BattleTech 13: Jade Phoenix-Trilogie I - Clankrieger
gerade genug, um eine dünne Blutspur zu hinterlassen.
Jetzt waren sie beide außer Balance. Ihr Stand war so unsicher, daß sie wie schlechte Tänzer bei einer Dorffeier wirkten. Aber Aidan hatte einen Vorteil – seine Wut. Dem Jungen fehlte die für Wahrgeborene so charakteristische Verbissenheit. Er wollte nur gewinnen. Aidan wollte töten.
Er ignorierte den Schmerz der Schnittwunde, trat auf den Jungen zu und riß das Metallrohr hoch. Er traf ihn seitlich an der Stirn, schwer genug, um ihn zu benebeln. Der Junge stolperte vor, versuchte seine Waffe einzusetzen, aber er schien unfähig, seine Gliedmaßen zu koordinieren. Sein Arm pendelte umher wie der einer Stoffpuppe. Er wirkte geradezu lächerlich.
Aidan packte den Waffenarm des Jungen, riß ihn an den Mund, biß hinein, schmeckte Blut und fetzte Haut ab. Seine Taktik funktionierte. Der Junge ließ das Messer fallen. Einen kurzen Augenblick lang trug Aidan sich mit dem Gedanken, es aufzuheben und den Freigeborenen zu erstechen, aber er hielt nichts von Messern, schon gar nicht, wenn sie vom Eeind gemacht waren. Er warf auch das Rohr beiseite. Er wollte den Freigeborenen mit bloßen Händen zerreißen, ohne irgendeine Waffe. In seinen Gedanken tanzten Bilder von Skeletten und Gedärmen.
Er schaffte es nur, den Kopf des Freigeborenen auf den Boden zu schlagen, immer wieder, bis in den offenen Augen des Jungen kein Schimmer von Bewußtsein zurückblieb. Plötzlich tauchten Ausbilder aus den seltsamsten Verstecken auf, aus falschen Baumstämmen und künstlichen Hügeln. Die Analytiker der Übung landeten in einem kleinen Hubschrauber. Vier Offiziere waren nötig, um Aidan von dem Freigeborenen zu lösen, und drei weitere, um ihn aus seinem Blutrausch zu holen. Bis sie das geschafft hatten, war der Junge wieder bei vollem Bewußtsein und starrte ihn mit haßerfüllten Augen an. Bevor sie ihn davonschleppten, konnte er noch murmeln: »Du hast mich nicht beeindruckt, Müllgeburt.« Die gemeine Beleidigung war genug, um Aidans Zorn neu aufflammen zu lassen, aber die Offiziere waren zur Stelle, um ihn festzuhalten.
Die Wut brach wieder aus, als die Entscheidung der Bewertungsoffiziere bekanntgegeben wurde. Aidan wurde der Sieg zugesprochen, aber nur, weil er seinen Gegner fast umgebracht hatte. Der Sieg war nicht eindeutig, denn er hatte Punkte verloren, weil er seinen Feind nicht erledigt, sondern ihm gestattet hatte, eine Bündelladung an seinem Mech anzubringen. Durch seine heldenhafte Beseitigung der Bündelladung hatte er Punkte zurückgewonnen, aber das wurde durch den Sturz der Mechhülle wieder negiert. Alles in allem lag Aidans Bewertung unter allen anderen seiner Geschko. Der Offizier, der den Bericht mit beißender Stimme vorlas, stellte fest, daß die Mechhülle bis auf wenige Einzelteile nicht mehr zu reparieren war und auf dem Schrotthaufen landen würde. Wohl damit der kleine Freigeburtbastard sich ein neues Messer daraus basteln konnte, dachte Aidan bitter.
Joanna machte es ihm kein bißchen leichter als die Bewertungsoffiziere. »Du bist stark, du bist beweglich, du bist schlau, du bist sogar intelligent, aber du bist langsam. Ich kann dich nur dafür loben, daß du dich mir widersetzt hast. Ich wollte deinen Mech gerade für ›explodiert‹ erklären, als du deine Schlußstrategie zum Einsatz gebracht hast. Ich habe deinen Zorn bewundert, aber wirklich skrupellos warst du nur ganz zum Schluß. Du hättest verlieren müssen. Irgendwann wirst du verlieren. Bereite dich auf ein Leben in einer anderen Kaste vor. Ich kann in deinen Augen sehen, daß du voller Wut steckst. Komm ins Bett. Tobe deine Wut an mir aus. Ich werde meine an dir austoben.«
»Was für eine Wut ist das?« (Er sprach seit einigen Monaten mit ihr, wenn sie allein waren.) »Du warst bloß Beobachterin heute. Was für eine Wut kannst du fühlen?«
»Nestling, meine Wut verläßt mich nie.« Auf eine seltsame Art geschah genau das, was sie gefordert hatte. Die Wut verließ ihn, als er sich mit Joanna auf eine Weise paarte, die stark an einen Kampf erinnerte. Hinterher jedoch hielt sie ihn auf ungewohnte Art im Arm. Aidan verstand nicht, warum ihn das beruhigte, aber das tat es.
8
Falknercommander Ter Roshak hatte seit seiner Kadettenzeit auf Ironhold ein Tagebuch geführt.
Es gibt Zeiten der Müdigkeit, so schrieb er jetzt, in denen mein Gehirn seine Funktion einzustellen scheint, und die Langeweile dieses Ausbildungslagers durch die Ritzen dringt, um die Leere auszufüllen.
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