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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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wirkte streng, aber nicht unsympathisch. Seine schneeweißen Haare waren in die Stirn gekämmt und etwas oberhalb der Augenbrauen zu einem geraden Pony abgeschnitten. Trotz der weißen Haare war jedoch klar, dass er noch recht jung war.
    Wackeron und Morvran hatten Tony angehalten, immer freundlich zu sein, und so grüßte Tony den fremden Legionär höflich: „Ave.“
    „Ave. Ich vermute, du bist Bassus Tonianus?“
    Das Lächeln des Mannes war so entwaffnend, dass Tony beinahe zurückgelächelt hätte. „Ja. Und wer seid Ihr?“
    „Ich bin Nerva Trajanus“, antwortete der Mann amüsiert.
    „Seid Ihr von einer der Legionen in Bonnae?“
    Trajanus schüttelte den Kopf. „Nein. Ich komme aus Moguntiacum.“
    Tony verstand nicht, was ein hochrangiger Legionär aus Mainz hier suchte. Doch in diesem Moment kam Wackeron aus dem Krankenzimmer und zog sich mit dem Legionär in eine Ecke des Behandlungszimmers zurück.
    Morvran fuhr mit seiner Arbeit fort, und auch Tony konzentrierte sich auf seine Aufgaben. Mit flinken Fingern wechselte er Wundverbände, setzte Schröpfköpfe und rieb mit duftenden Essenzen versetzte Öle auf schmerzende Gliedmaßen. Dabei unterhielt er sich mit den Patienten. Viele Behandlungen durfte er inzwischen allein durchführen, und die Soldaten der Ala akzeptierten ihn als angehenden Arzt.
    In der Gegenwart dieses fremden Legionärs verhielten sich seine Patienten gesitteter als sonst. Keiner erzählte schlüpfrige Witze oder machte sich über römische Politik lustig. Einmal glaubte Tony zu hören, dass in dem Gespräch zwischen Wackeron und dem Legionär auch der Name Bassus fiel. Aber er war nicht sicher.
    Jetzt umarmte der Legionär Wackeron und kam danach zu Tony.
    „Wackeron ist sehr zufrieden mit dir. Und ich sehe, dass auch die Patienten sich bei dir wohlfühlen.“
    Tony fragte sich, was das diesen Legionär anging. Trotzdem antwortete er freundlich: “Ich gebe mir Mühe.“
    Es kam ihm so vor, als würden alle im Raum den Atem anhalten. Der Legionär lächelte. „Es freut mich, das zu hören.“
    Dann nickte er in die Runde und verließ mit raschen energischen Schritten das Valetudinarium.
    Kaum war er weg, fragte Tony Wackeron: „Was wollte er denn hier?“
    „Nach dem Rechten sehen.“
    „Was gibt ihm die Befugnis dazu?“
    „Nerva Trajanus ist unser neuer Imperator. Er war in Moguntiacum Statthalter von Obergermanien, als Imperator Nerva ihn adoptierte und kurz danach starb.“
    Trajan! Mann, hatte er auf der Leitung gestanden! 
    „Sollte ein römischer Kaiser nicht in Rom sein?“
    „Natürlich. Sobald hier wieder Ruhe eingekehrt ist, wird er sich auch dorthin begeben.“
    „Davor geht er noch nach Dakien. Dort steht nämlich auch nicht alles zum Besten“, warf Morvran ein.
    „Wird denn in der Zwischenzeit niemand in Rom versuchen, ihm den Thron wegzunehmen?“
    „Das ist unwahrscheinlich. Er hat zu viele Freunde dort. Jeder mag ihn. Nerva hat eine geniale Wahl getroffen. Trajanus hast du übrigens zu verdanken, dass du so schnell als römischer Bürger registriert worden bist. Ohne seine Hilfe wäre das nicht möglich gewesen.“
    „Warum hat er das getan? Ich bin doch nicht wichtig.“
    „Er und Bassus sind alte Freunde.“
    Wieder einmal wunderte Tony sich darüber, mit wem der einfache Kundschafter Bassus so alles befreundet war.
     
    Aber mit Bassus selbst konnte Tony nicht sprechen. Der war auf einem Kundschaftergang.
    „Ich bin heute im Lager dem Imperator begegnet“, erzählte er Micon beim Abendessen.
    Statt beeindruckt zu sein, sah der ihn besorgt an. „Er ist also immer noch da. Hat sein Aufenthalt damit zu tun, dass der Herr und Donatus diesmal so lange unterwegs sind?“
    Erst jetzt wurde Tony bewusst, dass Bassus eigentlich nur drei Tage wegbleiben wollte. Inzwischen waren fast zehn Tage vergangen.
    „Du hast Recht. Er ist schon viel zu lange fort.“
    Später saß er mit einer Schriftrolle am Tisch und las. Wenn Bassus weg war, hielt er sich nur zum Schlafen in seinem Zimmer auf. Micon wusch das Geschirr, kehrte und wischte den Boden. Danach reparierte er ihre Kleidungsstücke. Harpalos lag neben dem offenen Kamin.
    Tony konnte sich jedoch nur schwer konzentrieren. Irgendetwas spukte in seinem Kopf herum. Plötzlich erinnerte er sich an eine Bemerkung, die er heute im Lager gehört hatte.
    „Die Ala hat gestern einen Suchtrupp auf die andere Seite des Rheins geschickt. Ich habe aber nicht mitbekommen, wen oder was sie dort suchen

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