Bator, Joanna
zu
waschen - zugegebenermaßen ohne anzuklopfen und in etwas angetrunkenem Zustand
-, schrie sie ihn an wie von Sinnen. Was hatte er gesagt? Was hatte er gesagt,
als er die nackte Dreizehnjährige mit ihren mirabellengroßen Brüsten sah, sein
geliebtes Kind so fremd, fast so groß wie er selbst? Er sagte: Bald wird das
Piroggelchen schwarz. Das rutschte ihm so heraus, als sein Blick über den
flachen Bauch der Tochter glitt und auf dem vorgewölbten, kahlen oder fast
kahlen Hügelchen hängenblieb. Er hatte keine bösen Absichten, schließlich war
es doch sein Kind, und er war der Vater und nicht irgendein Perversling. Ein
unklares Gefühl von Schuld jedoch ließ ihn nicht los, und das Bild seiner
nackten Tochter tauchte immer wieder vor seinen geschlossenen Augen auf,
hartnäckig, wie der Wunsch zu trinken. Ein paar Tage, nachdem Dominika den
Vater aus dem Badezimmer geworfen hatte, fand sie in der Jackentasche eine
Packung Mentos mit Erdbeergeschmack, wie man sie nur im Pewex am Markt in Walbrzych
oder in der BeErDe kaufen konnte. Sofort lutschte sie all die glatten,
himmlisch schmeckenden Drops - was sollte ein gekränktes und auf Süßigkeiten
versessenes Kind auch sonst tun? Die beängstigende Geschwindigkeit, mit der sie
aufschoss, ging Hand in Hand mit einem ungeheueren Appetit auf Süßes. Sie
strich sich die kaffeebraunen Haare aus dem Gesicht und stöberte durch die
Küchenschränke, um wenigstens ein paar Rosinen zu finden oder vielleicht
Kokosraspeln, die von der Weihnachtsbäckerei übriggeblieben waren. Jadzia kam
es so vor, als wüchsen die Haare ihrer Tochter in demselben Tempo, in dem in
ihrem Mund die Löffelladungen cremiger Karamellmasse aus Butter, Milch und
Zucker verschwanden, die Gabeln voll Sauerkraut mit Zucker, gezuckerte
Apfelspalten, mit pferdeartigem Knirschen zermalmte Zuckerwürfel. Der Zucker
verwandelte sich in dunklen Karamell, der in Fäden aus Dominikas Kopf wuchs und
sich dicht und warm durch die ganze Wohnung sponn. Wenn Jadzia morgens das Bad
betrat, fühlte sie, dass sie im ganzen Flur durch die Luft schwebten, sich wie
Spinnweben auf ihrem Gesicht niederließen und um ihre Beine wanden. Was für
eine Buschmännin! Nach alter Sitte legte sich Jadzia neben ihre Tochter, um
nicht die Couch unter dem Wasserfall mit dem betrunkenen Stefan teilen zu
müssen, aber sie spürte, wie dort immer weniger Platz für sie war. Die
knochigen Knie und Ellbogen hinterließen blaue Flecken auf ihrem Körper. Der
Kindergeruch, den sie so geliebt hatte, war verschwunden, und das Dickicht auf
Dominikas Kopf strömte den Geruch von angebranntem Zucker und feuchter Streu
aus. Jadzia kannte diesen Geruch. So hatte es in der Küche ihrer Mutter Zofia
in Zalesie gerochen, wenn sie nach dem Backen für Ostern die Fenster zum Wald
öffnete. Das war die einzige Zeit, in der es fast nicht nach Essig roch.
Iwona Sledz,
die Friseuse werden wollte, sagte, Dominikas Haar sei ungeschmeidig. Andere
Frauen beurteilte sie unter dem Aspekt von Geschmeidigkeit, Farbe und Dichte
der Behaarung, selbst ihre Quälerin Magister Demon existierte für Iwona vor
allem als schwarzer Haarschopf mit Minipli. Sie sollte unbedingt einmal in der
Woche eine Packung mit Eigelb machen, es ein bisschen aufhellen! An Dominika,
die den Verlust von ein paar Handvoll Haar verschmerzen konnte, übte Iwona die
Frisuren, die sie einst in ihrem eigenen Friseursalon machen würde. Der Salon
sollte Sabrina heißen. Damenfriseursalon Sabrina auf Piaskowa Göra. Diese
bescheidene Zukunft hatte zwei Vorteile: Kaum jemand würde sie ihr neiden, und
Iwona hatte sie sich ganz alleine ausgedacht. Als Iwona ein paar Tage nach
Schulanfang Dominika einholte, die allein auf dem Heimweg war, hatte diese
nichts einzuwenden, sie zuckte nur mit den Schultern, und von da an legten sie
den Schul- und Heimweg gemeinsam zurück. Sie hatten bald festgestellt, dass sie
über eine Reihe einander ergänzender Unterschiede und Ähnlichkeiten verfügten
und sich deshalb in ihrer Durchhaltepraxis gegenseitig unterstützen konnten.
Dominika half Iwona bei den Hausaufgaben, denn seit Magister Demon ihre
Pflichten mit anderen Fachlehrern teilte und sich selbst nur auf Polnisch und
die Klassenlehrerstunde konzentrierte, zeigte sich, dass die großgewachsene
Schülerin aus der letzten Bank doch nicht hirnlos und unbegabt war. Vor allem
in Mathematik und Physik legte sie einen erstaunlichen Scharfsinn an den Tag.
Iwona wiederum, die auf dem Gebiet der Freundschaften mit
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