte stand eine Statue von Trajanus. Rechts und links von ihr saßen zwei prächtig gekleidete Reiter auf ihren Pferden. Auch sie wirkten wie Statuen. Die Pferde und die Reiter trugen silberne Gesichtsmasken. Doch Tony wusste, dass einer von ihnen Donatus war.
An den Wänden lehnten die Holzstangen mit den Feldzeichen der Ala. Von der Decke hingen kunstvoll geschmiedete Behälter, aus denen wohlriechende Dämpfe quollen. Sie hüllten alles in einen duftenden Nebel.
Der Praefectus kündigte die Eidesformel an.
Die Soldaten in der Halle neigten die Köpfe. Sie wiederholten stolz, so laut sie konnten, die Worte, die der Praefectus ihnen vorsprach.
Es klang wie Donnergrollen. Tony hatte das Gefühl, dass ihm gleich das Trommelfell platzte.
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