Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
Vom Netzwerk:
die Getreidespeicher an. Niemand wusste am Morgen, ob er den Abend noch erleben würde.“
    „Was hatte diesen Krieg ausgelöst?“
    „Nach dem Tod des Imperators Nero ließen sich gleich vier Anwärter zum Imperator ausrufen. Die Lage war verworren, und Civilis, ein Germane vom Stamm der Bataver, ergriff die Gelegenheit. Er diente in der römischen Armee und nutzte seine Kenntnisse, um ein gallisches Imperium auszurufen.“
    „Kam es damals auch zu einem Vorfall, bei dem ein Germane schwere Verbrennungen erlitten haben könnte?“
    Tony wusste selbst nicht, warum er das fragte, denn offensichtlich hatte es ja unzählige Brände gegeben.
    Doch Maius‘ Frau sah ihn überrascht an und antwortete: „Es kam in der Tat zu einem solchen Vorfall. Zunächst unterwarf die Colonia Agrippinensium sich Civilis. Aber als den Bewohnern klar wurde, dass die Römer siegen würden, wechselten sie wieder die Fronten. Um den Römern zu zeigen, dass sie gute Untertanen waren, luden sie die Anführer des Aufstands zu einem Festmahl ein. Und als alle versammelt waren, verriegelten sie die Türen und zündeten das Gebäude an.“
    Tonys Puls beschleunigte sich.
    „Konnte jemand entkommen?“, fragte er.
    „Nein. Nie im Leben. Das Gebäude war von romtreuen Soldaten umzingelt, die dafür sorgten, dass keiner weglaufen konnte.“
    Wieder in seinem Zimmer, dachte Tony über das Gehörte nach. Es ergab keinen Sinn. Wer auch immer damals in jenem Gebäude war, hatte es nicht überlebt. Und selbst wenn einer dieser Anführer davongekommen wäre, wäre er heute sehr viel älter als der Mann, den er im Sommer gesehen hatte.
     
    In den nächsten Tagen versah Tony weiter seinen Dienst im Valetudinarium. Vor allem kümmerte er sich um Donatus und versuchte, alle Gedanken an Bassus beiseite zu schieben. Besonders erfolgreich war er damit jedoch nicht, denn er stellte zu seiner Überraschung fest, dass Wackeron und Morvran doch kein Ersatz für Bassus waren.
    Er verstand selbst nicht, was mit ihm los war. Doch mit jedem Tag, der verstrich, vermisste er Bassus mehr.
    Warum?
    Er mochte Wackeron und Morvran. Aber er brauchte eben auch Bassus. Irgendwie ergänzte Bassus die beiden. Ganz davon abgesehen, dass er Dinge bemerkte, die den beiden nicht auffielen.
    Vielleicht war er ja doch noch am Leben.
    Die Römer hatten inzwischen sogar ein Kopfgeld auf den Germanen mit der Brandnarbe ausgesetzt. Warum dieser Aufwand, wenn sie es nicht zumindest für möglich hielten, dass Bassus noch lebte? Mussten denn immer nur schreckliche Dinge geschehen? Konnte nicht auch einmal, ein einziges Mal, etwas gut ausgehen?
    Tony lagerte den Oberkörper von Donatus, der immer noch sehr schwach war, etwas höher. Dabei sagte er zu ihm: „Wenn du dich von dieser Welt verabschiedest, folge ich dir persönlich in die Unterwelt. Und dann hast du dort nichts zu lachen, das verspreche ich dir.“
    Donatus lächelte. Als er ihm ein weiteres Kissen hinter den Rücken schob, murmelte er: „Danke.“
    Er war immer noch kreidebleich. Zusätzlich zu den Prellungen und Brüchen hatte er sicher auch innere Verletzungen. Leider konnten sie kein CT machen oder wenigstens eine Röntgenaufnahme oder eine Ultraschalluntersuchung vornehmen.
    Eine Zeit lang hatte Tony darüber gebrütet, wie sie es technisch bewerkstelligen könnten, Donatus eine Bluttransfusion zu geben. Unmöglich wäre es sicher nicht. Doch wie hätten sie herausfinden sollen, wer welche Blutgruppe hatte? Stattdessen päppelten sie Donatus mit Kräutertees und Rinderbrühe mit Eierstich auf.
    Er fühlte Donatus’ Hand auf der seinen. Sie war federleicht.
    „Es tut mir so leid“, murmelte der Verwundete zum x-ten Mal.
    Weil er befürchtete, dass Donatus’ Schuldgefühle den Heilungsprozess behinderten, beugte Tony sich über ihn und sah ihm in die Augen, genau wie Morvran das bei Patienten immer tat.
    „Stell dir für einen Moment vor, Bassus würde jetzt hereinspazieren und dich so liegen sehen.“
    Donatus sah ihn aufmerksam an.
    „Was würde er wohl zu dir sagen?“
    Tony wartete. Weil Donatus schwieg, fuhr er schließlich fort: „Er würde dir ganz schön Dampf unter dem Hintern machen, damit du endlich wieder auf die Füße kommst.“
    Leise sagte Donatus: „Wenn sein Geist hier hereinmarschieren würde, würde er auch sagen, dass ich nicht sentimental sein soll. Dabei kenne ich niemanden, der so sehr um Menschen trauert wie Bassus.“
    Tony wandte sich ab und floh.
     
    Draußen rannte er, rannte und

Weitere Kostenlose Bücher