Bateman, Colin
mir von den Büchern, die seine Frau in Frankfurt verkauft hatte, und
von den Künstlern, mit denen sie sich im Landhaus am besten verstanden hatte.
Ich schaltete einfach auf Durchzug. Stattdessen dachte ich über diese eine
Neonröhre an der Decke nach, in die sich ständig diese verfluchten Insekten
quetschten, darüber, warum sie das taten und ob ihnen ihre aussichtslose Lage
bewusst war oder ob sie einfach stumpf an gar nichts dachten. Neue Ware war
eingetroffen und wollte gesichtet werden, alte Ware wartete darauf, ausgemistet
werden. Ich überlegte mir, Daniel zu fragen, ob er einen guten Drucker an der
Hand hätte, denn ich hatte erwogen, eine limitierte Ausgabe eines unterschätzten
hiesigen Autors zu publizieren, doch ich erhielt keine Gelegenheit dazu, weil
er mir ohne Unterlass irgendwas über seine armen, mutterlosen Kinder ins Ohr
blies. Je mehr ich über die Sache erfuhr, desto klarer wurde mir, dass
Frankfurt bei alldem nicht die geringste Rolle spielte. Seine Frau hatte
einfach die Nase gestrichen voll gehabt, war mit einem Dichter durchgebrannt,
würde nie wieder zurückkommen und konnte nicht einmal ihre Kinder leiden, die
mir verzogene Heulsusen zu sein schienen.
Einfach um ihn loszuwerden,
versicherte ich ihm schließlich, ich würde mich seines Falles augenblicklich
annehmen, doch stattdessen öffnete ich lediglich ein Twix und dachte noch ein
wenig über Innenbeleuchtung nach.
10
Krimiautoreri mühen sich in
einem schlecht bezahlten und von der Kritik stiefmütterlich behandelten Genre
ab, und nur selten steigen sie in die Bestsellerlisten auf oder ernten
literarischen Ruhm. Noch seltener geschieht beides auf einmal. Ian »Rebus«
Rankin musste bekanntlich erst ein Dutzend Bücher schreiben, bevor er
schließlich über Nacht zur Sensation hochgejubelt wurde. Da diese Autoren
häufig am Hungertuch nagen, sind sie besonders erbittert, wenn einer wie
Brendan Coyle daherkommt und Honorare einstreicht, für die sie töten würden. Und
es womöglich irgendwann tatsächlich tun. Erbittert deshalb, weil Brendan
bereits ein erfolgreicher Romanautor war, als er beschloss, Krimis unter einem
Pseudonym zu schreiben, bis er dann »ganz zufällig« enttarnt wurde. Dabei
verbreitet er den Eindruck, als würde er die Dinger mal eben so aus dem Ärmel
schütteln, während er auf die göttliche Inspiration für sein eigentliches
Hauptwerk wartet. In Wahrheit trägt er jedoch keinen Funken Neues zu diesem
Genre bei und verwurstet stattdessen nur einige seiner übelsten Klischees.
Trotzdem verkauft er sich wie geschnitten Brot, und die Kritiker lieben ihn. Er
ist ein eingebildeter, ungehobelter Snob, und manchmal frage ich mich, wie ich
auf die Idee gekommen bin, ihn einzuladen, im Kein Alibi einen unserer monatlichen
Kurse für Kreatives Schreiben abzuhalten.
Bis mir wieder einfällt, dass
er es völlig umsonst tut und ich während seiner Besuche jede Menge Bücher losschlage.
Allerdings tut er es nur deshalb umsonst, weil ich ihm eingeredet habe, es sei
seine Pflicht, »seinen« Leuten etwas zurückzugeben; und er war tatsächlich so
dämlich, darauf reinzufallen. Immerhin ist jede Minute, die er damit
verbringt, im Kein Alibi Unsinn zu verzapfen, eine Minute weniger, in der er
versucht, Kriminalliteratur zu schreiben. Und das ist ein Segen für uns alle.
Es geschah am Samstagmorgen
nach jener Mittagspause, in der ich eingewilligt hatte, den Fall zu übernehmen,
der als Der
Fall der jüdischen Musikanten bekannt werden sollte, und nach jenem endlosen
Nachmittag, an dem ich beschlossen hatte, dass mir der Fall, der als Der Fall der jüdischen
Musikanten bekannt
werden sollte, doch eine Nummer zu groß für mich war. Selbstverständlich würde
ich ein paar Wochen verstreichen lassen, bevor ich Daniel meinen Entschluss
mitteilte. Vielleicht würde ich sogar einen kleineren Blankoscheck einlösen, um
mich für den ganzen seelischen Stress zu entschädigen, den mich die
Entscheidung gekostet hatte, den als Der Fall der jüdischen Musikanten bekannt gewordenen Fall nicht
zu übernehmen; schließlich hatte die eigene geistige Gesundheit Vorrang.
Lederhosen und Graffiti, ja. Zerschlagene Töpferware und entlaufene Hunde, ja.
Verschwundene Personen und Interpol: nein.
Während Brendan Coyles Kursen
sitze ich üblicherweise auf einem Stuhl hinter der Kasse. Erwähnt er ein Buch,
hebe ich es hoch und zeige es herum, um die Anwesenden zum Kauf zu ermuntern.
Dabei fühle ich mich immer ein wenig wie die
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