Bassus (German Edition)
Hände verkrampften sich. „Bevor ich zu einem schlechten Herrn muss, will ich lieber sterben.“
Tony verstand ihn nur zu gut. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bassus dich einem solchen Herrn hinterlässt“, versuchte er Micon zu beruhigen.
„Hast du eine Ahnung, wer sein Erbe sein könnte?“
„Nein. Aber ich vermute, dass es einer seiner engsten Freunde ist. Entweder Wackeron oder Fabius Pudens.“
„Das vermute ich auch, aber genau da liegt das Problem. Sie dienen noch in der Armee und können keinen Sklaven gebrauchen. Sie würden mich weiter verkaufen.“
„Sie würden dich nie an einen Unmenschen verkaufen.“
„Das weiß man vorher nicht. Die Menschen können nach außen ganz anders wirken, als sie tatsächlich sind.“
Nur zu wahr!
In der Nacht wachte Tony immer wieder schweißgebadet auf. Jedes Mal sah er Bassus vor sich, von Brandwunden bedeckt und an einen Pfahl gebunden.
Als er am Morgen völlig zerschlagen aus seinem Zimmer trat, stand Micon vor dem Hausheiligtum und murmelte vor sich hin.
„Was machst du?“
„Ich bete zu Mucala, dem Vater des Herrn.“
„Wozu?“
„Ich möchte, dass er hilft. Dass Flavius Bassus vielleicht doch noch lebt und sie ihn finden.“
„Warum betest du nicht zu einem Gott?“
„Ich wüsste nicht zu welchem. Ich habe zu allen gefleht, als meine Familie und ich versklavt wurden, aber keiner hat mir geholfen.“
Tony ließ ihn gewähren. Wenn man daran glaubte, dass die Toten noch am Schicksal der Lebenden Anteil nahmen, dann war es wohl folgerichtig, Bassus’ Vater um Hilfe zu bitten.
„Ich werde mich auch an Orbiana wenden“, fügte Micon hinzu.
„Orbiana?“
„Sie war die Frau, die der Herr viele Jahre geliebt hat. Ich habe das einmal gehört, als Wackeron hier war und sie sich unterhielten.“
Bassus hatte einmal eine Frau geliebt? Das konnte Tony sich überhaupt nicht vorstellen.
Auf dem Weg zur Arbeit traf ihn der Gedanke, dass er diesen Weg vielleicht nie wieder zusammen mit Bassus gehen würde, wie ein Schlag. Seine Beine fühlten sich wie Watte an.
Nur noch wenige Schritte vom Valetudinarium entfernt, verspürte er plötzlich den Wunsch, nach Teres zu sehen. Er bog zu den Ställen ab.
Das Tier stand verloren in seiner Box. Tony drückte das Gesicht an den warmen Pferdehals. Nach einer Weile richtete er sich wieder auf. Sein Blick fiel auf den Sattel, das wertvolles Zaumzeug und die bunten, warmen Decken, die Bassus für das Pferd gekauft hatte. Abrupt verließ er den Stall.
Falls Bassus nicht wiederkommen sollte, falls er tatsächlich tot war, dann musste er sich damit abfinden. Schließlich war Bassus Soldat. Und Soldaten starben nun einmal bei ihrer Arbeit.
Er hatte doch noch Wackeron und Morvran. Außerdem standen sie ihm viel näher als Bassus.
Gerade als Tony das Valetudinarium wieder erreichte, rannte ein Soldat auf ihn zu. Atemlos blieb er vor Tony stehen.
„Bassus Tonianus, ich habe dich schon gesucht. Du wirst im Praetorium erwartet. Folge mir.“
Tony lief hinter ihm her. Am Eingang zum Praetorium blieb der Soldat stehen. Tony wurde von den Wachen durchgewinkt.
Zum ersten Mal betrat er das imposante Gebäude, das einzige im ganzen Lager, in dem sich auch Frauen aufhalten durften. Er hatte die Frau und die beiden Töchter des neuen Praefectus jedoch bisher nur wenige Male zu Gesicht bekommen. Sie wohnten im oberen Geschoss und hatten einen eigenen ummauerten Garten.
Im Dienstzimmer erwarteten ihn nicht nur der Praefectus und Imperator Trajanus, sondern auch die höheren Offiziere des Lagers. Da es keinen freien Stuhl mehr gab, blieb Tony stehen. Er fühlte sich wie ein Angeklagter in einem Gerichtssaal.
„Wir hätten gerne, dass du uns einige Fragen beantwortest“, begann Trajanus freundlich.
„Sicher.“
„Du hast Bassus vor einiger Zeit von einem Mann mit einer Brandnarbe erzählt.“
„Das ist richtig. Habt ihr ihn gefunden?“
Trajanus schüttelte den Kopf. „Nein. Noch nicht.“ Dann lächelte er. „Aber wir bemühen uns.“
Zum Zeichen, dass er die Anspielung verstand, lächelte Tony verkrampft zurück. „Befindet sich Bassus in den Händen dieses Mannes?“
„Ja. Donatus hat ihn eindeutig identifiziert. Erzähle uns also bitte noch einmal alles, was dir zu diesem Mann einfällt.“
Während Tony berichtete, unterbrach Trajanus ihn auf einmal und fragte: „Hat Flavia dir gegenüber jemals ihren leiblichen Vater erwähnt?“
„Flavia?“
„Wie viele Flavias kennst du
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