Bassus (German Edition)
anzünden und Ernten zerstören. Wir können unsägliches Leid über die Erde bringen, die bis ins Kleinste von den Göttern mit unbeschreiblicher Schönheit ausgestattet wurde. Der zerstörerischen Macht der Menschen sind keine Grenzen gesetzt.“
Es war still im Klassenzimmer. Tony hatte verstanden.
„Warum lassen die Götter das zu?“, fragte er schließlich.
Herklides setzte sich. „Darüber können wir nur spekulieren.“
Der Soldat, den Morvran gerade untersuchte, würde sterben. Seine Haut glänzte vor Schweiß, und seine Augen blickten aus tiefen Höhlen in einem Gesicht, das gelb und ausgezehrt wirkte, obwohl er ein kräftig gebauter Mann war.
Es traf Tony wie ein Blitz. Natürlich setzten die Götter den Menschen Grenzen! Krankheit und Tod.
Niemand, auch nicht der mächtigste Tyrann, konnte verhindern, dass er starb. Hatten die Götter den Tod am Ende aus Gnade eingeführt? Damit die Bösen nicht noch mehr grausame Taten begehen konnten? Dieser Gedanke gefiel Tony. Doch das konnte nicht ganz stimmen. Denn warum starben dann Menschen, die gut waren jung? Menschen wie Melanie? Während viele böse Menschen ein hohes Alter erreichten?
Qualvolles Stöhnen riss ihn aus seinen Gedanken. Der Soldat hatte offensichtlich furchtbare Schmerzen.
Morvran nahm die Hände des Verwundeten und hielt sie fest. Er wartete, bis der Mann ihm in die Augen sah. Dann begann er in einem seltsamen, singenden Tonfall zu sprechen:
„Quintus Gabinius, ich muss dir etwas Wichtiges sagen. Ich habe nach Urrum schicken lassen. Es ist die seltenste und stärkste Medizin der Welt. Sie wird nur in Epidauros, Kos und Pergamon kultiviert, in den Heiligtümern des Gottes Asklepios. Und nur Ärzte, die viele Monate mit Fasten und Gebet in diesen Heiligtümern verbracht haben, dürfen sie verwenden. Wackeron ist einer dieser Ärzte.“
Der sterbende Soldat sah Morvran unverwandt an. Der Kelte fuhr mit seiner zwingenden Stimme fort:
„Gestern Nacht erschien mir der Gott Asklepios im Traum. Er befahl mir, Wackeron zu bitten, etwas von seinem Urrum hierher zu schicken, damit ich es dir geben kann. Ich habe sofort einen Boten geschickt.“
Morvran beugt sich noch tiefer über den Soldaten. „Ich erwarte ihn eigentlich jeden Moment zurück.“
Wenige Sekunden später ging die Tür auf, und ein Sklave stürzte herein. Er hielt ein Stoffsäckchen in die Höhe und rief: „Herr, das Urrum. Wir haben es.“
„Gut. Ich werde es zubereiten und dir zu trinken geben, Quintus Gabinius. Bist du damit einverstanden?“
Der Soldat nickte. Seine Augen waren plötzlich voller Hoffnung.
Morvran erhob sich und nahm das Säckchen feierlich entgegen. Er drückte es ehrfürchtig an seine Brust und verneigte sich in Richtung der Götterstatue. Dabei murmelte er ein Gebet. Der Sklave rannte wieder hinaus. Morvran ging zum Tisch. Er schüttete getrocknete Blätter aus dem Säckchen und zerpflückte sie. Der Sklave kehrte mit einem hölzernen Tablett zurück, auf dem ein kleines Metallgefäß mit einer dampfenden Flüssigkeit stand. Morvran streute die Blätter in das Gefäß und murmelte dabei unverständliche Worte, die wie magische Beschwörungen klangen. Der verletzte Soldat beobachtete ihn gebannt.
Tony wurde mulmig zumute. Urrum? Was sollte das sein? Er hatte nie davon gehört. Konnte es eine Medizin sein, die nur den Kelten bekannt war und die danach in Vergessenheit geriet? Aber wie konnte eine angeblich so mächtige Medizin in Vergessenheit geraten?
Er schnupperte. Das Gebräu roch wie Petersilie! Oh nein. Als er begriff, war er plötzlich furchtbar enttäuscht.
Es gab gar kein Urrum. Morvran machte dem Soldaten nur etwas vor.
Tony wurde so wütend, dass er den Becher am liebsten auf den Boden gefegt hätte. Doch ein Blick in das Gesicht von Morvran hielt ihn auf. Er warnte Tony.
Mit dem Becher in der Hand ging er zu dem sterbenden Soldaten.
„Quintus Gabinius“, sagte er feierlich, „es ist bisher kein einziger Fall eines Kranken bekannt, der von Urrum nicht wieder gesund wurde. Bei manchen wirkt es schnell, bei anderen langsamer, aber immer heilt es. Bist du bereit, dass der mächtige Gott Asklepios dir hilft?“
„Ich bin bereit“, flüsterte der Soldat kaum hörbar.
Morvran nickte dem Sklaven zu. Gemeinsam hoben sie den Oberkörper des Mannes hoch. Morvran hielt den Becher an seine Lippen, und der Soldat mühte sich ab, die Flüssigkeit in kleinen Schlucken zu trinken.
Es war einfach widerlich, wie dieser Sterbende zu
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