BattleTech 08: Woelfe an der Grenze
der Ehre stehend, hatte er die Bekanntschaft von Jaime Wolf gemacht, einem Mann mit dem Namen eines Raubtiers, aber mit dem Herzen eines wahrhaften Kriegers. Ein weiterer Widerspruch, aber Minobu war so neugierig gewesen, unter die Oberfläche zu schauen. Hinter dem Äußeren des unsteten Söldnercolonels hatte Minobu einen Mann gefunden, der an Ehre glaubte, und dieser Mann war sein Freund geworden. Die Freundschaft hatte sich auch auf die Art und Weise ausgewirkt, wie Minobu die Leute in Wolfs Umgebung betrachtete, auf die Art, wie er mit ihnen umging. Wann die Veränderung genau eingetreten war, wußte er nicht zu sagen, aber die Wandlung hatte selbst jetzt noch Auswirkungen auf sein Leben.
O nein, er war nicht mehr der Mann, den Tomiko geheiratet hatte.
Und doch, er war immer noch Minobu Tetsuhara, loyaler Kuritasamurai, und dies jetzt noch mehr als vor seiner Begegnung mit Jaime Wolf und seinen Dragonern. Nach der Abberufung aus dem zweiten Schwertregiment hatte Minobu seinen inneren Frieden und damit auch sein Ki verloren. Die Jahre loyalen Dienstes als VBS-Offizier und die Zuversicht, die durch die Freundschaft mit Jaime gefördert worden war, hatten ihm dabei geholfen, sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden und seine innere Kraft zu erneuern. Nach dem Unfall auf Barlow's End, aus dem er als Krüppel hervorgegangen war, hatte er es geschafft, sich auf sein Ki zu stützen und so die Prüfungen der Rekonvaleszenz innerlich unbeschadet zu überstehen. Diesmal hatte er Muga nicht verloren. Sein Frieden gab seinem Ki Nahrung, und dadurch machte er aus seinen Prothesen mehr, als die Ärzte ursprünglich für möglich hielten. Sie glaubten nicht an Ki und spotteten über seine Erklärungen, aber das änderte nichts an der Wahrheit.
Sein Ki verriet ihm, daß heute etwas hier in der Villa nicht stimmte. Es war nicht mehr als ein Gefühl des Unbehagens ... ein Gefühl der Täuschung ... Es gab keine Warnung vor einer unmittelbaren Gefahr, keinen Brennpunkt für die Beunruhigung.
Auf dem Weg in den Garten hastete ein Bediensteter an ihm vorbei, der eine umwickelte Kiste trug. Der Bedienstete war so beschäftigt mit seiner Arbeit, daß er kaum mehr als eine kurze Verbeugung seinem Herrn gegenüber andeutete. Der Umzug, dachte Minobu, wirkt sich doch sehr störend auf den Gang des alltäglichen Lebens aus.
Er kam zu dem Schluß, daß dies die Erklärung für sein Gefühl der Unruhe sein mußte. Dies war schließlich mehr als eine simple Ortsveränderung. Tomiko und die Kinder würden ihn nicht nach Misery begleiten, sondern zu ihrem Familiensitz auf Awano gehen, wo sie in Sicherheit sein würden. Bei dem gegebenen Stand der Dinge zwischen Wolfs Dragonern und Haus Kurita konnte er nicht zulassen, daß sie mit ihm nach Misery gingen. Um alle Beteiligten zu schützen, hatte Minobu selbst Tomiko ihren eigentlichen Bestimmungsort verschwiegen. Obwohl er diese Täuschung in guter Absicht vornahm, trug ihre Disharmonie mit dem Universum gewiß zu seinem unbehaglichen Gefühl bei.
Minobu ging zum Schlafzimmer. Von der Tür aus sah er Tomiko und Marisha, die geschäftig Stapel sorgfältig gefalteter Kleidungsstücke zusammenstellten. Sie packten die Kleider von einer Kiste in die andere, während sie über die beste Methode debattierten, die Garderobe zu verstauen. Ihrem Gespräch konnte Minobu entnehmen, daß Tomiko annahm, sie würde ihn nach Misery begleiten, wie es die Pflicht einer treuen Ehefrau war. Er hatte erst kurze Zeit in der Tür gestanden, als Tomiko ihn bemerkte. Sie lächelte ihm zu, aber das Lächeln verschwand, als ihr sein Gemütszustand auffiel.
»Das Packen geht nur langsam voran. Ich hoffe, wir werden noch rechtzeitig damit fertig«, sagte sie in der Annahme, dies sei der Grund für seine Unruhe. »Wann starten wir nach Misery?«
»Ich kehre morgen zum Regiment zurück.«
»Morgen! Dann müssen wir uns aber beei...« Tomiko hielt mitten im Satz inne, als ihr klar wurde, was er gesagt hatte. »Du? Wenn nur du gehst, warum hast du mich dann meine Sachen und die der Kinder packen lassen?«
»Weil ihr An Ting verlaßt.«
Tomiko und Marisha wechselten einen kurzen Blick. Nicht ein Wort fiel, aber Marisha verstand die Aufforderung auch so. Sie entschuldigte sich, um nach Tomoes Fortschritten zu schauen. Als sie gegangen war, sah Tomiko Minobu streng an. »Du hast sicher eine Erklärung dafür?«
»Ich geh allein nach Misery. Das ist keine Welt für Frauen und Kinder.« Er brachte ihre Einwände zum Verstummen,
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