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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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unter der Last hin und her schwang. Ein kleiner Kerl mit knallrotem Gefieder und einem gelben, spitzen Schnabel. So ein richtiger Inselvogel. Offensichtlich hielt Fellberg Vögel nicht für böse.
    Fellberg? Wo war Fellberg?
    Straka schob ein Blatt zur Seite, um wieder einen Blick auf sein Gegenüber zu haben. Doch da war niemand, der Korbstuhl leer.
    »Wo sind Sie?« rief Straka, erhielt aber keine Antwort. Möglicherweise hatte sich Fellberg nun doch entschlossen, seiner Hausherrenpflicht nachzukommen und etwas zum trinken zu besorgen. Was allerdings auf seine Schuldlosigkeit verwiesen hätte. Eine Schuldlosigkeit, an die Straka nicht mehr glaubte.
    Er griff in seine Sakkotasche und holte sein Handy hervor, um die Kollegen zu informieren. Nur zur Sicherheit. Denn niemand wußte, daß er hier war. Darin bestand der klassische Fehler. Die Plots des Lebens wie des Kinos speisten sich aus solchen Fehlern.
    »Hübscher Vogel«, sagte Straka leise, sah zu diesem Kleinod der Natur hinüber, während er gleichzeitig seine Finger an die Tastatur heranführte. Als wäre er imstande gewesen, blind eine Nummer aufzurufen.
    Dazu war er so wenig in der Lage, wie sich gegen einen Angriff von hinten zu wehren. Er war im gleichen Augenblick gepackt worden, mit versiertem, eisernem Griff. Einem Griff, dem die lähmenden Dämpfe eines Betäubungsmittels folgten, die rasch den Nasengang hochstiegen. Straka hatte keine Chance.
    Doch bei allem Erschrecken ob dieser Chancenlosigkeit, lag so etwas wie Befriedigung in einem letzten kleinen Gedanken. Befriedigung darüber, daß sich soeben ein Verdacht bestätigt hatte.
    Polizisten wollen in erster Linie recht behalten. Gleich, was es sie kostet.

Siebzehntes Bild:
Porträt einer Frau als Riese
    Als Elly den hohen, hellen Raum betrat, fiel ihr als erstes der kristallene Luster auf, der so ungemein voluminös von einem in schwindsüchtigem Lila bemalten, aufwendig stuckierten Plafond hing. Sie behielt eine ganze Weile ihren Blick auf diesem Objekt, das in seiner glanzvollen Übertreibung bestens zur Situation paßte. Denn beinahe jeder Mord stellt ja eine solche Übertreibung dar. Nur die Morde der wirklich Unterlegenen, der Getretenen und Mißbrauchten, die sich nicht mehr anders zu helfen wissen, sind frei von Übertreibung. Doch hinter dem Umbringen von Schauspielern steckte ganz sicher eine der üblichen Extravaganzen.
    Endlich sah sie von der Deckenbeleuchtung herunter und begrüßte die Kollegen, die sich bereits daran gemacht hatten, den Tatort oder wenigstens Auffindungsort zu sichern. In einer deutlichen Weise zu markieren, um gewissermaßen den Anspruch einer wieder einmal zu spät gekommenen Polizei geltend zu machen, den Anspruch auf das Übriggebliebene. Darum oft diese leuchtenden Bänder, wie bei historischen Ausgrabungen.
    Elly Hillrod sprach mit klarer und lauter Stimme, aber ein genauer Zuhörer hätte die Schwäche, die teilweise Invalidität, das Stumpf- und Strumpfartige dieser Stimme durchschaut. Doch wer hörte schon genau hin? Im Falle Hillrods waren die Männer und nicht selten auch die Frauen mehr auf das Offensichtliche ihrer Erscheinung konzentriert denn auf das Ambivalente ihrer Stimme. Denn das muß ja noch erwähnt werden, daß Hillrod entgegen ihrer blondgelockten Erscheinung und mädchenhaften Physiognomie das war, was despektierlich als »Riesenweib« definiert wird. Selbst ohne hohe Schuhe hätte sie die meisten hier um einen halben Kopf und mehr überragt. Doch obgleich ihr das nicht immer angenehm war, wegen ihrer »Übergröße« gefürchtet zu sein, so trug sie dennoch stets Schuhe, die ihr zu einem weiteren Gewinn an Höhe verhalfen. Eine Giraffe auf Stelzen, wie eine Neiderin einmal gemeint hatte. Aber eher besaß Elly etwas von einem Windhund, etwas Fliegendes, das dennoch an die Erde gebunden war. Ein Windhund unter Dackeln.
    Es war nun so, daß sie in diesem Moment nicht nur auf eine oft geübte Weise über die Köpfe der verunsicherten Männer sah, sondern auch in einer völlig ungeübten Weise die Leitung der Ermittlungen übernehmen mußte. Zumindest solange es brauchte, bis Straka erscheinen würde. Man hatte versucht ihn zu erreichen. Aber zu Hause war er nicht gewesen und sein Handy schien ausgeschaltet zu sein. Und somit war es nun an Elly, den Mitgliedern der Quintus-Truppe − wo sich doch jeder einzelne als Koryphäe fühlte − die Anweisungen zu erteilen.
    Darum das Bemühen, ihrer Stimme jene Kraft zu verleihen, die den Zweifel und das

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