Bassus (German Edition)
eine Schlange wand.
Der Äskulapstab! Die Ärzte waren da!
Wie würden sie den verletzten Männern helfen können? Ohne Narkose, Schmerzmittel und Antibiotika?
Das musste er sich ansehen.
Tony folgte ihnen ins Haus.
Auf dem Flur fing Marcia ihn ab.
„Da bist du ja, Tony. Komm, ich zeige dir dein neues Zimmer.“
„Aber es macht mir nichts aus, bei den Verwundeten zu bleiben. Ich kann mich nützlich machen“, protestierte er.
„Du bist ein guter Junge, Tony. Aber für die Verwundeten ist gesorgt.“
Sie zog ihn mit sich.
Unterwegs fiel ihm das Medaillon wieder ein.
„Weißt du, wo Bassus steckt? Ich müsste etwas Wichtiges mit ihm besprechen.“
Sie blieb stehen und sah ihn verwundert an. „Er ist weg. Die gesamte Turma ist vor einer Stunde abgezogen.“
Verdammte Scheiße.
„Nur die Verwundeten sind noch hier.“
Obwohl Tony in seinem neuen Zimmer völlig ungestört war, kam er nicht zur Ruhe. Jetzt war es bereits nach Mitternacht.
Im Krankenzimmer schliefen sicher alle.
Tony wälzte sich auf die andere Seite.
Aber vielleicht war ja doch noch jemand wach!
Er stand auf und schlich auf Zehenspitzen in sein altes Zimmer. Der weißhaarige Arzt arbeitete noch. Der schwarzhaarige mit der hellen Haut schlief. Auch die Verwundeten schliefen, bis auf einen, der sich mit dem weißhaarigen Arzt flüsternd unterhielt. Tony setzte sich neben einen müden Sklaven.
„Ist der da dieser Arzt Wackeron?“, flüsterte er.
Der Sklave nickte.
Wackeron fühlte den Puls des Verletzten und legte eine Hand auf dessen Stirn. Dann legte er ein Ohr an die Brust des Mannes und lauschte. Ein anderer Patient wurde unruhig und wälzte sich hin und her. Wackeron ging sofort zu ihm und legte eine Hand auf seine Schulter. Der andere Soldat rief, er müsse jetzt mal. Wackeron nickte. Der Sklave neben Tony ging mit einer Glasflasche zu dem Verwundeten. Er schob sie unter die Decke. Nach einer Weile zog er sie mit Urin gefüllt wieder heraus und brachte sie Wackeron. Der hielt sie sich unter die Nase und schnüffelte ausgiebig daran. Dann ging er zu einer der Öllampen, schwenkte den Inhalt vorsichtig hin und her und betrachtete ihn im Licht der Lampe. Schließlich gab er die Flasche wieder dem Sklaven, und der verließ mit ihr das Zimmer.
„Was kannst du aus dem Urin ablesen?“, fragte Tony leise.
Wackeron kam zu ihm.
„Alles Mögliche. Ob er eine schwere Entzündung im Körper hat, ob er bald Wundbrand bekommen wird; manchmal, ob er sterben wird.“
„Das alles kannst du nur aus dem Urin herauslesen?“
Wackeron lächelte. „Meistens. Ich betrachte aber auch die Wunde, außerdem seine Augen, seine Zunge, seinen Blick, seine Körperhaltung und ob er Appetit hat und worauf. Alles zusammen vermittelt mir dann eine recht gute Vorstellung davon, wie es um den Kranken bestellt ist.“
„Hast du das auf einer Akademie gelernt?“
„Anfangs ja. Danach bin ich bei einem sehr guten Arzt in die Lehre gegangen.“
Wackeron setzte sich neben ihn.
„Du bist Tony, nicht wahr? Warum interessiert dich das?“
Tony verstand selbst nicht, warum er zu Wackeron sofort Vertrauen fasste. „Ich hatte eine kranke Schwester, um die ich mich gekümmert habe. Wegen ihr wollte ich sogar Arzt werden. Ich hatte gehofft, dass ich ihr dann helfen könnte.“
Wackeron hatte ihm aufmerksam zugehört. „So ähnlich fing es auch bei mir an. Meine Mutter und meine Schwester sind kurz nacheinander gestorben. Da habe ich mir geschworen, alles zu tun, um Menschen wieder gesund zu machen. Ich könnte mir keine andere Tätigkeit vorstellen.“
„Wackeron ist ein seltsamer Name.“
Der Arzt lächelte. „Ich bin Grieche.“
„Grieche? Wie Hippokrates?“
Überrascht fragte Wackeron, „Was weißt du über Hippokrates?“
Mist. Was sollte er antworten? Er konnte doch nicht sagen, dass er aus einer anderen Zeit kam, in der alle Ärzte sich an den Hippokratischen Eid halten mussten?
„Ich habe gehört, dass er ein großer Arzt war, der ethische Prinzipien für Ärzte formuliert hat.“
„Und was weißt du über diese Prinzipien?“
„Nur, dass ein Arzt Leben retten, aber niemals Leben beenden darf. Und dass er schweigen muss.“
Wackeron schüttelte ungläubig den Kopf. „Ja, das sind zwei seiner Regeln, und bei Gott, es wäre schön, wenn alle Ärzte sie befolgten.“
Tony hätte ihm gerne gesagt, dass das selbst 2000 Jahre später noch der Fall war. Es hätte Wackeron sicher gefreut.
Stattdessen fragte er: „Wie lange
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