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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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dass
die Juden an dem ganzen Elend schuld sind, an dem Loch im Dach und dem
Kartoffelkäfer. Sie können reden wie im Fernsehen, einen im Kopf ganz
durcheinander machen wie dieser Ignacy, aber der hätte nach einiger Zeit auch
genauso ausgesehen wie die anderen Jungs aus dem Wald und nicht mehr fremd.
Die vom KukuJka machten kein Aufheben. Trafen sie einen Juden im Wald, kriegte
der einen über die Rübe, und Schluss. Hat einer was gesehen? gehört? Einen
Scheiß hat er gehört! Und wenn schon, das wird einfach geleugnet. Wird man denn
Helden wegen eines Jüdchens verurteilen? Das fehlte ja noch! Aber ihr Anführer
bestand darauf, dass keiner die Hand gegen Ignacy erhob, wer ihn angriff, den
würde er persönlich erschießen, und wenn er ihn auch seit Kindertagen kennen
mochte. Eule, so nannten sie ihn, weil er angeblich so klug war. Klug! Eher
blind wie eine Eule am Tag. Und wegen Eule wurde der Jude zu seiner, Janek Kos'
Marter, zum Grund für sein vergeudetes Leben. Als später der Jude in einem
Brief aus Amerika anfragte, hätte er ihm da etwa die Wahrheit sagen sollen,
dass Zofia noch lebt? Da kann er lange warten! Was ihn anging, Janek Kos aus
Zalesie, er hat seine feste Meinung, sie haben das alles klug eingefädelt, die
Jidden, wie dieser Ignacy. Das Ganze war so eine Verschwörung, eine jüdische,
damit sie ihren Arsch ins Trockene bringen konnten, nach Amerika, in die
BeErDe, nach Palästina, aber erst hier noch Kinder machen, Nachfahren
hinterlassen, um die ganze Welt in Besitz zu nehmen. Eine Judenflut zu
erzeugen. Polen, das doch für die Polen sein sollte und für polnische Kinder
und polnische Mütter, wollen sie verjuden. Seine Zofia verjuden, und sein Land.
Janek Kos ging weiterhin zu Zofia, doch an ihrem Anblick nährte er das kleine
schwarze Böse, das in seinem Innern entstanden war und wuchs und Ableger bildete.
Zofias Mitleid hinderte sie daran, es zu sehen, denn sie wiegte sich in dem
Irrglauben, das Böse sei immer offensichtlich und rieche nach verbranntem
Fleisch, es springe einem direkt an die Gurgel und esse nicht am Tisch saure Suppe
und lobe sie auch noch. Das Böse bringt keine Pilze in einem mit Laub
ausgelegten Korb, es sagt nicht Grüß Gott. Es wunderte sie, dass die kleine Dominika
hinter den Dahlien stand und Janek Kos aus dieser sicheren Entfernung
beobachtete und als Halbwüchsige eine Miene des Widerwillens nicht unterdrücken
konnte. Du brauchst keine Angst zu haben, er ist hässlich und stinkt, aber er
ist eine anständige Haut, erklärte sie der Enkelin, die sich nicht vor der
Narbe erschreckte, sondern vor der Tatsache, dass der Bekannte ihrer Großmutter
immer mehr wie ein Feldstein aussah, glatt und leblos.
     
    ***
     
    Haiinas
Versprechen ging nicht in Erfüllung, und Dominika wurde nicht heller an der
Sonne wie die Urgroßtante im Album der Alten aus dem Zug. Ganz im Gegenteil,
das, was an ihr golden gewesen war, verfärbte sich schwarz, Scharfes in ihren
Zügen verschärfte sich, Seltsames verseltsamte sich. Ihr Kampf mit der
Überfülle dunkler Haare hatte erst begonnen. Alle paar Tage zupfte sie mit der
Pinzette die Linie der Brauen sauber, die hartnäckig über der Nase
zusammenwuchsen, und die roten Stellen, wo sie die Härchen ausgerissen hatte,
bluteten wie Dornenstiche.
    Mit zunehmendem
Alter zeigre sie eine immer stärkere Neigung zu Geschichten, doch während
Jadzias Lieblingserzählungen von der Zukunft handelten und vor allem um
Dominika kreisten, interessierte Dominika sich für die Vergangenheit eines
jeden Dings und Lebewesens. Wo war der Baum gewachsen, aus dessen Holz ihr
Stuhl gemacht war, was für Säfte hatte er aufgesogen? War es ein guter oder
ein böser Wald, was für ein Muster bildeten die Wege darin? Auf welchen Feldern
war der Flachs für die Leinenvorhänge mit dem Opart-Muster gewachsen, was für
Winde waren darüber hinweggegangen? Lagen die Felder auf Bergen oder in der
Ebene? War der Flachs von einem traurigen oder einem glücklichen Menschen
gesät worden? Was für ein Leben lebten die Weber, die das Leinen webten? Ein
gutes mit viel Lachen, oder ein mühsames mit Einkaufsnetzen voll Kartoffeln
und Kohl? Was für ein Zusammentreffen von Umständen, Anzeichen, Zufällen und
Zwangsläufigkeiten hatte zu ihrem, Dominika Chmuras, Dasein hier auf Piaskowa
Göra geführt? Von welchem Baum ist sie ein Zweig? War unter ihren Urgroßmüttern
und Urgroßtanten eine, in der ihre Seltsamkeit zum ersten Mal so aufgekeimt
und gewachsen war, dass sie

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