BattleTech 06: Warrior 2 - Riposte
müde. Es ist spät. Du kannst nicht mehr klar denken. Dir hat sie diese Verletzungen zu verdanken. Das gibt ihr Grund genug, dich zu hassen.
Justins Augen wurden zu Schlitzen. »Sie haben nie eine Rehabilitation durchgemacht, oder?«
»Ha!« stieß Candace hervor. »Ich war von Schwestern umgeben, die mir helfen wollten, aber diese Kriecher konnten sich nicht dazu überwinden, mich zum Arbeiten zu bringen. Beim ersten Anzeichen von Müdigkeit oder Unbehagen verschwanden sie in ihre Löcher, aus Angst, mich zu verärgern ...«
Justin hob eine Braue. »Sicher haben Sie es Ihnen nicht gerade leicht gemacht. Aber Sie hätten die Disziplin besitzen müssen, es selbst zu tun, für sich.«
Das Mondlicht flackerte mit blauem Schimmer über ihr Haar, als sie den Kopf schüttelte. »Die Gewichte und Kreisbewegungen meines Arms waren todlangweilig. Und dann wurde ich zurück nach Sian gerufen und erhielt meine jetzige Aufgabe als Regulatorin der Schatzkammer.«
Justin kicherte. »T'ai Chi könnte Ihnen die Beweglichkeit zurückgeben, und dabei ist es nicht langweilig. Es ist meditativ, und wenn man es beschleunigt, ist es eine bemerkenswerte Kampfsportart.«
Candace hob den Kopf und starrte in Justins braune Augen. »Sie werden mich unterrichten.«
Justin zögerte. »Ich bin sicher, daß es auf Sian weit bessere Lehrmeister gibt als mich, Herzogin.«
Ihre Augen blitzten im silbernen Licht. »Ich will keine Diener um mich, die Angst davor haben, mir zu sagen, daß ich mich nicht genügend anstrenge. Sie werden mich unterrichten, Justin, und Sie werden mich Candace nennen. Es gibt mehr als genug Speichellecker am Hofe, die mich mit Titeln überhäufen. Von einem MechKrieger, der sich meinen Respekt verdient hat, werde ich das nicht dulden.«
»Also gut, Candace«, erwiderte Justin mit einer leichten Verbeugung. »Wann möchten Sie anfangen?«
Candace lächelte. »Hier. Jetzt.«
Justin erwiderte ihr Lächeln. »Gut. Wir beginnen mit der Atmung.« Damit ich dir nicht nur zeigen kann, wie du deine kontrollierst, sondern gleichzeitig meine unter Kontrolle bringen kann. Jetzt kann es keinen Zweifel mehr geben, Justin. Du bist verloren. Du wußtest, daß die Aufgabe gefährlich war, als du sie angenommen hast. Aber jetzt hast du Ärger geradezu gesucht, und hast auch prompt welchen gefunden — massenweise Ärger...
ZWEITES BUCH
BEFREIUNG
12
New Syrtis
Mark Capella, Vereinigte Sonnen
27. Dezember 3027
Herzog Michael Hasek-Davion knabberte geistesabwesend am synthetischen Daumennagel seiner leblosen linken Hand. Er starrte die hölzerne Bürotür an und konzentrierte sich darauf, daß sie sich öffnete. Als nichts dergleichen geschah, schnaufte er abfällig. Wahrscheinlich ganz gut so. Wenn ich einen Weg gefunden hätte, meine Wut in eine noch unentdeckte telekinetische Begabung zu kanalisieren, würde ich die Tür vermutlich aus den Angeln reißen. Er kniff die Augen zusammen. Das ist eine Übung, die ich sehr viel lieber an seinen Gnaden, dem Botschafter, ausprobieren würde.
Michaels Haar, das er für die formellen Anlässe der Feiertage offen trug, verbarg sein Gesicht wie ein Schleier, bis er es ungeduldig über die Schultern warf. Wie konnte Liao das tun? Wie konnte er einen Angriff auf mein Volk anordnen ? Was für einen Trottel glaubt er vor sich zu haben?
Michael blickte wieder auf den Vorausbericht des Ministeriums für Geheime Untersuchungen und Operationen über den Terroranschlag in Shaoshan auf Kittery. Ein Glück, daß der Anschlag so vollkommen fehlgeschlagen ist, oder ich hätte Liao für seine Überheblichkeit bestrafen müssen.
Plötzlich versteifte Michael sich. Könnte es sein, daß die Maskirovka den Angriff ohne Genehmigung durchgeführt hat? Vermutet jemand, daß ich falsche Informationen nach Sian schicke, und der Angriff war ein nicht gerade subtile Versuch, das zu überprüfen ?
Ein Klopfen an der Tür riß Michael aus seinen Überlegungen. Einen Moment lang trug er sich mit dem Gedanken, zur Begrüßung seines Besuchers aufzustehen, aber dann entschied er sich dagegen. Nein. Ich werde die Regeln der Diplomatie brechen, um ihn wissen zu lassen, wie wütend ich bin. »Herein! Die Tür ist offen.«
Das Lächeln auf dem Gesicht des hochgewachsenen Besuchers starb einen langsamen Tod, als er durch den bogenförmigen Eingang trat. Beinahe augenblicklich begann Schweiß auf seinem kahlen Schädel zu glänzen, aber seine braunen Augen zeigten weder Furcht noch Hinterlist. Er las Michaels Stimmung mit
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