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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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Australien heißt, dann
erwidere ich womöglich sofort Canberra. Aber in dem kurzen Moment zwischen
ihrer Frage und meiner Antwort könnte es bereits Sydney sein. Oder Perth. Die
Wahrheit basiert eben oftmals auf tückischem Treibsand.«
    Nun wirkte er ernsthaft
verwirrt. Das Niveau meiner Klienten entspricht nicht immer dem Niveau meiner
Ermittlungen.
    Also führte ich weiter aus.
»Oder wenn Sie als Anwalt bei Gericht sind, da gilt doch dieser berühmte Satz:
Stellen Sie nie eine Frage, wenn Sie die Antwort nicht vorher kennen.«
    »Was?«
    »So kommen Sie nie in
Verlegenheit, hinterrücks überrascht zu werden oder dumm dazustehen.«
    »Aber ich kenne die Antwort ja
nicht. Deshalb frage ich Sie doch.«
    »Allerdings«, bestätigte ich.
    Um die Wahrheit zu sagen, mein
Hirn fühlte sich etwas matschig an. Siedendheiß fiel mir ein, dass ich den Zeitpunkt
meiner Medikamenteneinnahme versäumt hatte. Die Tabletten sind nicht sehr
stark, aber wenn ich eine auslasse, trübt das meine Realitätswahrnehmung.
    »Hören Sie«, beharrte er,
»meine Frau ist verschwunden. Ich liebe sie. Und Sie sollen sie für mich
finden. Wenn Sie einen Blankoscheck verlangen, dann schreibe ich Ihnen einen
aus.«
    Darüber machte ich mir
innerlich einen Vermerk.
    Ganz unverkennbar waren hier
noch eine Menge offene Punkte zu klären, aber das Gespräch hatte bereits einen
Großteil meiner Mittagspause in Anspruch genommen, und einmal abgesehen von
der mangelnden Medikation knurrte mir der Magen. Daher bat ich ihn, mich
später am Nachmittag noch einmal anzurufen. »Dann geht es hier ruhiger zu«,
behauptete ich. Ha! Er
schlug vor, ich könne ihn doch stattdessen im Beale-Feirste-Künstlerhaus
besuchen, außerhalb Dundrums. Höflich, aber bestimmt lehnte ich sein Ansuchen
ab. Dieser Ort war mir nun doch zu ländlich gelegen. Weder kann ich den Geruch
von Kühen ertragen noch den von Schweinen, Schafen, Hühnern, Gänsen, Gras oder
Wind. Die meisten meiner Fälle löse ich am Telefon oder übers Internet und nur
ganz wenige, indem ich den Laden verlasse; selbst dann bleibe ich stets in
bequemer Fußentfernung oder unternehme höchstens kurze Fahrten, und das ausschließlich
auf Straßen mit 50-kmh-Geschwindigkeitsbegrenzung.
    Trotz der ursprünglichen
Begeisterung über die internationalen Reisemöglichkeiten sank meine Stimmung
rapide. Tief in meinem Inneren wurde mir klar, dass falls Mrs. Trevor sich
noch in Frankfurt aufhielt, sie wohl niemand je dort aufspüren würde,
zumindest ich nicht, denn auch wenn ich die Vorstellung von Fernreisen schätze, sieht
die Praxis ganz anders aus. Ich verabscheue nämlich Flugzeuge. Oder Fähren.
Oder Züge. Oder Busse. Und ich kriege immer ein unbehagliches Gefühl, wenn ich
mich mit Menschen anderer Nationalitäten verständigen muss, selbst wenn sie
passables Englisch sprechen, sogar mit der hiesigen Landbevölkerung habe ich
schon meine Probleme. Ich mag einfach keine Fremden, ja oft nicht mal Verwandte
und Bekannte. Aber letztendlich spielte das alles nicht wirklich eine Rolle.
Denn in einem Punkt war ich mir absolut sicher: Wenn ich diese Lady aufspürte,
dann nicht dadurch, dass ich über Deutschlands Autobahnen bretterte, sondern
indem ich auf irgendwelchen mit Bodenschwellen tempogedrosselten Nebenstraßen
in meiner unmittelbaren Umgebung einherschlich. Hier waren Kinder im Spiel, und
meine Intuition und meine Erfahrung verrieten mir, dass ihre Mutter, sofern sie
noch am Leben war, sich an einem Ort nicht weit von ihnen verbarg.
    Während Daniel sich bereits
zum Gehen wandte, fragte ich ihn nach einem aktuellen Foto seiner Frau. Er zog
eines aus der Tasche. Eine Weile lang betrachtete er die Aufnahme, bevor er sie
mir reichte. Ich studierte sie, nachdem er gegangen war, und Jeff spähte mir
dabei über die Schulter.
    »Leck mich«, sagte er, »das
ist aber ein Feger. Und wieso, glaubst du, steckt die in Australien?«
     
    Der Nachmittag zog sich
quälend in die Länge, und als er schließlich endete, beschloss ich, dass mir
reichlich gleichgültig war, ob Mrs. Trevor je gefunden wurde, Blankoscheck
hin oder her. Das Gerede über internationale Reisen, Polizei und Interpol - die
ganze Geschichte lag deutlich außerhalb meiner Komfortzone. Besser, Daniel
Trevor verwendete sein Geld darauf, überall Suchmeldungen aufzuhängen oder ihr
Gesicht auf Milchtüten drucken zu lassen. Jedesmal wenn die Ladentür aufging
und ein Kunde eintrat, rief er prompt an und raubte mir den letzten Nerv. Er
erzählte

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