BattleTech 13: Jade Phoenix-Trilogie I - Clankrieger
zielte. Zu seiner Überraschung zitterte seine Hand so sehr, daß er die Laserpistole mit der anderen ruhig halten mußte. Er hatte keinerlei Erregung gefühlt, aber das Zittern beunruhigte ihn nicht. Joanna hatte einmal erwähnt, daß bei einem Krieger allzu ruhige Nerven häufig zu einem Zustand teilweiser Betäubung führen konnten. Die unruhige Bewegung des Pistolenlaufes warf in ihm erneut die Frage auf, ob es wirklich klug gewesen war, eine so leichte Waffe zu wählen. Das Reichweitenopfer war umsonst gewesen, wenn seine Hand in ausreichender Nähe zu stark zitterte. Er brachte die Pistole wieder unter Kontrolle und zog vorsichtig den Abzug durch. Eine leichte Vibration in seiner Hand bestätigte den Schuß.
Die Heckenschützin fiel nach vorne. Soweit Aidan sagen konnte, hatte er sie direkt hinter dem Ohr getroffen. Sie fiel auf den Ast, der in heftige Schwankungen geriet, bevor sie hinab auf den Boden stürzte. Aidan wartete eine Minute, um sicherzugehen, daß keine anderen Freigeborenen auftauchten, um nach ihrer Kameradin zu sehen. Als er sich vergewissert hatte, daß niemand kam, robbte er zu der am Boden liegenden Schützin hinüber. Die Pistole hielt er dabei für alle Fälle im Anschlag.
Aber sie täuschte nichts vor. Sie war tot. Er blickte hinab auf die noch immer besorgte Miene ihres schmalen, vogelähnlichen Gesichts, und fragte sich, warum Ter Roshak, der immer so besorgt darum war, alles aufzuheben und wiederzuverwerten, während des Tests Menschenleben riskierte. Vielleicht diente es dazu, die Krieger, die aus einem erfolgreichen Test kamen, zu schärfen, was das Opfer gerechtfertigt hätte. Aber dennoch, war es den Tod dieser jungen Frau wert?
Es kostete ihn Mühe, aber Aidan mußte seinen Geist von solchen Überlegungen frei machen. Diese Tendenz, über Ereignisse nachzusinnen, war ohne Wert, ganz besonders zu einem so wichtigen Zeitpunkt wie seinem Test. Die tote Heckenschützin war schließlich nur eine Freigeborene. Was kümmerte ihn, was aus einer Freigeburt wurde?
Er durchsuchte die Leiche, fand aber nichts von Wert. Er war versucht, ihr Gewehr an sich zu nehmen, aber er entschied sich dagegen. Er würde bei seiner Pistole bleiben. Bis jetzt hatte sie ihm gute Dienste geleistet.
Durch das Zwischenspiel mit der Heckenschützin hatte er sein Richtungsgefühl verloren und mußte den Kompaß einsetzen, um den Weg wieder zu finden. Er bewegte sich langsam und immer auf der Hut vor einem erneuten Angriff. Als er vor sich Licht sah, glaubte er, das Ende des Waldes erreicht zu haben.
Zu seiner Rechten bemerkte er das kaum hörbare Zischen von Laserfeuer. Er bewegte sich darauf zu und sah plötzlich drei.Freigeborene, allesamt mit dem Rücken zu ihm, die unablässig feuerten. Sie hatten Marthe in der Falle. Diese hockte ohne einen Schuß abzugeben hinter einem Baum an der Lichtung, über die sie mußten, um die Mechs zu erreichen. Offensichtlich wartete sie darauf, daß die Angreifer die Ladung ihrer Waffen verschwendeten.
Er hätte weitergehen können, seinen Mech eher erreicht und eine vorteilhaftere Position erlangt. Aber es ging um Marthe. Sie waren zusammen groß geworden, und da existierte noch immer ein (wenn auch ruhender) Rest von Loyalität. Außerdem hatte Ter Roshak betont, daß sie als Einheit agieren sollten.
Also brachte er die drei Freigeborenen mit drei schnellen Schüssen um. Sie fielen beinahe gleichzeitig. Er trat aus der Deckung und blieb über ihnen stehen. Dann sah er hinüber zu Marthe. Sie war ein paar Schritte hinaus auf die Lichtung getreten. Sie starrten einander eine Weile wortlos an, und alles, was Aidan auf ihrem Gesicht sah, war bitterer Groll.
19
Die wenigsten Testteilnehmer sind so effizient wie Kadett Aidan, wenn es darum geht, in der ersten Phase freigeborene Gegner auszuschalten, schrieb Ter Roshak. Er hat fünf Abschüsse geschafft, mehr als jeder andere Kadett zuvor. Seine Leistung war sogar besser als alle seine Schießstandergebnisse. Aber so etwas kommt vor. Die Fähigkeiten vieler MechKrieger zeigen sich am besten im tatsächlichen Gefecht.
Manchmal wird mir Verschwendung vorgeworfen – wohl der schlimmste Makel, den es in den Akten eines Clan-Ausbildungskommandeurs geben kann – , weil ich bereit bin, bei Testmanövern Freigeborene zu riskieren. Warum benutze ich keine realistischen Zielscheiben, fragen meine Ankläger, so wie sie es tun? Eine Zielscheibe, die plötzlich aus dem Boden auftaucht, hat denselben Effekt auf die Wachsamkeit eines Kadetten
Weitere Kostenlose Bücher