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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Beispiel, wer ein bestimmtes Verbrechen begangen hatte.
    Selbiger Lukastik-Schule folgend, unterließ es Straka zunächst, Fellberg nach einem möglichen Verhältnis zu einer der drei ermordeten Personen oder überhaupt zur Schauspielkunst zu befragen. Statt dessen erkundigte er sich nach dem Gewächshaus, welches an dieser Stelle, inmitten randstädtischer Kleingärtnerei und gepflegter Vorgartenunglücke geradezu bombastisch und mondän anmutete. Eben wie aus einem Film von Howard Hawks.
    Straka sagte: »Ich gärtnere auch ein wenig, aber das hier ist doch etwas ganz anderes, absolut! Ein eigener Kosmos.«
    »Eher eine Insel«, meinte Fellberg.
    »Eine einsame Insel?«
    »Darin besteht ja wohl der Sinn von Inseln«, erklärte Fellberg, »daß man dort einsam ist. Von diesem England einmal abgesehen. Warum glauben Sie, daß ich mir so etwas wie hier einrichte? Um Gesellschaft zu haben?«
    »Nun, die Gesellschaft von Pflanzen, denke ich.«
    »Ach du meine Güte, Sie halten mich für einen Freak, der mit Bäumen und Blumen spricht.«
    »Muß man dazu ein Freak sein?«
    Fellberg verkündete, durchaus daran zu glauben, man könne Pflanzen gut zureden, allerdings einzig und allein in der hätschelnden Weise, mit der man auch Babys begegne. Pflanzen verblieben nun mal ein Leben lang auf dem Niveau von Säuglingen. Genau darum aber sei es idiotisch, wenn sich Blumenliebhaber mit ihren Gewächsen unterhalten würden, als säßen sie beim philosophischen Quartett.
    »Ich gehe mit meinen Pflanzen liebevoll um«, versicherte Fellberg, »aber ich diskutiere mit ihnen nicht das aktuelle Feuilleton der ZEIT.«
    »Sie lesen Feuilletons?«
    »Fragen Sie mich das, weil Sie mich für einen Idioten halten, oder halten Sie mich für einen Idioten, weil ich Feuilletons lese?«
    Dieser Mann, dachte Straka, spielt ganz gut mit. Und das ist eigentlich ein deutliches Merkmal, daß er etwas zu verbergen hat. Die Schuldlosen sind in der Regel nervös, selten souverän, und wenn souverän, dann auf eine gekünstelte Weise. Die Schuldlosen schwitzen, zittern, stottern oder sie theatern. Und wenn sie nicht schwitzen et cetera, dann trinken sie ständig etwas oder bieten ständig etwas zu trinken an. Fellberg schwitzte nicht, trank nicht und machte keine Anstalten, seinen Pflichten als Gastgeber nachzukommen. Ganz klar, das hier war eine einsame Insel. Und auf einsamen Inseln mußten sich Gäste – und es konnte sich ja nur um ungebetene Gäste handeln − schon selber durchschlagen.
    Straka ließ die Feuilleton-Idioten-Frage links liegen und erkundigte sich nach der Art der Pflanzensammlung, die an diesem Ort so prächtig gedieh. Nach der Systematik.
    »Meine eigene Systematik«, sagte Fellberg. »Ich bringe einiges zusammen, was nicht zusammengehört. Nicht alle Pflanzen halten das aus, manchen ist es zu warm, anderen zu kalt. Aber viele passen sich an. Es ist immer wieder erstaunlich, wie robust sie sind. All diese Gewächse mögen ja das geistige Niveau von Kleinkindern besitzen, aber sie sind ausgesprochen zäh. Ich bewundere diese Zähigkeit.«
    »Wie bei Insekten.«
    »Richtig. Aber bei Insekten kommt eine Intelligenz hinzu, der man eine gewisse Bösartigkeit nicht absprechen kann.«
    Wie nett, daß Fellberg selbst die Frage nach dem Bösen aufs Tapet brachte. Ein Schuldloser hätte das nie getan, hätte es peinlichst vermieden.
    »Ein guter Ort für Schädlinge«, meinte Straka.
    »Nicht, solange ich es verhindern kann«, erwiderte Fellberg. »In der freien Natur mag es ohne Schmarotzer nicht gehen, unter diesem Dach aber werden sie von mir geschlagen, wo ich kann.«
    »Eine Kunstwelt des Friedens also.«
    »Wenn Sie so wollen. Ich habe nichts gegen das Wort Kunst . Wenn es sich um gute Kunst handelt.«
    »Und wer beurteilt das?«
    »Wer beurteilt, was das Böse ist? Man sollte sich auf die Moralisten so wenig verlassen wie auf die Kunstkritiker. Die einen wie die anderen arbeiten sich in die eigene Tasche. Sie mögen eh nur das, was sie selbst begreifen. Kunstkritik ist vor allem Ausdruck einer Beschränkung.«
    »Ist es möglich, daß Sie ein beleidigter Künstler sind?« fragte Straka.
    »Na endlich rücken Sie damit heraus. Sie wollen wissen, ob ich ein gescheiterter Schauspieler bin, ein gescheiterter Bühnenautor, eine geschaßter Theaterdirektor, nicht wahr?«
    »Und? Sind Sie was davon?«
    Keine Antwort. Dafür das Zirpen eines Vogels. Straka sah ihn jetzt, wie er mit raschen Schlägen vorbeiflog und auf einem Ast landete, der

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