BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
Medikamente oder einen Arzt dafür verlangt hätte, aber das Gericht wischte diesen Einwand vom Tisch. Ich wurde wütend und weigerte mich, der Verhandlung weiter beizuwohnen. Sie warfen mich raus, aber die Presse durfte wegen der Position meines Vaters und seiner Beziehung zum Archon nicht groß darüber berichten.« Phelan seufzte. »So. Nun kennen Sie die ganze traurige Geschichte.«
Der Präzentor Martialum nickte. »Ich habe nicht den Eindruck, daß Sie den Vorfall als Fehler werten.«
Der Söldner dachte für einen Augenblick nach, dann schüttelte er langsam den Kopf. »Es war kein Fehler, den Rettungsversuch zu unternehmen. Keinen Gedanken an einen Arzt zu verschwenden, das war einer. Wie ich einen hätte finden und mich trotzdem auf den Weg machen können, ist mir allerdings heute noch schleierhaft. Die Rettungsaktion am Siegfriedgletscher ist mein ganz persönliches >La ManchaPhelan drehte den rechteckigen Spiegel, um den ComStarBeauftragten besser zu sehen. »Aber Sie sind doch bestimmt nicht gekommen, um mehr über meine Schulzeit zu erfahren, oder?«
Der ältere Mann lächelte. »Nein. Ich komme für Khan Ulric. Er wäre selbst gekommen, aber nachdem er von Rannas Besuch vor ein paar Stunden hörte, hielt er es für besser, daß jemand aus Ihrer Kultur erklärt, was sich zwischen ihr und Vlad abgespielt hat.«
»Warum heben Sie sich das nicht für jemanden auf, den es interessiert?« fuhr Phelan ihn an.
Focht ignorierte den Angriff. »Während Ihres Aufenthalts auf Günzburg haben Sie die Sprache und Gewohnheiten der Rasalhaager doch bestimmt verwundert, nicht wahr? Sie hatten gehörige Schwierigkeiten, sich Menschen verständlich zu machen, deren Sprache der Ihren fremd war. Aber Ihr Deutsch kam ihrem Dialekt in einzelnen Fällen nahe genug, um eine gewisse Verständigung zu ermöglichen.« Er zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Ich erinnere mich, wie ich vor langer Zeit einmal auf Summer war. Die Familie Lestrade, deren Gast ich war, hatte in ihrem Haus Italienisch als Umgangssprache eingeführt. Ich wollte ein Glas kaltes Wasser, aber der Diener verstand mich nicht. Ich versuchte ihm durch Gesten Kälte zu erklären, und wiederholte einige Male >kalt<. Als ich meinte, er habe mich verstanden, ließ ich ihn gehen. Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als er mit einem dampfenden Glas heißen Wassers zurückkehrte, weil kalt auf Italienisch >freddo< heißt, und heiß >caldo<. Er dachte, ich würde Frösteln mimen, weil mir kalt sei, und wolle mein Wasser caldo.«
»Versuchen Sie mir zu erklären, daß ich Rannas sexuelle Beziehung zu Vlad mißverstanden habe? Wenn ich Ihrer heiß/kalt-Analogie folgen würde, hätte sie ihn um meinetwillen auf die Matratze geworfen.«
Der Präzentor Martialum schüttelte ungeduldig den Kopf und beugte sich vor. »Worum es mir geht, ist folgendes: Was Sie gesehen und als schweren Treuebruch interpretiert haben, ist für Ranna und andere Mitglieder der Clans kein auch nur erwähnenswerter Vorfall. Tatsache ist, daß Ihre Reaktion für diese Leute hart an der Grenze zu krankhaftem Verfolgungswahn liegt. Wenn ich nicht mit dem Khan gesprochen hätte, wären Sie wahrscheinlich bereits in Chemotherapie.«
Je länger der Präzentor Martialum sprach, desto verschwommener wurden Phelans Gedanken. »Ich habe Sensorausfall und Sichtweite Null. Sie hören sich an, als hätte ihr Beischlaf mit Vlad nicht mehr Bedeutung als ein Schulterklopfen.«
Wieder schüttelte der Präzentor den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Intimer körperlicher Kontakt ist ein Zeichen von Zuneigung . . .«
»Das ist Ihr erster Satz, dem ich folgen kann ...«
»Aber in dieser Gesellschaft ist er nicht mit so enormem emotionalen Ballast versehen wie bei uns.« Focht feuchtete die Lippen an. »Die Clans sind eine fremde Gesellschaftsform, Phelan. Häufig frage ich mich, ob sie überhaupt menschlich sind. Für sie ist es nur ein ganz normaler Ausdruck von Freundschaft, daß Ranna mit Vlad geschlafen hat.«
Der Söldner zog die Brauen zusammen. »Das hört sich an, als gäbe es bei den Clans gar keine Liebe.«
»Doch, die gibt es, aber nicht so, wie wir sie kennen und erfahren - zumindest nicht in der Kriegerkaste. Für sie ist Esprit de Corps - in einer weit stärkeren Form als wir ihn kennen - die Entsprechung zur Liebe in unserer Gesellschaft. Was wir als >Liebe< bezeichnen, gibt es anscheinend auch, aber es ist die Ausnahme, nicht die
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