BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
abschätzte, und die Muskeln seines halbnackten Körpers studierte wie ein Raubtier, das überlegte, ob eine Beute die Anstrengung des Tötens wert war. Dann fuhr sie fort, den langen, roten Zopf zu flechten, der von ihrem Hinterkopf über die Schultern hing. Wenn wir nie aufeinandertreffen, werde ich der verpaßten Gelegenheit keine Träne nachweinen. Woher nehmen sie die Mechs, in die jemand wie sie hineinpaßt?
Der Phelan am nächsten stehende Mann wirkte nicht minder seltsam. Zusammen mit der Amazone hatte er genug Masse für drei normale Menschen. Eine gelbe Haarmähne bedeckte seinen großen Kopf, aber sein nackter Körper schien viel zu klein. Trotzdem deuteten die gut ausgebildeten Muskeln auf eine Kraft hin, die man bei einem Menschen seiner Größe nicht vermutet hätte. Der Mann wandte sich nicht zu Phelan um, sondern betrachtete ihn mit vorstehenden grünen Augen im Spiegel.
Als Phelan dem Blick der dritten Person begegnete, hatte er das Gefühl, den Finger in eine Steckdose geschoben zu haben. In den dunklen Augen stand der blanke Haß. Was, zum Teufel, hat der denn? Der Mann trug ein loses, blaues Hemd, und Phelan schätzte, daß sie etwa gleichgroß waren. Unser Haar hat dieselbe Farbe, aber sein Haaransatz läuft spitz zu. Abgesehen davon und von seinen braunen Augen könnten wir fast Brüder sein.
Der mittlere Mann wandte seinen lodernden Blick Phelans Begleiterin zu. »Schaff ihn hier raus! Bring ihn runter in die Scheerpferche!«
Sie schüttelte den Kopf. »Neg. Ich bringe ihn zum Khan, und dafür muß er gesäubert werden.« Die Amazone blickte herüber. »Aber hier, Ranna?«
Ranna fuhr sich mit schlanken Fingern durch das schneeweiße Haar. »Ja, Evantha, hier. Er muß von den anderen isoliert bleiben.« Sie warf Phelan einen kurzen Blick zu. »Ihr erwartet ja wohl nicht von mir, daß ich ihn zum Säubern mit in meine Kabine nehme, franeg?«
»Natürlich nicht, Sterncommander«, spottete der mittlere Mann. »Du hättest ihn in die Küche bringen sollen. Da gibt es Becken zum Gemüseputzen.« Die Haut um seine braunen Augen spannte sich. »Tu, was du willst. Mir ist es egal. Ich bin fertig.«
Etwas in der Stimme des Mannes kam Phelan bekannt vor, aber er konnte nicht genau sagen, was. Als der Mann sein dunkelblaues Hemd in die Hose stopfte, bemerkte Phelan ein silbernes Funkeln an seiner Taille, und Zorn brandete in ihm auf. »He, das ist meine Gürtelschnalle!« Der Söldner griff nach dem Wolfskopf aus Onyx und Malachit, den Tyra für ihn angefertigt hatte.
Phelan sah keinen der Schläge, aber er hörte und fühlte sie. Der erste Schlag traf ihn oberhalb der linken Schläfe. Er riß seinen Kopf herum und schickte ihn zu Boden. Ein linker Haken knallte in seine Magengrube, ließ ihn vornüber klappen und nahm ihm den Atem. Seine Beine gaben nach wie die einer Stoffpuppe. Der letzte Hammerschlag traf sein linkes Ohr und schleuderte ihn gegen eine graue Spindreihe. Phelan schlug hart auf und rutschte zu Boden.
»Vlad!«
In seinen Ohren klingelte es so laut, daß Phelan kaum hören konnte, wie Ranna den Namen rief, aber er fühlte den drohenden Schatten über sich zurückweichen. Die Welt um ihn herum drehte sich, und seine Lungen brannten vor Sauerstoffmangel. Er versuchte zu atmen, aber seine Lungen versagten ihm den Dienst. Er verstand, warum er in seinem Zustand nicht atmen konnte, aber diese intellektuelle Einsicht half ihm nicht im geringsten gegen die aufkommende Panik. Luft! Ich brauche Luft!
Der kleine blonde Mann kniete sich neben ihn und rollte ihn auf den Rücken. Er packte den Gurt von Phelans Shorts und hob ihn hoch. Dadurch krümmte er Phelans Rücken und gestattete kostbarer Luft, in seine Lungen zu strömen. Er hob und senkte die Hüfte des Söldners gleichmäßig weiter, während er zu dessen Angreifer aufsah.
Vlad schien jeden Moment Feuer und Schwefel speien zu wollen. »Sieh mich nicht so an, Carew!« Er wandte sich zu Phelans Begleiterin um. »Und du auch nicht, Ranna. Ich lasse mich nicht von einem Scheißer auf solche Weise anreden, und ich lasse auch nicht zu, daß mich seinesgleichen anfaßt. Diese Schnalle gehört mir!« Er stieß einen Finger in Phelans Richtung. »Er war mein Opfer, und ich hatte das Recht, die Schnalle zu nehmen. Das ist das Mindeste, was mir zusteht, nachdem der Khan sich derart ungewohnt verhalten hat.«
Ranna schob das Kinn vor. »Du vergißt dich, Vlad. Der Khan hat sein Recht auf das, was seine Leute gewinnen, selten in Anspruch
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