Bassus (German Edition)
gelangten, konnte Tony für Flavia und Aurelius nichts tun. Er musste deshalb einen Ort finden, an dem sie sich zur Not vor den Germanen verbergen konnten. Aber so sehr er sich auch das Gehirn zermarterte, ihm fiel keiner ein. Das Gut war sehr gut durchorganisiert. Alles hatte seinen Platz. Und überall waren Menschen, die entweder etwas holten oder brachten oder einfach nachzählten, wie viel da war.
Seit Severus die germanischen Reiter entdeckt hatte, ging es besonders hektisch zu. Es würde für die Menschen jedoch kein Entkommen geben, wenn die Germanen das Gut überrennen sollten. Es hätte schon geheime unterirdische Gänge geben müssen, wenn sie eine Chance haben sollten. Tony sah sich um, und ihm war klar, solche Gänge gab es nicht.
Am besten, er bot Severus seine Arbeitskraft an.
Das war relativ einfach. Er musste nur seiner Stimme nachgehen, die pausenlos Befehle oder Flüche brüllte.
Severus war, so schien es Tony jedenfalls, erleichtert, ihn zu sehen.
„Wo hast du in den letzten Stunden gesteckt?“, fragte er.
„Ich wollte dir mit meinem Anblick nicht auf die Nerven gehen.“
„Keine schlechte Idee.“
„Hast du irgendwelche Aufgaben für mich?“, fragte Tony und versuchte, möglichst ehrfurchtsvoll auszusehen.
Das erweckte Severus’ Argwohn. Doch er hatte zu viel zu bedenken, um genauer nachzufragen. „Fülle Eimer mit Wasser“, bellte er.
Tony schoss davon. Er hatte beim Überqueren des Hofs bereits gesehen, dass Frauen aus dem Brunnen Holzeimer voll Wasser herausholten und in einer Reihe aufstellten. Zu ihnen ging er.
„Ich soll helfen.“
„Geh zum Bach“, sagte eine der Frauen, „und hilf dort.“
Er lief zum äußersten Rand des Geländes innerhalb des Zaunes. Dort kam ein Bach herein, der unter dem Haupthaus durch Rohre lief und als Wasserleitung und Klospülung verwendet wurde. Auf der anderen Seite, außerhalb des Zauns, floss er mit den Abwässern weiter. Mehrere Sklaven, darunter Lentulus und sogar der Lehrer Herklides, schöpften Wasser in Eimer. Auch der kleine Aurelius war bei ihnen und half. Es waren kaum noch leere Eimer da.
„Wo kann ich noch mehr Eimer holen?“
Diesmal hatten die Sklaven nichts dagegen, dass er half.
„Wir haben keine mehr.“
Er schaffte es, gerade zwei der letzten Eimer zu füllen. Jetzt mussten sie sie nur noch zu den am meisten gefährdeten Stellen tragen, damit sie gleich zur Hand waren, wenn es brennen sollte. Während Tony beim Schleppen half, musste er die ganze Zeit an die Vergeblichkeit ihres Unterfangens denken. Was konnten sie mit ihren Eimern schon ausrichten, wenn sämtliche Gebäude in Flammen aufgehen sollten?
Sie bräuchten Hydranten und Feuerwehrwagen mit Schläuchen. Ach was, sie bräuchten Uzis und Kalaschnikows. Es machte Tony wahnsinnig zu sehen, wie ausgeliefert die Menschen waren.
Tony war gerade um eine Ecke gebogen, als er plötzlich vor Bassus und Donatus stand. Sie kamen aus dem Stall. Tony sah sich um. Außer den beiden waren keine weiteren Soldaten zu sehen.
„Wo sind die anderen?“, fragte er.
„Sie kommen später, von weiter her, auf Umwegen. Die Germanen sollen nicht wissen, dass sie hier von vielen Kämpfern erwartet werden.“
„Warum dürfen sie das nicht wissen? Dann würden sie doch sicher verschwinden?“
„Genau. Sie würden verschwinden, warten, bis wir wieder gegangen sind, und das Gut erst dann überfallen.“
Das leuchtete Tony ein. „Werden die anderen Reiter denn rechtzeitig da sein?“
Jetzt sah er die Sorge in Bassus‘ Augen. „Ich hoffe es. Donatus und ich waren zufällig in der Nähe. Aber die anderen Reiter kommen vom Castellum.“
„Ich werde mit euch kämpfen. Aber es würde helfen, wenn ich Waffen hätte.“
„Das kommt überhaupt nicht in Frage“, ertönte plötzlich Severus‘ Stimme hinter ihm. „Er ist kein Soldat. Er würde nur Unordnung stiften.“
Tony wollte etwas erwidern, Aber Bassus legte ihm die Hand auf die Schulter. „Tony ist ein guter Kämpfer“, sagte er ruhig, „wir können es uns nicht leisten, auf ihn zu verzichten.“
Severus gab nicht nach. „Ich erlaube es nicht.“
„Severus …“, versuchte Bassus noch einmal.
„Er bekommt keine Waffen. Basta.“
Bassus gab auf. „Wie du willst.“
Severus hatte sich bereits einige Schritte entfernt, als er sich noch einmal umdrehte und auf ihn deutete. „Am wohlsten wäre mir, wenn wir ihn einsperren würden.“
Kaum war Severus weg, sagte Tony trotzig zu Bassus: „Ich brauche ein
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