BattleTech 10: Blut der Kerensky 1 - Tödliches Erbe
quiekte etwas. Sie drehte sich halb um, streckte den Arm aus und gab leise Locklaute von sich. »Du brauchst keine Angst zu haben, Jehu.« Eine dunkle Kreatur huschte den Arm empor und setzte sich auf ihre Schulter.
Phelan blinzelte zweimal und deutete mit der linken Hand. »Was, zum Teufel, ist das?«
Bevor Ranna antworten konnte, sprang die Kreatur von ihrer Schulter und breitete die fledermausartigen Flügel aus. Die pelzige Gestalt flog geradewegs auf Phelan zu, und ihr langer Schwanz peitschte durch die Luft, um den Flug zu stabilisieren. Das Wesen tauchte ab, schoß dann aber empor und landete auf Phelans Unterarm, wo es seinen Greifschwanz um das Handgelenk des Söldners schlang. Er flatterte zweimal mit den Flügeln, um das Gleichgewicht zu halten, während Phelan sich auf sein Gewicht einstellte, dann löste es den Griff seines Schwanzes und marschierte zur Schulter empor.
Gesicht, Unterkörper und Schwanz machten den Eindruck eines kleinen Affen, aber die Flügel kennzeichneten es deutlich als Mitglied einer ganz anderen Familie von Lebewesen. Es zwitscherte melodisch auf Phelans Schulter und legte sanft den Schwanz um dessen Hals, wie ein alter Freund, der den Arm um die Schultern des Kell Hound legte. Rote und weiße Streifen im Gesichtsfell gaben der Kreatur ein komisch wildes Aussehen.
Ranna starrte ihn an. »Das ist unglaublich. Jehu mag keine Fremden. Was hast du gemacht?«
Phelan zuckte vorsichtig die Achseln, um Jehu nicht zu stören. »Keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, was Jehu ist. Deswegen kann ich mir auch nicht vorstellen, wie ich ihn dazu inspiriert haben könnte.«
»Sie«, korrigierte Ranna. »Jehu ist eine Surat. Sie stammen von einer der Welten jenseits der Peripherie. Sie sind intelligent und sehr zahm, was sie zwei Stufen über die meisten Lebensformen der Peripherie stellt.«
»He, Vorsicht. Mich habt ihr auch in der Peripherie aufgelesen.«
Ranna neigte die weiße Mähne. »Anwesende natürlich ausgenommen. Schließlich mag Jehu dich, womit deine Lebensform eindeutig als überlegen ausgewiesen ist.« Sie schaute die Surat an. »Jehu, geh ins Bett. Essen später.«
Jehu breitete die Flügel aus und drückte sich an Phelans Kopf, ein Erlebnis, das ihm vorkam, als drücke er die Nase in einen nach Moschus duftenden Pullover. Dann schwang sie sich empor. Ranna drehte sich zur Seite und machte den Weg frei, als Jehu den rechten Flügel hochzog und senkrecht durch die Türöffnung glitt. Ranna lächelte hinter ihr her, dann schob sie Phelan hinaus auf den Flur. »Jehu ist mein einziger Luxus.«
Als sie den Turbolift erreichten, betätigte Phelan den Rufknopf. »Ja, Haustiere sind etwas ganz Besonderes.«
»Hast du eins, frapos?«
Der Söldner schüttelte den Kopf. »Ich hatte eins. Einen Hund namens Grinser. Ein Mischling mit einem Teil Wolfsblut. Ich habe ihn Grinser genannt, weil er ständig den Mund etwas geöffnet hatte, in einer Art hämischem Grinsen, das jederzeit in ein Bellen, Knurren oder eine Liebkosung mit seiner dicken, feuchten Zunge umschlagen konnte.« Phelan lächelte, aber in seine Augen war ein Ausdruck von Trauer getreten.
Ranna folgte ihm in den Lift, dann legte sie eine Hand auf seinen Unterarm. »Was ist aus ihm geworden?«
»Er ist gestorben.« Phelan schluckte, wollte den Kloß in seinem Hals loswerden. »Wir waren in der Liga Freier Welten stationiert, dicht an der Grenze zur Konföderation Capella. Kanzlerin Romano Liao hatte einen Maskirovka-Attentäter geschickt, um Dan Allard - er war damals Major - und seine Familie umzubringen. Dan ist Romanos Schwager, und diese Hexe hatte sich entschlossen, seine ganze Familie auszulöschen, nur um es Justin Allard heimzuzahlen, Dans Bruder und der Mann ihrer Schwester Candace. Der Attentäter irrte sich im Haus und hielt mich für eines von Dans Kindern. Grinser warf sich auf ihn wie ein Schatten. Er knurrte nicht, bellte nicht, er sprang nur und warf ihn um. Ich wachte auf, als sie gegen meinen Nachttisch prallten und ich das Vibromesser hörte, aber da war schon alles vorbei. Grinser riß dem Attentäter die Kehle heraus, aber er hat meinen Hund aufgeschlitzt.« Phelan rieb mit beiden Händen über die Brustpartie seines Overalls. »Er hat nicht einmal gewinselt. Er hat bloß gegrinst, mit seinen großen, blutigen Zähnen, bis er tot war.«
Ranna nahm Phelans Linke in beide Hände und preßte sie. »Ich teile deinen Schmerz. Ich . ..« Sie schaute in seine grünen Augen und zögerte, dann senkte sie den Blick wieder.
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