Bator, Joanna
hängen, und nur noch der Bierbauch ragte über den Hosenbund hinaus.
Guck mal, Dziunia, und mich haben sie so reingelegt, sagte er, während er an
der Gardine stand und zuschaute, wie der glückliche Nachbar Ludwik Lepki die
aus der BeErDe mitgebrachten Schätze aus seinem zwanzigjährigen Audi lud:
Waschpulver in großen bunten Schachteln, Fünfliterflaschen mit Badezusatz, ganze
Paletten mit Fanta-, Bier- und Coca-Cola-Dosen, Milchschokolade und gefüllte
Schokolade, einen Stereoturm. Der ganze Babel guckte ihm dabei zu.
Die letzte
Hoffnung von Oberbergmann Stefan Chmura war das Toto-Lotto. Er richtete sich in
seinem Nest vor dem Fernseher ein und wartete darauf, dass der Gerechtigkeit
Genüge getan und er vom Seitengleis wieder aufs Hauptgleis kommen würde. Mit
Alkohol gut befeuchtet, geriet er in Fahrt und versprach, einen russischen Farbfernseher
zu kaufen, sobald er nur seinen Gewinn hätte. Dominika versprach er Jeans aus
dem Westen und eine Jahreskarte fürs Schwimmbad, jeden Sonntag würde er sie in
einem schönen Auto dorthin fahren, nicht mit so einem Minifiat wie Kowalik, er
würde sich in der BeErDe einen Audi Metallic besorgen, um das Benzin würde es
ihm nicht leidtun. Jadzia würde kriegen, was immer sie wollte. Sogar werktags
würden sie Schinken, Trockenwurst und Apfelsinen essen, aber sie müssten auch
etwas von dem Gewinn auf die hohe Kante legen, für später. Er erstellte Listen
auf einem Blatt Papier, wer was bekommen würde und wie viel, und verteilte die
noch nicht gewonnenen Millionen. Wie viel Schokolade willst du zum Beispiel,
fragte er seine Tochter, und du, Jadzia, wie viel Firlefänzchen Dilledänzchen?
Der Wert der Dinge, die Stefan in seiner Phantasie kaufte, wurde durch die
Freude bestimmt, die sie seinen Lieben bereiteten, und den Neid, den sie bei
anderen weckten. Durch das Geben würde er zu dem, der er sein wollte, zu einem
Onkel Franciszek, der die Gabenhand nicht zurückzog. Er saß dort bereit, im
Startloch zu Glück und Wohlstand, die Hinterbacken angespannt, um im
Augenblick des Triumphs wie aus der Schleuder geschossen hochzuschnellen und
sofort mit der Verteilung des Reichtums anzufangen, der sich aus der
Lotteriemaschine direkt auf den Esszimmertisch im Babel ergießen würde. In der
Sonntagsmesse betet Stefan um einen Fingerzeig, der ihm helfen soll, die
Glückskombination der sechs Richtigen im Lotto zu erraten. Er versucht, den
ungerührten Gott davon zu überzeugen, dass er sich nichts vergibt, wenn er ihn,
Stefan, beglückt, ganz im Gegenteil, dieser Dienst würde sich für ihn genauso
bezahlt machen wie eine Taufe, Beerdigung oder Hochzeit. Er gelobt, Geld für
den Bau einer Kirche auf Piaskowa Gora und für arme Kinder zu spenden, und
wirft auch noch die Abstinenz in die Waagschale zukünftiger Guttaten, doch die
Maschine beginnt sich zu drehen, und Kugel um Kugel raubt ihm die Hoffnung. Es
gibt keine Gerechtigkeit auf der Welt.
Wie kommt das,
Dziunia, dass einem anständigen Menschen alles schiefgeht und nur die
Schwuchteln und Jidden Karriere machen?
***
Von Piaskowa
Göra aus zogen die Familien feierlich zur Kirche. Am Tag der ersten heiligen
Kommunion ist bei einem Mädchen das Kleid wichtig, während Wetter,
aufgetischte Gerichte und Geschenke bei beiden Geschlechtern zählen.
Wigry-Klappfahrräder, Uhren und Goldkettchen mit Medaillon,
Grundig-Kassettenrecorder — nur ein paar Glückspilze bekommen die ganze Palette
der begehrtesten Gegenstände. Die weniger Glücklichen müssen sich mit einer
Plastikfigur der Muttergottes zufriedengeben, auf der eingraviert steht: Zum
Andenken an die Erstkommunion, oder mit einem rasselnden Rosenkranz samt
Kästchen, den die Oma aus Tschenstochau mitgebracht hat. Erst wenn die Oma ins
Gras beißt, gibt es ein Stück Land, das aufgeteilt werden muss. Wer zuerst ins
Haus geht, findet im Säckchen mit getrockneten Bohnen den Ring vom Opa. Und
wenn sie das alte Haus abreißen, um ein säulenverziertes Schlösschen aus
Hohlziegeln zu errichten, kommen ihnen aus den Mauern Partisanenpapiere
entgegen, die drücken sie der Tante aufs Auge, die an der Uni ist und statt
Mann und Kindern ihre Karriere hat. Was die zur Kommunion eingeladene Familie
gibt, wird gezählt, gewogen und vermerkt, und in Zukunft wird man sich bei
Tante sowie Onkel, deren Verdiensten entsprechend, revanchieren. Woher hat zum
Beispiel Oma Haiina das Geld für das deutsche Fahrrad, das sie Dominika
schenkt?
Das Geschenk
von der armen
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