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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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wirst du hier bleiben?“
    „Bis morgen Vormittag. Dann kehre ich mit den transportfähigen Soldaten wieder zurück in unser Valetudinarium.“
    „Bleibt er hier?“ Tony deutete auf den schlafenden Arzt mit den schwarzen Haaren.
    „Ja. Morvran wird noch eine Weile bleiben.“
    „Sein Name klingt weder römisch noch griechisch.“
    „Er ist Kelte. Der Sohn eines Druiden. Aber nicht aus dieser Gegend, sondern aus Britannia. Sie sind uns dort in einigen Bereichen der Heilkunst überlegen. Mal kann Morvran besser helfen, mal ich.“
    Ein Kelte aus Britannien!
    Er würde diesem Morvran das Medaillon zeigen. Vielleicht erfuhr er ja von ihm etwas Brauchbares. Auf einmal fühlte er sich viel besser.
    Wackeron sah ihn noch immer aufmerksam an und sagte lächelnd: „Ich sehe, die Aussicht, meinen Kollegen noch länger da zu haben, bereitet dir Freude. Aber nun entschuldige mich, Tony. Da alle Patienten schlafen, werde auch ich mich ein bisschen aufs Ohr legen.“
     
    Morvran wechselte gerade einen Verband, als Tony am nächsten Tag das Zimmer betrat. Er sah dem Arzt eine Weile zu.
    „Was ist das für ein rotes Öl?“, fragte er nach einer Weile.
    Morvran sah kurz auf. „Hypericum.“
    Hypericum? Wenn er sich nicht täuschte, war es Johanniskraut. Schade, dass er sein Heilkräuter-Lexikon nicht dabei hatte.
    „Kann man damit nicht auch die Stimmung aufhellen?“
    „Das kann man in der Tat.“
    „Benutzt du für Wunden auch Calendula und Chamomilla?“
    „Natürlich, und Honig.“
    „Man kann auch einfach Honig auf Wunden auftragen?“, fragte Tony skeptisch.
    „Ja, er heilt vorzüglich.“
    Das war ihm neu. Er nahm sich vor, es auszutesten, wenn er sich das nächste Mal verletzte.
    „Und wenn eine Wunde einfach nicht heilen möchte, sondern sich immer mehr entzündet?“
    „Da gibt es verschiedene Wege. Aber vorsichtshalber setzen wir immer gleich Acetum ein, damit es erst gar nicht so weit kommt.“
    Tony trat näher. „Und was machst du, wenn jemand eine große Wunde hat, sagen wir durch einen Schwerthieb? Wie sorgst du dafür, dass sie sich schließt? Nähst du sie zusammen?“
    „Man kann sie nähen oder klammern. Sieh her.“
    Er zeigte ihm die Wunde, die er gerade verband. Sie war genäht. Es sah sehr gleichmäßig aus.
    „Und was sind das für Klammern?“
    „Komm, ich zeige sie dir.“
    Er führte Tony zum Tisch, auf dem neben vielen Fläschchen und Schälchen ein breiter, flacher Holzkasten lag. Morvran klappte ihn auf, so dass die beiden Hälften wie ein offenes Buch dalagen. Wie in einem Besteckkasten lagen darin penibel geordnet medizinische Instrumente aus Metall. „Die waren sicher nicht billig“, entfuhr es Tony.
    Morvran lachte schallend. „Da hast du recht. Nur wenige Handwerker können solche Instrumente herstellen. Dafür halten sie auch ewig. Man vererbt sie weiter.“
    Ehrfürchtig fuhr Tony mit den Fingerspitzen über die Griffe. Bei den Skalpellen passte er auf, dass er nicht an die rasiermesserscharfen Klingen kam. Einige Instrumente sahen aus wie winzige Löffel mit langen Stielen. Die Pinzetten, Klammern und Nadeln waren zwar nicht ganz so fein wie die Nadeln aus Edelstahl der Jetztzeit, aber sie sahen trotzdem viel feiner und schöner aus, als er das den Handwerkern der Römerzeit zugetraut hätte.
    Tonys Herz schlug schneller. Wenn er noch länger in der Römerzeit bleiben musste, wäre es vielleicht gar keine schlechte Idee, sich mit Medizin zu beschäftigen.
    Morvran klappte den Kasten wieder zu. „Du scheinst beeindruckt zu sein, aber diese Instrumente sind nicht so wichtig.“
    „Wieso nicht?“
    „Damit kann man Menschen zwar reparieren, aber nicht heilen.“
    Er musste Morvran so verwundert angesehen haben, dass der fragte: „Verstehst du, was ich damit sagen will?“
    „Ich bin mir nicht sicher. Aber vielleicht meinst du damit, dass der Körper, um zu heilen, auch eigene Kräfte mobilisieren muss?“
    „Bravo, Tony“, sagte Morvran und sah ihn mit seinen seltsamen Augen an. „Dass der Kranke selbst wieder gesund werden möchte, ist dabei das Wichtigste. Aber genau so wichtig ist, dass auch die Götter es wollen.“
    Die Götter. Das war der perfekte Übergang zu seinem Medaillon. Aber auf einmal wusste Tony nicht, wie er das Thema anpacken sollte.
    „Was ist?“, fragte Morvran.
    „Nichts.“
    Seine hellen Augen irritierten Tony. Sie waren eher grün als blau. Oder war es umgekehrt? Nein, es wechselte! Es war, als würde man in ein tiefes Meer blicken und

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