BattleTech 04: Das Schwert und der Dolch
in so vielen Gefechten dabei gewesen war, hatte er das Glück gehabt, es nie zu brauchen. Kein Mech, den er gesteuert hatte, war je derart beschädigt worden, daß Ardan gezwungen gewesen wäre, ihn aufzugeben. Aber für jeden Krieger kam der Tag — wenn er lange genug lebte —, an dem er sich allein und ohne Schutz seiner Riesenmaschine auf das Schlachtfeld wagen mußte.
Ardan packte seine Sachen schnell, fast mechanisch. Er hatte diese Handgriffe schon so oft, vor so vielen Gefechten, absolviert, daß er sein Bewußtsein nicht mehr damit zu belasten brauchte. Seine Gedanken flossen in einem leichten Nebel dahin. Nicht wie im Rausch — soviel hatte er nicht getrunken — aber irgendwie losgelöst von den Problemen, die ihn in letzter Zeit so belastet und verärgert hatten.
Seine Gedanken wanderten zurück zum letzten Krieg, zum letzten Gefecht, an dem er teilgenommen hatte. Es war kein großer Konflikt gewesen. Das Draconis-Kombinat war in lyranisches Territorium eingedrungen, und einer Bündnisverpflichtung entsprechend hatte Haus Davion Truppen geschickt, die Katrina Steiner dabei halfen, die bedrohten Welten zu schützen. Ardan hatte eine Mecheinheit befehligt, die den Auftrag hatte, eine feindliche Truppenstellung auszuheben.
In seiner Erinnerung fühlte er die schwerfälligen Bewegungen seines Mechs unter sich. Er hörte den Donner seiner Geschütze und den Aufprall von Laserstrahlen und Geschossen auf der Panzerung seines Victor. Seine Männer hatten sich mit Überzeugung in die Schlacht geworfen.
Das dumpfe Krachen, mit dem die gigantischen Füße seines Mechs auf den Boden auftrafen, war ihm damals nicht bewußt geworden. Die Auswirkungen seiner Waffen auf die Umgebung hatte er nicht wahrgenommen. Nur die Folgen, die feindliche Truppen oder Mechs gefechtsunfähig machten, waren von Bedeutung für ihn gewesen.
Erst als seine Einheit die Kurita-Truppen zerschlagen hatte und die Schlacht vorüber war, hatte Ardan sich die Zeit genommen, seine Umgebung zu betrachten. Das war der schrecklichste Augenblick in all seinen Jahren als Berufssoldat gewesen. Zum ersten Mal hatte er zugelassen, daß die Wirklichkeit der Auswirkungen eines Gefechts auf das Land, in dem es tobte, in sein Bewußtsein drang. Wo vorher ein Wald gestanden hatte, in dessen Schatten ein breiter See lag, war jetzt ein zermalmtes Chaos. Das gelbgrüne Wasser des Sees war schwarz und rot gefleckt, wo Maschinen verbrannt und Menschen eines grausamen Todes gestorben waren. Die Felder der Umgebung waren zu Staub und Matsch zertrampelt. Totes Vieh lag aufgedunsen in der Sonne — und tote Menschen, Freunde wie Feinde.
Wo einst ein Steinhaus, umgeben von Obsthainen, gestanden hatte, lagen nur noch ein paar Steine, und die Obstbäume schienen nie existiert zu haben. Auf dem Weg vor der Ruine hatte ein Kind gelegen ... Die Erinnerung war schmerzhaft, aber Ardan schaffte es nicht, zu vergessen. Die Gedärme des Kindes hingen aus einer klaffenden Bauchwunde, und das Schreien war bis in die abgeschirmte Kanzel seines Mechs gedrungen. Noch während er versucht hatte, seine Einstiegsluke zu öffnen, und dem Jungen zu Hilfe zu kommen, war ein Laserstrahl aufgeblitzt und hatte das Kind in den Staub gebrannt.
Ardan würde den rauchenden geschwärzten Klumpen Fleisch zwischen den Steintrümmern und dem Dreck nie vergessen. Und genau dorthin war er wieder unterwegs.
Er drehte sich jäh um und stellte das ordentlich verschnürte Paket neben die Tür. Er wußte, daß er nie wieder sorglos in die Schlacht ziehen konnte, voller Träume von Ruhm und Abenteuer, wie es früher einmal der Fall gewesen war. Nein ... das war für immer vorbei. Jenes tote Kind in dem zerstörten Tal würde immer bei ihm sein, wohin er sich auch wandte.
War er wirklich besser als Hanse? Hanse mochte auf seine Art tückisch und hinterhältig sein. Aber Ardan wußte, daß er selbst ein Vernichter war.
7
Maximilian Liao stand am breiten Fenster und blickte hinaus über den tropischen Garten im Schutz der Mauern seines Palastes auf Sian. Wasser mit prächtigen Schwimmpflanzen, exotische Blumen und ungewöhnliche Vögel boten einen berauschenden Anblick. Liao allerdings bemerkte es kaum.
Er dachte nach, organisierte in seinen Gedanken die Kette von Aktionen, zu deren Durchführung er jetzt entschlossen war. Als er hinter sich Schritte hörte, drehte er sich um und sah Oberst Pavel Ridzik den Raum betreten. Der barsche, grauhaarige Veteran, der auf über drei Jahrzehnte der Mechkriegsführung
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