BattleTech 04: Das Schwert und der Dolch
in seiner Jugend mehrere Knochenbrüche erlitten hatte, sein Blinddarm dagegen noch an seinem Platz war. Dem echten Faillol war im Alter von 15 Jahren der Blinddarm entfernt worden, dafür hatte er sich jedoch nie auch nur einen Knochen gebrochen.
Das Rätsel dieses Doppelgängers war nie gelöst worden. Es wurde auch nie festgestellt, wer hinter dem Tausch stand, noch, wie er bewerkstelligt worden war.
Sie studierte die detaillierte Geschichte der Zeit und erfuhr, daß die Entscheidungen des falschen Herrschers zwei verschiedenen Interessen genutzt hatten. Es schien keine direkte Beteiligung dieser Interessen an der Verschwörung nachweisbar, aber es war erstaunlich, daß die beiden engsten Freunde Faillols etwa zur gleichen Zeit von der Bildfläche verschwunden waren. Einer war plötzlich so krank geworden, daß sein Geist angegriffen wurde. Er wurde zunächst in ein Krankenhaus und später in eine geschlossene Anstalt verlegt, erholte sich jedoch nicht mehr.
»Drogen«, stellte Melissa fest. »Kein Zweifel.«
Der andere wurde des Verrats beschuldigt, als gewisse Staatsgeheimnisse an die Öffentlichkeit gelangten. Der offensichtlich falsche Faillol hatte halbherzig für ihn ausgesagt und dem Unglücklichen damit mehr geschadet als genutzt. Er wurde schlußendlich schuldig gesprochen und hingerichtet. Daß ein Unschuldiger entehrt und getötet worden war, kam erst Jahre später ans Tageslicht, nach dem Tod des Doppelgängers. Der Tote war ein so enger Vertrauter des echten Esteren gewesen, daß er einen Betrüger augenblicklich entlarvt hätte.
Auch Ardan war ein enger Vertrauter seines Prinzen Hanse Davion. Konnte es einen heimtückischen Grund dafür geben, daß er gerade rechtzeitig eine plötzliche Verbesserung in seinem Zustand erlebt hatte, um jene Gestalt im Innern des Labors zu entdecken?
Im Laufe der nächsten Woche las Melissa alles, was sie auftreiben konnte. Die Romane, die historischen Berichte, sogar die Berichte über soziale Doppelgänger. All das verstärkte noch ihren ersten Eindruck, daß Doppelgänger keineswegs so selten vorkamen. Vielmehr wurden sie nur selten entlarvt. Wieviel andere hatten ihre Aufgabe mit vollem Erfolg abgewickelt, so daß der Doppelgänger unentdeckt sein Leben vollendete?
Als sie sich, soweit es ihre geistigen Kapazitäten erlaubten, in diesen Hintergrund eingearbeitet hatte, ging Melissa zu ihrer Mutter. Katrina war, wie üblich, voll mit den Angelegenheiten der Welten unter ihrer Herrschaft und ihrer Verbündeten und Feinde beschäftigt. Aber sie machte auf dem Teppich neben sich Platz, immer gerne bereit, sich Zeit für ihre Tochter zu nehmen.
»Und was hast du die ganze Woche gemacht, Liebes? Kann Ardan schon aufstehen und herumgehen?«
Melissa schüttelte den Kopf. »Beinahe. Doktor Karn sagt, morgen darf er aufstehen und sich in den Wintergarten setzen. Ich habe schon einen Stapel Bücher für ihn hinüber gebracht. Aber Ardan ist der Grund für meinen Besuch, Mutter. Ich glaube, an seiner Geschichte über den Doppelgänger Hanses, den er in der Liao- Basis gesehen hat, könnte etwas Wahres sein.«
Katrina spielte mit einer Locke ihres Haars. Ein sicheres Zeichen, daß ihr etwas unangenehm war.
»Das beweifle ich wirklich, Liebes. Die Ärzte meinen, daß die fremdartigen Infektionen, unter denen Ardan gelitten hat, auch seine geistige Stabilität angegriffen haben. Im Zusammenwirken mit den Belastungen, denen unser junger Freund ausgesetzt war, reichte das aus, ihn zumindest ein wenig aus dem mentalen Gleichgewicht zu bringen. Allerdings nur zeitweise. Das haben sie mir versichert. Nichts, was nicht durch einen langen Erholungsaufenthalt im Sommerpalast des Prinzen in Ordnung gebracht werden könnte.«
»Aber Mutter«, bestand Melissa. »Ich habe alles durchgesehen, was ich in unserem Computerarchiv über Doppelgänger und Verwechslungen finden konnte. Du würdest dich wundern, wie viele solcher Fälle es gegeben hat... und das waren natürlich nur diejenigen, die auch entdeckt wurden. Mutter, es sind noch vor vergleichsweise kurzer Zeit Herrscher durch Doppelgänger ersetzt worden, die erhebliche Auswirkungen auf das politische Geschehen hatten.« Melissa legte ihr Kinn auf Katrinas Knie. »Denk bitte einmal darüber nach. Scheint es dir nicht seltsam, daß Ardan gerade in dem Augenblick aufgewacht ist, in dem er allein war?
Und ist es etwa nicht seltsam, daß die Stimmen an einem Ende des Gangs dafür sorgten, daß er in die andere Richtung lief? Geradewegs
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