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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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in Ballycastle mit
einem betrunkenen Dichter einen Wohnwagen teilte, würde das meine klinische
Depression unzweifelhaft noch vertiefen.
    Während ich langsam in die
Gegenwart zurückkehrte, goss Brendan sich gerade den restlichen Wein ein, ohne
mir etwas davon anzubieten. Was andererseits gar nicht so schlecht war, denn
üblicherweise rät man ja bei Medikamenteneinnahme von Alkoholkonsum ab, und
eine Nichtbeachtung dieser Empfehlung kann leicht zu peinlichen Entgleisungen
führen.
    Konsequenz ist mein zweiter
Vorname.
    »Also, was ist Ihrer Ansicht
nach geschehen?«, nahm ich den Faden wieder auf. »Ist sie in Deutschland mit jemandem
durchgebrannt?«
    Er setzte eine nachdenkliche
Miene auf, und sein Körper begann kaum merklich zu schaukeln. »Hmmm«, erwiderte
er. »Deutschland. Das war mir immer schon ein Rätsel. Ist Ihnen bekannt, was
für Bücher die beiden verlegt haben?« Ich wusste nur das, was Daniel mir
erzählt hatte, trotzdem nickte ich. »Es erstaunt mich, dass sie deswegen nach
Frankfurt geflogen sind. Bei meinen eigenen Büchern ist das natürlich etwas
anderes - ich werde in zweiunddreißig Sprachen übersetzt. Aber kann es in Spanien
einen echten Bedarf an Büchern über die Geologie der Sperrin Mountains geben?
Oder braucht man in Brasilien eine Abhandlung über die Lambeg-Trommel? Man
sollte doch wohl annehmen, dass im Ausland der Markt für Kurzgeschichten, die
in Newtownards spielen, dem hiesigen Markt für Sonette peruanischer Schäfer entspricht.
Was genau haben die beiden sich also von ihren Besuchen dort erhofft?«
    »Na ja. Ich hatte den
Eindruck, es war so was wie ein halber Urlaub für sie. Daniel meinte, es ginge
dort zu wie bei einem Familientreffen.«
    »Nun, vielleicht liegt genau
da die Antwort auf Ihre Frage«, erwiderte Brendan und hob eine Augenbraue.
»Alles nur ein kleiner Familienzwist.«
     
    12
     
    Die Geschäfte liefen
miserabel, selbst für einen Samstagnachmittag. Ebenso gut hätte ich den Laden
gleich ganz schließen können, um Daniel Trevor aufzusuchen und persönlich mit
ihm zu reden. Vermutlich wäre das lediglich einem halben Dutzend Menschen
aufgefallen; und dreien davon nur, weil sie meine Toilette benutzen wollten.
Aber eine Fahrt aufs Land stand natürlich nicht zur Debatte. Ich war mir nicht
einmal sicher, ob die Schlammpfade außerhalb Belfasts breit genug für den
Kein-Alibi-Lieferwagen waren. Als Alternative bot sich an, ihn wegen der
benötigten Informationen anzurufen - aber er war der Typ, der endlos um den
heißen Brei herumredete, und dafür hatte ich weder Zeit noch Geduld. Also
schickte ich ihm eine E-Mail.
    Offensichtlich hatte Rosemary
Trevor, die nachweisliche Femme fatale, darauf bestanden, nach Frankfurt zu
fliegen, obwohl ihr Mann sie nicht begleiten konnte. Aber war sie dort der
Geschäfte oder des Vergnügens wegen? Daniels Aussagen zufolge hatte sie in
Frankfurt keinerlei private Verabredungen, sondern war früh zu Bett gegangen.
Nun ja, angeblich. Ebenso gut hätte sie rasch ihre beruhigenden Anrufe zu
Hause hinter sich bringen können, um sich anschließend ins wilde Partyleben zu
stürzen. Sie hätte sich eine ganze Handvoll Liebhaber zulegen können. Ich war
mir sicher, dass mehrere Tausend Männer ihr dort zu Willen gewesen wären. Aber
im Zweifel für den Angeklagten - also, was war mit den Büchern, die sie dort an
den Mann bringen wollte? Brendan, selbstbezogen wie er war, konnte sich nicht
vorstellen, dass ausländische Verleger an nordirischen Publikationen
interessiert waren, doch das hing sicher davon ab, was Rosemary ihnen anzubieten
hatte. Womöglich eine Umkehrung der ewigen Suche des Provinzjournalisten nach
dem lokalen Aspekt einer internationalen Story: Ging es hier vielleicht um den
internationalen Aspekt einer lokalen Story? Vielleicht hatte sie etwas an der
Hand, das aus unserer Gegend stammte, aber gleichzeitig den großen Markt ansprechen
würde. Wenn sie aber tatsächlich etwas Derartiges besessen hatte, wie stand
das in Zusammenhang mit ihrem Verschwinden?
    Während ich auf Daniels
Antworten wartete, bewaffnete ich mich mit einem Crunchie und meinem Fernglas,
machte es mir in Erwartung eines langen Nachmittags bequem und studierte
abwechselnd den Juwelierladen und den Betrieb auf der Botanic Avenue. Mein
Notizbuch lag geöffnet neben mir, um die Kennzeichen der Wagen zu vermerken,
die direkt vor dem Laden parkten. Eine Tätigkeit, der ich mich schon seit
jeher verschrieben habe. Nun, nicht wirklich seit jeher, aber

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