BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
Gegenüber.
Eine Hand knallte auf seinen Unterarm und betäubte ihn. Dann legte sie sich um seinen Daumen und öffnete mit der Leichtigkeit eines Kindes, das eine Naranji schält, seine Finger. Ich kann meinen Körper vielleicht wieder kontrollieren, dachte Phelan, aber ich habe noch keine Kraft. Er öffnete beide Hände und ließ die Arme auf das Bett sinken.
»Eine weise Entscheidung.« Es war die Stimme einer Frau, aber irgendwie überraschte ihn das nicht. Ihre Stimme war rauchig, aber ebenso emotionslos und nüchtern wie die Reaktion auf seinen Angriff.
Sie hob seine rechte Hand an der Schnur um das Handgelenk und legte sie auf seine Augen. »Ich werde das Licht langsam heller drehen. Halten Sie Ihre Augen bedeckt; die Droge, die ich Ihnen injiziert habe, weitet die Pupillen etwas.«
Das Licht verwandelte die Decke von einer unendlichen schwarzen Ebene durch Stufen von Grau und Gelb in ein leuchtendes Weiß, das alle Ecken der kleinen Zelle erfüllte. Phelan schirmte die Augen ab, sog dabei aber gierig jede Einzelheit seiner Umgebung ein, sobald das Licht sie sichtbar machte. Seine zerlumpte Pritsche füllte den Raum fast ganz aus. Die Toilette gegenüber der Luke war in der für die Verwendung unter Schwerelosigkeit typischen Bauart gehalten. Das heißt, ich bin noch immer auf einem Landungsschiff. In der Ecke neben der Luke sah Phelan eine zusammengeknüllte graue Wolldecke, und die Schmerzen in seinem Rücken brachten Erinnerungen an mehr als eine Nacht zurück, die er wie ein Kind mit ihr zusammengerollt verbracht hatte.
Phelan sah zu der Frau empor, dreht sich herum, um sie richtig in Beziehung zu seiner Zelle setzen zu können. Einen Augenblick lang hatte er Schwierigkeiten damit, die schlanke Schönheit über sich mit dem stämmigen Abbild in Einklang zu bringen, das er sich auf Grund ihrer Stärke von ihr gemacht hatte. Sie trug das weiße Haar sehr kurz und hinter die Ohren gekämmt. Ihre Miene war ernst, aber ihr Stupsnäschen gab dem Gesicht ein seltsam amüsiertes Aussehen.
Sie trug einen Raumflottenoverall und keinerlei Schmuck, abgesehen von einem einzelnen Ohrring auf der linken Seite. Der sternförmige Anhänger war blutrot emailliert. Vier der acht Sternzacken waren vergrößert, und der südlichste war nahezu viermal so lang wie die anderen, was dem Ganzen eine dolchartige Form verlieh. Als sie sich zur Tür bewegte, bemerkte Phelan, daß die Schulterklappe ihrer Uniform dasselbe Emblem trug.
Sie befestigte die Fernbedienung der Beleuchtungsanlage an der Hüfttasche des Overalls und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hätte es mir denken können.«
Phelan schwang die Beine über den Rand des Bettes und setzte sich auf. Eine neue Woge der Übelkeit schlug über ihm zusammen, und er packte die Pritschenkante, um nicht vornüber zu kippen. Er schüttelte den Kopf, um klarer zu werden, aber das erhöhte sein Unbehagen nur noch. Er konnte nichts tun, als abzuwarten, bis das Schwindelgefühl abebbte. Als es endlich soweit war, drehte er vorsichtig den Kopf in ihre Richtung.
»Was hätten Sie sich denken können?« Das heisere Krächzen seiner Stimme überraschte ihn. Was hab' ich angestellt
- mit Rasierklingen gegurgelt? Er schauderte, als die Erinnerung an die furchtbaren Halluzinationen an die Oberfläche seines Bewußtseins trieb. Ich muß stundenlang geschrien haben ...
Verärgerung spielte über ihr Gesicht. »So kann ich Sie nicht zum Khan bringen. Sie müssen erst einmal präsentabel werden.« Sie runzelte die Stirn. »Eigentlich sollte ich Sie hinunter zu den anderen Leibeigenen bringen, aber Sie müssen in Isolation bleiben. Gelobt sei der Khan, aber warum mußte er mir ausgerechnet das auftragen?« Sie rümpfte die Nase, dann schien sie eine Entscheidung zu treffen. »Den anderen wird es zwar nicht gefallen, aber das ist deren Problem, franeg? Gehen wir!«
Phelan stand unsicher auf, dann stürzte er hinüber zur gegenüberliegenden Zellenwand. Das kühle Metall an seinem Rücken fühlte sich gut an und half ihm, die Übelkeit zu unterdrücken. Er legte beide Hände dagegen und hebelte sich frei. »Wo bin ich? Wer sind Sie? Wohin, zum Teufel, bringen Sie mich?« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich will Antworten, oder wir gehen nirgendwohin.«
Sie hob überrascht eine Braue, und ihre Mundwinkel bewegten sich amüsiert nach oben. »Es liegt am Khan, Ihre Fragen zu beantworten, falls er den Wunsch dazu verspürt, Phelan Kell. Sie müssen zu ihm, und meine
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