BattleTech 08: Woelfe an der Grenze
ihm mit einem kalten Blick, biß dann aber die Zähne zusammen und folgte ihnen.
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Villa Hoshon, Cerant, An Ting
Militärdistrikt Galedon, Draconis-Kombinat
2. Januar 3028
Minobu hatte seine Keramiken verpackt und durchstreifte das Haus. Jetzt brauchte er nur noch seine Kyudo Ausrüstung transportfertig zu machen. Abgesehen von den Ungelegenheiten, die mit der Vorbereitung eines Umzugs verbunden waren, war alles normal. Und doch nagte ein leichtes Unbehagen in ihm. Etwas stimmte nicht, war fehl am Platze.
Die Villa Hoshon war fast fünf Jahre lang sein Zuhause gewesen, und diese Jahre waren erfüllt gewesen. Sein ältester Sohn Ito hatte sich an der Sun Zhang-Akademie beworben und war aufgenommen worden, worüber er stolz und insgeheim erleichtert war. Seine Tochter Tomoe hatte sich von einem flegelhaften Schlaks in eine hübsche junge Dame mit ausgezeichneten Manieren verwandelt. Aus dem kleinen Kiyomasa war ein kräftiger Jugendlicher geworden, der auf dem besten Wege war, seines Vaters Größe von zwei Metern in ein paar Jahren noch zu übertreffen. Der Junge würde jedes MechCockpit eng finden.
Es waren gute Jahre gewesen, und die Villa hatte vor Wärme und Glück gestrahlt. Es hatte auch Schatten gegeben, weil sich viel zu oft berufliche Dinge eingeschlichen hatten. Die dunkelste Erinnerung, die Minobu mit dem Haus verband, war die Beinahe-Entfremdung von Tomiko nach seinem Unfall auf Barlow's End. Zuerst war sie unfähig gewesen, sich mit seinen Verletzungen abzufinden, und hatte sich geweigert, ihn anzuschauen, wenn er unbekleidet war. Und selbst wenn er bekleidet war, waren ihre Augen der schwarzen Plastikhand ausgewichen, die aus seinem Ärmel ragte. Aber selbst das war schließlich vorübergegangen, wie dies mit allen Dingen im Universum der Fall ist.
Bei Minobus letztem Urlaub von seinem Regiment auf Misery, hatte Tomiko ihren Abscheu vor seinem künstlichen Arm und Bein überwunden und war in sein Bett zurückgekehrt/ Sie hatte es zwar vermieden, die Prothesen zu berühren, aber das war verständlich. Sie hatte nicht so viel Zeit gehabt wie er, sich an ihre trockene, unnachgiebige Oberfläche zu gewöhnen.
Ihrem tränenreichen Bericht hatte Minobu entnommen, daß Marisha Dandridge viel zu Tomikos Wandlung beigetragen hatte. Der verständige Rat von Wolfs Lebensgefährtin war seiner Frau eine große Hilfe gewesen. Sie konnte nun akzeptieren, daß Minobu sich nicht verändert hatte, daß er trotz allem immer noch ihr Ehemann war. Tomiko hatte schließlich erkannt, daß der Mann, die Essenz an ihm, die sie liebte, immer noch da war.
Trotz seiner Erleichterung über die Rückkehr seiner Frau war Minobu doch durch die Ironie betroffen, die darin lag. Sie war zurückgekommen, weil sie glaubte, er wäre noch derselbe. Er wußte nur zu gut, daß er es nicht war.
Sicher, er liebte Tomiko immer noch. Ohne noch einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, konnte er ihr ihre alberne Einstellung bezüglich seiner Prothesen verzeihen. Mit einer derartigen Reaktion mußte man bei einer Frau rechnen, besonders bei einer wie Tomiko, die so viel Wert auf die äußere Erscheinung legte. Seine Liebe zu ihr war weiterhin stark, aber er war nicht mehr derselbe Mann, den sie vor sechzehn Jahren geheiratet hatte. Diese letzten fünf Jahre hatten ihn verändert.
Die Ursachen dieser Veränderung reichten zurück nach Dromini VI, wo er etwas getan hatte, das zur Enthebung von seinem Kommando geführt hatte. Minobu hatte nie verstanden, warum, aber er hatte die Entscheidüng nie in Zweifel gezogen. Es war die Pflicht eines Samurai zu gehorchen, nicht zu zweifeln. Tatsächlich war es dieser Glaube an die Pflicht gewesen, der ihn vor der Verzweiflung bewahrt hatte. Aber die Botschaften, die er erhalten hatte — zunächst seine Ablösung, dann die Beförderung — waren widersprüchlich gewesen. Und dann war eine weitere Beförderung gekommen, mit dem Bescheid verbunden, daß sie nur zum Schein erfolgte. Als er sein Kommando bei den Dragonern übernommen hatte, war Minobu ein sehr verwirrter Mensch gewesen.
Die Übernahme dieses Kommandos war ein Wendepunkt gewesen, das wußte er jetzt. Seine Verwirrung hatte sich gelegt, als ihm aufgegangen war, daß viele von seinen lange gehegten Annahmen falsch waren. Gegen alle Falschheiten und Lügen hatte er an seiner Ehre festgehalten, die ihm dabei geholfen hatte, diese Zeit durchzustehen. Die Ehre war schließlich das Fundament der Existenz eines Samurai.
Auf diesem Felsen
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