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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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und schaute nach draußen, so wie man nach draußen schaut, wenn man Besuch erwartet.
    Straka sagte sich darum: »Diese Person weiß, daß ich komme. Ja, auf eine gewisse Weise tut sie das. Selbst, wenn alles ganz harmlos ist. Schließlich muß auch das Harmlose erledigt werden.«
    Es gibt freilich Leute, die meinen, das Harmlose sei ein Ei ohne Schale.
    Nun, was auch immer es war, Straka stieg aus seinem Wagen, trat hinüber an den Zaun, las den Namen, der auf einem beleuchteten Schild stand, nämlich Fellberg, und betätigte sodann die Klingel.
    Aus der Gegensprechanlage drang die Stimme eines Mannes, tief und dunkel und fest, aber nicht ohne eine Spur von Süße, eine Stimme wie Kochschokolade, alte Kochschokolade, und meldete sich mit einem energischen »Ja?«.
    Straka entschuldigte sich für die späte Störung, erklärte, er sei von der Kriminalpolizei und bat darum, einem Moment hereinkommen zu dürfen.
    Die metallene Pforte sprang mit einem Surren auf. Wäre das jetzt ein Film gewesen, hätte eine etwas schaurige Musik ein zukünftiges Unheil verkündet. Aber da war keine Musik. Denn es ist ja so: Gott redet oder er schweigt, aber er singt nicht. Die Musik ist lange nicht so gottnah, wie alle meinen.
    »Was kann ich für Sie tun?« erkundigte sich der Mann, der in der Eingangstüre seines Hauses stand. Er war jünger als Straka, aber nicht sehr viel. Er besaß das graue Haar eines Mannes Mitte der Fünfzig, jedoch voll, wobei es graue Haare gar nicht gibt, sondern nur weiße zwischen dunklen. Graue Haare sind eine Täuschung.
    »Sind Sie Herr Fellberg?« fragte Straka, um gleich zu Beginn einer dieser Verwechslungskomödien vorzubeugen.
    Der Mann nickte. Also stellte sich Straka mit seinem Namen und Titel vor und erklärte, in einem bestimmten Fall die Ermittlungen zu leiten.
    Der Mann, der Fellberg war, runzelte die Stirn, als wundere er sich, in welche Provinzen es einen armen Oberstleutnant verschlage. Dann aber meinte er: »Na, dann kommen Sie mal rein, anstatt im Feuchten zu stehen.«
    Stimmt, es regnete zwar nicht mehr, aber ein warmer Dampf stieg hoch.
    »Lassen Sie ruhig die Schuhe an«, sagte der Hausherr, »wir gehen hinüber ins Gewächshaus.«
    Das ist übrigens eine interessante Frage, inwieweit Wohnungsbesitzer darauf bestehen können, daß Polizisten – zumindest an Regentagen wie diesen – ihre Schuhe ausziehen. Oder ob die Exekutive selbst in Momenten, da keine Gefahr im Verzug ist, das Recht hat, einen Teppichboden zu versauen? Solche Fragen erscheinen nur denen unwichtig, denen ihre Teppichböden gleichgültig sind.
    Jedenfalls dirigierte Fellberg den Oberstleutnant Straka durch einen langen steinernen Flur, der in einen kurzen gemauerten Gang führte, hinter dem sich ein überraschend großzügiges Treibhaus dem Eintretenden eröffnete. Es war nicht so riesig, daß man einen erwerbsmäßigen Hintergrund hätte annehmen können, gleichzeitig aber verrieten die Ausmaße, die Sorgfalt, die Üppigkeit, die exotisch anmutenden Blüten und hoch aufschießenden Kakteen den leidenschaftlichen Gärtner und Züchter.
    Straka fühlte sich augenblicklich an eine der ersten Szenen aus der Verfilmung von Chandlers The Big Sleep erinnert, wenn Humphrey Bogart mittels der zauberischen Gabe gewisser kleiner Männer, überhaupt nicht klein zu wirken, die Hürde einer Frau nimmt, um in der Folge deren Vater, den alten General, aufzusuchen, der ihn in einem stark beheizten Gewächshaus empfängt. Der General sitzt in Decken eingewickelt in seinem Rollstuhl und fragt Bogart sogleich, wie er seinen Brandy am liebsten habe. »In einem Glas«, antwortet Bogart lässig, bei aller Lässigkeit dennoch schwitzend wie ein Schwein.
    In erster Linie war es das Palmenhaus aus dem Film, an das Straka denken mußte. Ein bißchen auch an den Brandy, den er jetzt gerne serviert bekommen hätte. Was aber nicht geschah. Immerhin war es hier drinnen kaum wärmer als im Freien, sogar angenehmer, nicht ganz so feucht wie unter dem verheulten Himmel draußen. Zudem war Fellberg kein invalider Alter, dann schon eher er selbst, der Oberstleutnant.
    »Können wir uns setzen?« fragte Straka.
    »Dort drüben«, antwortete Fellberg.
    Man begab sich in eine Ecke, die so vollständig von den mächtigen Blättern irgendwelcher Dschungelpflanzen verhangen war, daß Straka die Korbstühle zuerst gar nicht wahrnahm. Als man dann endlich saß, mußte er seinen Kopf zur Seite neigen, um Fellberg zwischen dem vielen Grün sehen zu können.

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