BattleTech 13: Jade Phoenix-Trilogie I - Clankrieger
in verschiedene Richtungen auf Distanz zu Marthe. Im hohen Gras gab es keine Wege, keine Hinweise auf andere Kadetten, die vor ihnen hier entlanggekommen waren. Aidan vermutete, daß nach jedem Test Techs das Gelände durchsuchten und alle Spuren der Kämpfe vernichteten. Nicht so einfach auszulöschende Narben wurden wahrscheinlich verdeckt, indem man Grasnarben verpflanzte.
Warum hielt er sich mit unwichtigen Details auf? Er schalt sich selbst einen Dummkopf. Er mußte sich konzentrieren. Wachsam bleiben.
Eine leichte Brise, viel sanfter, als er es nach dem Wetterbericht erwartet hatte, bewegte Gras und Blätter. Aidan glaubte, in einem hohen Baum zu seiner Rechten eine verdächtige Bewegung zu bemerken, ein leichtes Zittern der Zweige. Er wirbelte herum, riß die Pistole hoch und feuerte auf einen Ast. Ein Krachen und heftiges Schütteln der Krone folgten auf seinen Schuß, aber niemand fiel herab. Die Zweige beruhigten sich und blieben völlig still. Aidan war sicher, einen im Hinterhalt liegenden Angreifer ausgeschaltet zu haben, hatte aber keine Zeit, den Abschuß auch zu überprüfen. Als er weiterging, kam ihm der Gedanke, daß er möglicherweise einen Schuß auf einen großen Vogel verschwendet hatte. Er schob die Waffe wieder in den Gürtel.
Plötzlich erkannte er, daß Bret und Marthe weit entfernt waren, und er allein und verwundbar dastand. Er unterdrückte den Drang, ihnen nachzulaufen, und ging statt dessen allein weiter. Ter Roshaks Rat an die Kadetten, in dieser Phase des Tests zusammenzuarbeiten, verwarf er. Schließlich konnten die Aktionen eines jeden von ihnen die anderen umbringen.
Es war besser, sich auf den eigenen Instinkt und seine Fähigkeiten zu verlassen. Aidan fand Trost in der Einsamkeit. Er wollte keine Unterstützung von Marthe oder Bret. Seine Ausbildung schien in direkter Linie von seiner Geschko-Abhängigkeit zu diesem Gefühl der Isolation auf dem Prüfungsgelände geführt zu haben. Nachdem er sich einmal entschlossen hatte, einen klaren Triumph anzustreben, warum sollte er Marthe und Bret ermöglichen, ihm den Weg zu versperren?
Als er auf den dichten Wald zurannte, glaubte er Gestalten im Gras liegen zu sehen, die schußbereite Waffen auf ihn richteten. Aber ihm wurde bald klar, daß er Schatten auswich und sich vor Tieren duckte. Tief durchatmend – ein schwieriges Unterfangen bei einem Geländelauf – kämpfte er darum, seine Gedanken zu entwirren. Seine Augen durften nur sehen, was tatsächlich vorhanden war. Phantasien waren für einen Krieger ohne Wert – ein Gedanke, den er Dermot für eine seiner Vorlesungen vererben sollte.
Aidan hatte den Waldrand fast erreicht. Er blickte nach links und sah Bret, der gerade unter den Bäumen verschwand. Marthe war nirgends zu sehen. Zweifellos war sie bereits im Wald untergetaucht. Es gefiel Aidan nicht, der letzte zu sein, und er rannte noch etwas schneller, drang gerade schnell genug in den Wald ein, um einem Gewehrschuß zu entgehen, der die Rinde von einem Baumstamm neben seiner Schulter sprengte.
Er warf sich zu Boden, zog die Pistole aus dem Gürtel und robbte in die Richtung, aus der geschossen worden war. Der Waldboden war feuchter als das Feld und von seltsamen Gerüchen durchzogen, die Aidan zunächst verwirrten. Dann kam ihm die Erklärung: Es mußte der Geruch von Öl und Feuer sein, die Überreste alter Tests, die Art Kampfspuren, die kein Reinigungstrupp auslöschen konnte.
Der Schütze – offensichtlich ein Freigeborener, denn kein Wahrgeborener hätte so dumm sein können, zu früh zu feuern – schoß noch einmal. Er konnte nicht wissen, wo Aidan steckte, also zeugte der Schuß mehr von Nervosität als Verstand. Und er verriet die Position des Schützen. Wieder saß er in einem Baum. Aidan fragte sich, ob das seine Vermutung über den möglichen ersten Schützen bestätigte.
Er bewegte sich von schräg rechts auf den Schützen zu. Da er die Techniken anwandte, die er im Zweikampftraining gelernt hatte, ließ er kaum Gebüsch rascheln und nur selten einen morschen Zweig knacken. Das Dunkel des Waldes verschluckte die wenigen unvermeidbaren Anzeichen seiner Bewegung. Der Schütze schien allmählich unruhig zu werden, und der Ast, auf dem er saß, geriet in Bewegung.
Als Aidan sich dem Baum näherte, stellte er fest, daß sein Gegner eine junge Frau in Tarnkleidung war. Sie hatte die Hand am Mund und biß sich auf die Knöchel. Sie hatte allen Grund dazu: Sie suchte ihn in einer völlig falschen Richtung.
Aidan
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