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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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sollen.“
    Eine Weile war es ganz still.
    Dann sagte Micon, inzwischen kreidebleich: „Was würde mit uns geschehen, wenn Flavius Bassus etwas zugestoßen wäre?“
    Tony schluckte. Es wäre eine Katastrophe für Micon. So viel war klar. Er bekäme einen neuen Herrn, der ihn vermutlich nicht so gut behandeln würde wie Bassus. Und was war mit ihm selbst? Wo müsste er dann hin? Wer würde über ihn bestimmen? Verzweifelt suchte er nach zuversichtlichen Worten.
    „Er ist schon seit 27 Jahren Soldat, und nie ist ihm etwas zugestoßen. Er ist viel zu erfahren, um in Gefahr zu geraten.“
    Micon sah ihn düster an. „Niemand ist unverwundbar.“
    Er setzte sich zu Tony an den Tisch und wirkte auf einmal alt und müde.
    „Das Leben hat mich gelehrt, dass allen Menschen in jedem Moment die furchtbarsten Dinge widerfahren können.“
    Tony schwieg, schließlich hatte er dieselbe Erfahrung gemacht. Und nicht nur das. Auch Bassus und Donatus würden wahrscheinlich längst nicht mehr leben, wenn er ihnen damals, an seinem ersten Tag in der Römerzeit, nicht gegen diese Germanen geholfen hätte!
    Nach einer Weile sagte Micon: „Wir sollten uns schlafen legen.“
    „Leg dich ruhig hin. Ich bleibe noch hier sitzen. Ich weiß, dass ich nicht schlafen kann.“
    „Ich werde es auch nicht können, Herr.“
    „Dann lass uns etwas spielen.“
    Tony holte das Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel hervor. Sie konzentrierten sich darauf, froh, die düsteren Gedanken für eine Weile beiseite zu schieben.
    Da knurrte Harpalos. Kurz darauf war draußen Lärm zu hören. Reiter galoppierten durch die nächtliche Straße. Harpalos bellte unaufhörlich. Tony und Micon rannten hinaus. Aber als sie auf die Straße traten, waren die Reiter schon weg. Im frisch gefallenen Schnee sahen sie lediglich die Spuren vieler Hufe. Tony glaubte im Licht des Mondes auch einige dunkle Flecke zu erkennen. Auch Harpalos hatte sie entdeckt und winselte.
    Tony bückte sich.
    „Ich hole eine Fackel“, rief Micon und verschwand im Haus. Schnell kam er wieder zurück und leuchtete ihm. Die Flecken waren purpurrot. Tony zerrieb den gefärbten Schnee zwischen den Fingern und roch daran. Aber er hätte es auch so gewusst: „Es ist Blut.“
    Auf einmal fühlte er die bittere Kälte nicht mehr.
    Während er sich vorgebeugt hatte, war das Medaillon unter seiner Tunika verrutscht.
    Bassus hätte es eigentlich tragen sollen! Schließlich riskierte er bei seiner Arbeit täglich sein Leben. Aber Tony hatte nur an sich und seine Probleme gedacht. Das Blut rauschte so laut in seinen Ohren, dass er Micons Worte nicht hörte. Tony sah nur, dass er die Lippen bewegte und ihn dabei flehentlich ansah.
    Micon wiederholte: „Wenn jemand blutet, dann lebt er doch noch, nicht wahr?“
    Es klang, als hätte Micon durch einen Wattebausch gesprochen.
    Tony hörte sich sagen: „Wenn jemand den ganzen Weg von Germania Libera bis hierher Blut verloren hat, …“ Aber er sprach den Satz nicht zu Ende, denn er hätte gelautet: „Dann lebt er sicher nicht mehr lange.“
    Stattdessen atmete er tief durch. „Ich laufe zum Lager.“
    Micon nickte. „Ja Herr. Aber gebt mir sofort Bescheid, sobald Ihr etwas wisst.“
    „Das werde ich, versprochen.“
    Harpalos wollte ihn begleiten. Aber Tony schob ihn zusammen mit Micon durch die Haustür und machte sie hinter den beiden zu. Micon sollte jetzt nicht allein sein.
     
    Die Wachen am Tor des Lagers ließen ihn wortlos durch. Vor dem Valetudinarium standen Pferde. Calones kümmerten sich um sie. Tony erkannte Teres und das Pferd von Donatus. Noch nie hatte er die Tiere so erschöpft gesehen. Aus dem Gebäude kamen einige Soldaten und wandten sich müde zu ihren Contubernia. Sie erkannten ihn, gingen jedoch weiter. Er hatte den Eindruck, dass sie ihn mitleidig ansahen.
    Im Valetudinarium war es ungewöhnlich still. Fabius Pudens kam aus dem Raum, in dem Wackeron seine Operationen durchführte. Er hatte Tränen in den Augen. Als er Tony entdeckte, legte er ihm die Hand auf die Schulter und drückte sie kurz. Dann eilte er weiter.
    Noch nie war Tony die Tür zum Operationssaal so schwer vorgekommen. Er musste sich richtig dagegenstemmen. Drinnen sagten ihm bereits die vielen Lichter vor den Götterstatuen und der Geruch nach verbrannten Kräutern, dass jemand gestorben war. Noch mehr Reiter der Turma von Fabius Pudens standen vor dem Schrein des Asklepios und murmelten Gebete. Auf einer Holzbank lag die blutverschmierte Kleidung eines

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