Batmans Schoenheit
worden, der ins Meer hinausragte und verfügte über einen bezaubernden botanischen Garten. Natürlich, es war gelinde gesagt irre teuer, dort zu wohnen. Und nicht alle Leute, die an diesen Ort kamen, erkannten die abgründige Bedeutung stark verwobener Sinnlosigkeiten. Ganz sicher aber tat das jener Mann, der sich soeben zwischen Sehnaz und Eva gesetzt hatte und deren vier Begleiter mit der gleichen Leichtigkeit ausstach, mit der er wohl auch Golfbälle in den Atlantik beförderte.
In Anlehnung an eine zehn Jahre zurückliegende Fernsehserie könnte man sagen, daß dieser gutaussehende Mann die Verknüpfung von zweien darstellte, also die antipodischen Charaktere des Danny Wilde und des Lord Brett Sinclair verband, eine Symbiose von Tony Curtis und Roger Moore schuf, das Amerikanische mit dem Englischen vereinend, das stilsicher Vulgäre mit dem steif Aristokratischen, den Humor mit dem Affektierten, den Ferrari mit dem Aston Martin, aber das Ganze – und dies bildete ja ebenfalls eine deutliche Parallele zur Fernsehserie – in einen deutschen Sprachwitz übersetzt. Ja, ohne diese Übersetzung wäre die Symbiose nichts wert gewesen, wie ja auch jene TV-Serie erst dank der Synchronisation eine Originalität entwickelt hatte, die dem Original verwehrt geblieben war.
Genau diesen Eindruck hatte Cheng, weshalb er bald beginnen würde, von diesem Mann als »Die Zwei« zu reden, beziehungsweise sprach er es rasch aus: Diezwei.
In Wirklichkeit jedoch hieß der Mann Palle Swedenborg. Mit diesem Namen hatte er sich auch vorgestellt. Was genau er aber trieb, blieb im Unklaren. Jedenfalls schien es sich auszuzahlen.
Es gelang Swedenborg, sein Vermögendsein darzulegen, ohne auf eine dumpfe Weise angeberisch zu wirken. Ganz klar, er wollte diese beiden Mädchen, wie man so sagt, abschleppen und erzeugte darum einen Glanz, der über das Faktum, daß er gut aussah, weit hinausführte. Auch über das Faktum, Geld zu besitzen. Sehnaz etwa sah ja ebenfalls gut aus und hatte ebenfalls Geld, obgleich es nicht das eigene war. Aber sie residierte natürlich nicht im Reid’s , wie das etwa ihr Vater mehrmals getan hatte. So schön und gewandt sie war, war sie doch nichts anderes als eine Studentin aus Wien.
Der Abend lief also so ab, daß sich Swedenborg mit den Mädchen unterhielt, während er die vier Jungs kaltstellte, indem er ihnen eine Runde Wein nach der anderen spendierte. Gegen elf war Swedenborg dann in der Stimmung, hinüber ins Casino zu wechseln. Nicht alleine, versteht sich. Schließlich hatte er nicht zwei Stunden seines Lebens an diesen Tisch und an diese Leute verschwendet, um jetzt ohne Begleitung den Rest der Nacht zu verbringen. Er war ja absolut der Typ, der sich nicht nur nahm, wonach ihm war, sondern es auch bekam.
Nun hätte man meinen können, daß seine Interesse entweder Sehnaz alleine oder aber den beiden Mädchen zusammen galt, weshalb die Überraschung groß war, als er jetzt Eva, und eben nur Eva fragte, ob sie Lust habe mitzukommen.
Eva lachte tonlos und sagte ja.
»Schönen Abend noch«, richtete sich Swedenborg an die anderen, beglich die gesamte Zeche, allein dadurch, daß er dem Schotten ein beifälliges Zeichen gab, bot Eva seinen Arm an und schon marschierten die beiden Richtung Zentrum, wo Swedenborgs Wagen stand, kein Ferrari, kein Aston Martin, sondern ein Porsche, also die deutsche Übersetzung eines Sportwagens.
Stellte sich die Frage, warum jemand wie Swedenborg auf eine Frau wie Sehnaz hatte verzichten können. Sehnaz jedenfalls sagte an diesem Abend kein Wort mehr. Sie saß da wie ausgehöhlt. Aber im Grunde war sie schlichterdings in der wirklichen Welt angekommen, einer Welt, die eben sehr viel komplizierter und hintergründiger war als die bisher gekannte. In ihrer »alten Welt« war selbst noch das Verlassen des Heimatlandes ohne Schrecken und echte Überraschung geblieben und eine Prinzessin wurde immer und überall wie eine Prinzessin behandelt. Hier aber, in der wirklichsten aller wirklichen Welten, in einer gleichsam unwirklichen, weil von Männern wie Swedenborg bestimmten, lief es anders ab. In dieser Welt war es nicht so, daß eins plus eins stets zwei zu bedeuten brauchte. Die Arithmetik an diesem Ort war eine zutiefst bestechliche.
Die ganze Gruppe saß bereits beim Frühstück, als am nächsten Morgen Eva erschien. Ein Taxi hatte sie hochgebracht. Auf ihre so typische Weise wirkte sie uneindeutig und müde, aber hübsch müde, jugendstilhaft luzid, mild und
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