BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
Mitleid schwenkte der Infanterist sein Lasergewehr herum und betätigte den Abzug. Die Lichtimpulse bohrten sich in den Körper des Mönchs und schleuderten ihn nach hinten. Als er schließlich liegenblieb, war sein Kopf nur noch ein schwarzer Klumpen.
Die Nebelparder drehten sich um und marschierten fort, als wäre nichts geschehen. Shin ließ Motochika los, der kraftlos auf das Fensterbrett fiel, und kroch zurück zur Falltür. »Wäre ich wie du, Motochika, würde ich dich erschießen. Aber es ist nicht an mir, die Autorität des Alten Mannes in Frage zu stellen. Ich gehe jetzt zu ihm, um sein Urteil zu hören. Wenn du der Mann bist, für den du dich ausgibst, wirst du mir folgen.«
Tief unter den Straßen Edos hielt der Alte Mann in einem staubigen, nur trübe beleuchteten Zimmer Hof. Obwohl er klein und von grotesker Magerkeit war, ging der Eindruck großer Macht von ihm aus. Er starrte den knienden Motochika ohne Gnade an, dann hob er seinen Blick weit genug, um die gesamte Zuschauerschaft Anteil an seinem Mißfallen haben zu lassen. In seiner Position neben dem Alten Mann fühlte Shin sich von dessen Zorn ausgenommen, aber von den übrigen Yakuza gingen Scham und Erniedrigung aus.
»So, Motochika Azushi«, spie der Alte Mann, »du findest, du weißt am besten, was in diesem Krieg gegen die Nebelparder zu tun ist? Du hast eine Erleuchtung gehabt, die dir Weisheit über deine Jahre hinaus verleiht? Du hast meine Gedanken ergründet und bist zu der Überzeugung gekommen, die perfekte Strategie entwickelt zu haben? Du meinst, ich bin ein seniler alter Narr, der von nichts eine Ahnung hat? Und deshalb legst du eine Bombe, die mehr Leute unseres Volkes als Feinde tötet, und gestattest einem unschuldigen Mönch, für dein Handeln zu büßen? Hast du noch weniger Stolz als Gehirn?«
Der Alte Mann zog ein Messer aus dem Ärmel seines schwarzen Seidenkimonos und warf es dem vor ihm knienden Verbrecher zu. »Hier.«
Motochika sah auf, und Panik grub tiefe Schreckensfurchen in sein Gesicht. »Hara-kiri?«
Der Alte Mann schüttelte verächtlich den Kopf. »Wenn ich von dir verlangt hätte, daß du dir den Bauch aufschlitzt, hätte ich das Messer vorher an den Steinen stumpf gemacht. Nein. Beweise mir deine Reue.«
Motochika nahm das Messer in die rechte Hand. Er ballte die linke Faust, hielt den kleinen Finger jedoch ausgestreckt. Diese Hand preßte er auf den Steinfußboden, dann legte er die Schneide des Messers auf das oberste Gelenk. Er sah auf.
Die Augen des Alten Mannes wurden zu Schlitzen. »Du hast den Tod Unschuldiger verursacht.«
Motochika bewegte das Messer zum zweiten Gelenk. Mit erhobenem Haupt zog er das Messer durch das Fleisch, dann beugte er die Faust und brach den verletzten Teil des Fingers ab. Shin fühlte sich, als hätte er einen Schlag in die Magengrube erhalten, und einige der jüngeren Yakuza-Rekruten mußten sich abwenden, aber Motochika sagte keinen Ton. Er preßte die verstümmelte Hand an die Brust und reichte dem Alten Mann den abgetrennten Finger und das blutige Messer. »Verzeiht mir, Oyabun. Ich werde Euch kein zweitesmal enttäuschen.«
Der Alte Mann nickte, dann sah er zu den anderen auf.
»Viele von euch haben angenommen, ich würde nichts unternehmen, um den Nebelpardern zu schaden, aber ihr seid im Irrtum. Ich hatte andere, wichtigere Sorgen, und ich brauchte lange Zeit, um mir über einen Lösungsweg klar zu werden.« Er blickte zu Shin hinüber. »Wie ihr von unserem Mitstreiter Yodama wißt, geriet Hohiro Kurita im Verlauf der Kämpfe auf die Verlustliste, aber wir haben keinen Hinweis auf seinen Tod gefunden. Die Nebelkatzen haben ihn in ihrem Gefängnis. Wir werden ihn herausholen und dem Koordinator zurückbringen. «
»Irgend jemand in der Menge keuchte: »Aber das ist unmöglich. Sie halten ihre Gefangenen in Kurushiiyama. Schon als es von der ISA kontrolliert wurde, ist niemandem die Flucht gelungen, und die Katzen haben die Bewachung noch verschärft.
Wir werden bei dem Versuch sterben.«
Shin sah viele andere zustimmend nickend.
Dieses Gefängnis - Kurushiiyama - ist selbst auf Marfik eine Legende. Berg der Schmerzen ist ein passender Name. Nach dem, was ich beim Kampf gegen die Katzen gesehen habe, ist es höchst unwahrscheinlich, daß wir jemanden herausholen können, den sie drinnen behalten wollen. Aber andererseits hatte Shin kein Bedürfnis, sich gegen den Alten Mann zu stellen.
»Wieso bin ich von Kindern umgeben?« fragte der Oyabun angewidert. »Erinnert ihr euch
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