Bator, Joanna
Chmura sie ärgert, wie
es Magister Demon ärgert, dass sie immer nur einen Fingerbreit davon entfernt
ist, in Dominika einen Menschen zu sehen, den sie seit langem kennt und
versteht. Lauter! kreischt Magister Demon, Chmura, du Hohlkopf! Pfote her!
Pfote, Angelopoulos! Tutka, Schwachkopf, Pfote! Fürs Schwätzen und Schweigen,
für Unaufmerksamkeit und Überaufmerksamkeit, fürs Vorsagen und
Sich-Vorsagen-Lassen erteilt Magister Demon Strafen, die sie, aus einem nie
versiegenden Bestand an Ideen schöpfend, je nach Schwere des Vergehens zuweist.
Zwischen fünf und fünfzehn Schlägen mit dem Lineal auf die Pfote, die rechte,
damit man das schmerzhafte Stechen beim Schreiben fühlt. Zwischen fünf und
fünfzehn auf den Hintern mit dem hölzernen Tafellineal. Es gibt Schlagende und
solche, die immer einen auf den Hintern kriegen. Mit einem bühnenreifen Gespür
für Stimmungen zieht Magister Demon die Vorhänge vor und zwingt ein Kind, das
andere zu schlagen, das ausgestreckt auf dem Pult liegt, sie selbst behält sich
das Privileg vor, die Schläge zu zählen. Am besten ist es, ein Kind zu zwingen,
das nicht schlagen will, und dann zuzusehen, wie es am Schlagen Geschmack
findet. In der General-Swierczewski-Grundschule zerbricht man nicht nur
Lineale. So wächst die Leibgarde von Magister Demon heran. Wer zu ihr gehört,
ist immer einen Schritt voraus, während Dominika und Dimitri immer
zurückbleiben. Schon wieder pss-pss ins Ohrchen flüstern? brüllt die Frau
Lehrerin, der sie ausgeliefert sind, und ruft sie zur Exekution an die Tafel.
Die Fehler Dimitris, der die Sprachen durcheinanderwirft, sind Musik in ihren
Ohren. Angelopoulos, du Analphabet! Das Entsetzen Dominikas, die das Völkslied Hafer säten die Bauern am Berg ... anstimmen soll, aber nur ein Haaaaaa rausbekommt, ist eine Augenweide
für Magister Demon. Wahaaaaas ist los, Fräulein Chmura? Hirnlose, Trottel,
Hohlköpfe, Strohschädel. Wenn sie Aufsicht hat, lässt sie die Kinder nicht mal
in der Pause in Ruhe, sie dürfen dann nicht rennen, wie sie wollen, sondern
müssen im Flur im Kreis gehen, genauso, wie es im Waisenhaus der
Anbetungsschwestern des heiligsten Blutes Jesu üblich gewesen war. Nur dass in
der Mitte Magister Demon mit ihrem Stock steht. Wenn sie könnte, würde sie für
die Schüler ein Laufrad bauen lassen, wie man es in Hamsterkäfige stellt, dann
würde sie mit dem Stock schlagen, und das Rad würde sich immer schneller und
schneller drehen.
Leibesübungen
ist die einzige Stunde ohne Magister Demon. Sie ist zuständig für
Geistesübungen, denn sie ist Expertin für Grundlagenunterricht der ersten
Klassen und für Polnisch. Die Grundlagen sind dafür da, dass man einen guten
Start hat, alles andere wird dann schon irgendwie gehen. In LÜ dürfen die
Kinder sich austoben, und die größte Attraktion ist das Hallenbad. Das ist der
Stolz der Schule, keine andere Schule in Walbrzych hat ein solches Bad, und der
Direktor führt es allen visitierenden Parteifunktionären vor, bevor sie sich in
seinem Büro volllaufen lassen. Das Schwimmbad ist ein Beispiel für den
Fortschritt im Unterricht, der in der General-Swierczewski-Grundschule trocken
und nass durchgeführt wird. Die Schüler werden gewässert, bis sie weich sind,
dann kommen sie in die Trockenschleuder, bis ihnen die Chlordampfwolken aus den
Ohren steigen. Dominika schwimmt eine Länge nach der anderen in Richtung der
Bula-Bula-Kokosinseln. Durch die beschlagene undichte Brille sieht sie schon
ihren grünlichen Umriss, die Federbuschen der Palmen, und niemand kann sie
einholen. Dominika und Dimitri sind die besten Schwimmer in der Klasse, doch
der Waghalsigste ist Mirek Tutka. Die Kinder nennen ihn Siff und Bakterie, denn
sein Schulkittel ist nie gewaschen, sie schielen kichernd nach seinen
gelbfleckigen Unterhosen, doch er ruft: Ich bin Tutka Protzituta! und springt
ungebeten in eine andere Richtung, als er soll, denn er stellt alles Mögliche
an, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Er treibt an die Oberfläche wie eine
schlaffe Stoffpuppe und lässt sich, als er herausgezogen wird, nicht mehr in
die Senkrechte bringen, ja nicht einmal mehr hinsetzen. Nachname Tutka und
Vorname Miroslaw werden aus dem Klassenbuch gestrichen und mit ihnen auch die
vielen Fünfer, die ihm jetzt nichts mehr anhaben können; seine drei Schwestern
und zwei Brüder werden bald die unbeträchtliche Menge an Platz und Gegenständen
mit Beschlag belegen, die Mirek in dem von Familie Tutka bewohnten
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