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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Botschaft vermittelt das den Angehörigen der Toten, die so etwas in den Nachrichten sehen?«
    »Wahrscheinlich hast du dich bei deiner Aussage vor dem Verteidigungsunterausschuss des Senats genauso undiplomatisch ausgedrückt«, mutmaßt Benton.
    »Ich weiß nicht mehr, was ich wörtlich gesagt habe.«
    »Du hast dir bei Otwahl sicher keine Freunde gemacht. Eher Feinde, von denen du nichts ahnst.«
    »Otwahl oder irgendein anderes Technologieunternehmen standen nicht zur Debatte. Schließlich hat Otwahl nichts anderes getan, als einen Roboter zu entwickeln. Es waren die Leute im Pentagon, die sich diese sogenannte nützliche Einsatzmöglichkeit haben einfallen lassen. Ich glaube, MORT war ursprünglich als Transportroboter gedacht, mehr nicht. Bis heute Abend hatte ich sogar vergessen, dass die Firma Otwahl heißt. Ich habe mich nie eingehender mit dem Unternehmen beschäftigt. Mein Gegner war das Pentagon, und ich war fest entschlossen, mich zu behaupten.« Beinahe hätte ich diesmal hinzugefügt, verkneife es mir aber. Benton ahnt nicht, dass ich mich einmal nicht habe behaupten können.
    »Feinde, die nicht vergessen. Solche Feinde vergessen
nämlich niemals. Es tut mir leid, dass ich damals nichts davon wusste«, erwidert Benton, denn er war nicht dabei, als ich mich auf dem Capitol Hill unbeliebt gemacht habe. Da er in einem Zeugenschutzprogramm untergebracht war, hatte er nicht die Möglichkeit, mich zu beraten und zu unterstützen. Ja, er durfte mir nicht einmal verraten, dass er noch lebte. »Du hast doch sicher Unterlagen von damals aufgehoben.«
    »Warum?«
    »Ich würde sie mir gern anschauen, um auf dem Laufenden zu sein. Vielleicht beantworten sich so ein paar Fragen.«
    »Was für Fragen?«
    »Ich möchte die Papiere aus dieser Zeit gern lesen«, beharrt Benton.
    Mitschriften meiner Aussage, Videoaufnahmen der Szenen, die der Nachrichtensender C-SPAN ausgestrahlt hat: Was davon noch übrig ist, befindet sich in meinem Safe in unserem Keller in Cambridge – zusammen mit gewissen Dingen, die ich Benton nicht zeigen will. Dort liegen ein dicker grauer Ziehharmonikaordner und Fotos, die ich mit meiner Privatkamera gemacht habe. Blutfleckige weiße Vierecke aus Pappe, Notbehelfe aus der Zeit, als es noch keine Gerätschaften zum Sammeln von DNA-Proben gab. Denn an der Luft getrocknet ist Blut ewig haltbar, und ich wusste, in welche Richtung die technische Entwicklung sich bewegte. Schlichte weiße Umschläge mit Fingernagelstückchen, Schamhaaren und Kopfhaaren. Abstriche aus Mund, Anus und Vagina sowie zerschnittene und zerrissene blutige Unterhöschen. Eine leere Chablisflasche, eine Bierdose. Gegenstände, die ich vor mehr als zwei Jahrzehnten aus einem dunklen Kontinent am anderen Ende der Welt eingeschmuggelt habe und die sich eigentlich nicht in meinem Besitz befinden dürften. Obwohl ich sie nicht auf eigene Faust hätte testen lassen sollen, habe ich es getan. Und ich habe die starke Befürchtung, dass sich
Bentons Gefühle für mich ändern könnten, wenn er von den Fällen in Kapstadt erfährt.
    »Du kennst ja den alten Spruch, dass man die Rache am besten kalt genießt«, stellt er fest. »Du hast ein riesiges, viele Millionen Dollar schweres Projekt gekippt, ein gemeinsames Vorhaben von Pentagon und Otwahl Technologies. Dabei bist du so manchen Leuten auf den Schlips getreten. Inzwischen sind zwar einige Jahre vergangen, doch die Betreffenden haben es nicht vergessen, auch wenn du selbst vielleicht nicht mehr daran denkst. Und da bist du nun und arbeitest in unmittelbarer Nähe von Otwahl mit dem Verteidigungsministerium zusammen. Eine ausgezeichnete Gelegenheit, einen Rachefeldzug zu planen, um es dir heimzuzahlen.«
    »Mir heimzahlen? Der Mann, der in Norton’s Woods tot umgefallen ist, soll ein Racheakt sein?«
    »Ich finde nur, dass wir wissen sollten, wer die handelnden Personen sind.«
    Wir schließen das Thema ab, weil wir die Stahlbrücke erreicht haben, die Cambridge mit Boston verbindet. Sie heißt Harvard Bridge, wird von den Einheimischen aber auch oft MIT Bridge genannt. Direkt vor uns ragt mein Institut in den Himmel wie ein Leuchtturm. Es hat sieben Stockwerke und die Form eines von einer Glaskuppel gekrönten Silos und ist mit Titan verkleidet sowie mit Stahl verstärkt. Als Marino das CFC zum ersten Mal sah, fühlte er sich an ein Dumdumgeschoss erinnert, und vermutlich wirkt es in der verschneiten Dunkelheit tatsächlich so.
    Wir biegen vom Memorial Drive ab, lassen den

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