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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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Worten angemessenen Niveau war, bezweifelte
sie, er brachte jedenfalls nichts dergleichen zum Ausdruck, sagte nur: Du bist vielleicht
eine durchgeknallte Nudel. Das komplizierte Besondere an Jagienka Pasiak hätte
wirklich nur Kaplan Adas verstehen können, sonst niemand. Auf dem Sofa saß
Jagienka neben ihrem Papa, und etwas brachte sie dazu, ihren Arm unter seinen
zu schieben und den Kopf an seine Brust zu legen, wo sie den Papageruch nach
Salz und Fleisch einsog. Sie schaute auf Papas Hand, die mit schwarzen Härchen
bedeckt war und aussah wie ein seltsames fünfbeiniges Tierchen, das jederzeit
aufwachen und sich zur allmonatlichen Inspektion des Zahnsteins auf ihren Mund
stürzen konnte. Sie dachte an Dominika und Kaplan Adas, gerne hätte sie das
Tierchen auf sie gehetzt. Um ihn zu erschrecken, dass ihm die Augen aufgingen,
und um sie zu beißen. Das wollte sie. Dominika, diese blöde Bohnenstange.
    Jagienka ließ
in der Schule nach, ihre Haut sah ungesund aus, sie war aufgedunsen, als
durchbreche etwas, das sie von innen aufblähte, die Schranken und ließe bittere
und gallige Bosheit aus ihren talgigen Poren treten anstatt des künstlerischen
Talents, das wahrscheinlich noch tiefer verborgen lag. Kommandant Pasiak
bestrafte sie hart für die drei neuen Vierer auf dem Halbjahrszeugnis, dazu
noch so kurz vor dem Abitur, und Jagienkas Knie waren so geschwollen, als wäre
sie darauf nach Tschenstochau und zurück gerutscht. Anstatt zu lernen, hing
Jagienka Tagträumen von Unfällen nach, bei denen Dominika umkam und Kaplan
Adas leicht verwirrt überlebte, denn das konnte ihm die Augen für seinen Irrtum
und die Erniedrigung öffnen. Sie klaute schluckweise beißenden Cognac aus der
Hausbar, und so erwärmt stellte sie sich vor, wie sie Kaplan Adas' bewusstlosen
Kopf auf den Knien halten, wie er die von ihren Tränen benetzten Augen
aufschlagen würde. So süß waren diese Träume, doch mit der Wirklichkeit hatten
sie nichts zu tun. Jagienka war es, die hinter dem Grabengel stand, als
Dominika und Kaplan Adas aneinandergelehnt saßen und sich unterhielten, während
ein grünlicher Schein wie ein Schwarm Johanniskäfer ihre Gesichter erhellte.
Sie lächelten! Sie war es, die hinter dem Auto der Lepkis hockte, als Kaplan
Adas den Babel betrat, und sie folgte ihm Schritt für Schritt über die
Terrasse, bis die geschlossene Tür des Trockenbodens sie von dem trennte, das
ihr anstatt Dominika beschieden sein sollte. Mit Edyta Kowalik und Irenka
Chloryk sauste sie in ihrem kleinen Fiat der grünen MZ hinterher, auf der sich
Dominika an Kaplan Adas' Rücken schmiegte. Adas' Namen führte sie immer im
Munde, sie spickte damit ihre Sätze, die sie an Bekannte wie Fremde richtete,
bis Zbyszek fragte: Was ist denn mit euch los, ihr dummen Nudeln, dass ihr so
in dieses schlappschwänzige Kaplänchen verliebt seid? Unter bebendem Gekicher
und mit roten Flecken der Aufregung dachte sie sich mit Edytka und Irenka alle
möglichen Szenarios aus, wie sie Dominika aus dem Weg räumen könnte, und
plantschte in seichten Bädern der Genugtuung, weil ihre Vorschläge immer am
raffiniertesten waren.
    Als sie zur
Osterbeichte in der Schlange vor Hochwürden Postroneks Beichtstuhl stand, die
wesentlich kürzer war als die für Kaplan Adas, hatte Jagienka einen plötzlichen
Einfall, der sie in die Magengrube traf. Hochwürden Postronek saß in dem
dunkelbraunen Beichtstuhl wie die Füllung in der Schokolade und döste mit
aufgestütztem Kopf, gewiegt vom Raunen der Sünden. Solange er nur aufwachte, um
die Bußaufgabe zu erteilen und im entsprechenden Moment zu klopfen, mochte der
Fluss nur fließen, den seine Gegrüßetseistdus und Vaterunser sowieso nicht
aufhalten würden. Eine Pfütze voller Dreck und Fleischfetzchen trat langsam
unter dem Beichtstuhl aus, die Beichtwilligen in der Schlange mussten die Füße
heben, um ihre Ausgehschuhe nicht zu beschmutzen, besonders Jagienka sorgte
sich um ihre neuen Pumps mit Schleife. Als sie an der Reihe war, stand die Pfütze
schon fast kniehoch, und sie musste ihren von Modesta Cwiek nach einem
Burdamuster genähten Rock schürzen. Hochwürden Postronek döste vor sich hin,
in Träume von der heiligen Urszula versunken, und meinte deshalb anfangs, er
sei noch im Traum, als ihm die Woge des Jungmädchenflüsterns ins Ohr schwappte.
Kaplan Adas? Er riss den Kopf hoch. Sein Stolz und Stellvertreter? So eine
Verleumdung! Konnte dies wahrlich die Wahrheit sein? Kaplan Adas und eine
Jungfer? Auf der

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