BattleTech 14: Jade Phoenix-Trilogie II - Blutrecht
verloren. Jetzt wurde er tatsächlich gejagt.
Irgendwie mußte er diese Situation umkehren.
Er ging langsamer und mit vorsichtigen Schritten weiter, tastete die Dunkelheit vor sich ab. Als er eine weitere Ranke fand, die zwischen den Bäumen gespannt worden war, schnitt er sie mit seinem Messer ab, rollte sie zusammen und hängte sie über die Schulter. Etwas später stolperte er über etwas und wäre fast auf einen angespitzten Pflock gefallen. Er riß ihn aus dem Boden und betastete ihn. Lopar hatte sauber und gleichmäßig gearbeitet und eine symmetrische Spitze geschnitzt. Er steckte den Pflock in den Gürtel.
Wachsamer geworden, nutzte Aidan auch seinen Geruchssinn, der ihn zu einem zweiten Tierkadaver führte. Vorsichtig untersuchte er die Zweige des Baumes, auf dem das Tier lag, und stellte fest, daß es zwischen zwei Ästen klemmte. Der Kadaver war noch warm, also konnte das Tier erst vor kurzem getötet worden sein. Aidan preßte sich mit dem Rücken an den Baumstamm und lauschte nach Geräuschen, die auf Lopar hindeuten konnten.
Er hörte nichts.
Er ließ den Pflock am Fuß des Baumes zurück, wo er ihn schnell finden konnte, kletterte dann leise in den Baum und neben den Tierkadaver. Seine Finger tasteten das Fell ab und fanden den Punkt, an dem das Herz liegen mußte. Nachdem er die Haut des Tieres aufgeschnitten hatte, tastete er zwischen den Rippen nach dem Herzen und schnitt es mit dem Jagdmesser heraus. Langsam und vorsichtig hob er das Organ aus dem Brustkasten. Es war ein kleines Herz, ein kompakter, starker Muskel. Aidan hielt es dicht an sein Gesicht und berührte es kurz mit der Zunge. Der Geschmack war leicht salzig, mit einem sauren Unterton, den er nicht identifizieren konnte. Der Geruch von Blut umgab das Organ.
Er nahm die Ranke von der Schulter und plazierte ihre Schlingen vorsichtig auf dem Kadaver. Dann legte er das Herz sorgfältig in die Schlinge, um sein Hemd ausziehen zu können. Er schnitt ein Stück der Ranke ab und benutzte es dazu, sein Hemd zu einem Sack zusammenzubinden. Mit einem zweiten Stück Ranke machte er sich einen Gürtel, den er um die Hose schlang. Nachdem er das Tierherz vorsichtig in den improvisierten Sack gesteckt hatte, hängte er diesen an seinen Gürtel. Den Rest der Ranke ließ er lautlos zu Boden fallen.
Dann hockte er sich in den Baum und rief: »Lopar, diese Spielchen ermüden mich. Bist du ein Krieger oder ein Feigling, der durch den Wald kriecht und seinen Gegner mit Kinderfallen ärgert? Du hast einen Zweikampf verlangt. Laß uns die Sache ein für allemal klären.«
Er erwartete, daß die Anschuldigung, er sei ein Feigling, Lopar in Bewegung setzte. Nachdem er noch ein paar weitere Beleidigungen hinausgebrüllt hatte, um sicherzugehen, daß Lopar wußte, wo er war, kletterte Aidan hastig weiter nach oben. Der Sack machte die Kletterpartie schwierig, aber nicht unmöglich. Ihm kam der Gedanke, daß das, was er mit Lopar vorhatte, Poesie war. Nicht die Art Poesie, die er gelegentlich in seiner geheimen Bibliothek las, sondern eine grausame Poesie, zugeschnitten auf die Art Krieger, deren Exponent Lopar war.
Endlich hörte Aidan ein Geräusch, das nicht ins Konzert der üblichen Waldsymphonie paßte. Zum erstenmal hatte er Lopar bemerkt. Vielleicht durch Aidans Schmähungen in Wut geraten, war Lopar unvorsichtig geworden. Das Geräusch, das seine Ankunft verriet, war das leise Knirschen eines Schuhs auf Pflanzenmaterial.
Aidan holte den Sack hervor und hielt ihn vor sich. Lopar stand jetzt unter dem Baum, dessen war er sich sicher. Er nahm den Sack in eine Hand und schwenkte ihn langsam hin und her, wobei er den Bogen mit jedem Durchgang vergrößerte. Als er ihn in schnelle Bewegung versetzt hatte, ließ Aidan den Sack los. Er landete ein paar Schritte entfernt mit einem Geräusch, das, wie Aidan gehofft hatte, stark an einen Schritt im Gebüsch erinnerte. Das Gewicht des Herzens in Verbindung mit dem über das Unterholz streifenden Stoff erzeugte ein überzeugendes Rascheln.
Er spürte, wie Lopar auf das Rascheln zusprang. Aidan schätzte, wie schnell sein Gegner vorankam, und sprang. Seine schnellen Berechnungen zahlten sich aus. Er landete auf Lopar. Sein rechter Fuß traf den Gegner am Kopf, der linke an der Schulter.
Beide Krieger gingen zu Boden, und einen Augenblick lang waren sie ein wirres Gliederknäuel in der Dunkelheit. Lopar riß sein Jagdmesser hervor und stieß nach Aidans Arm. Die Klinge streifte ihr Ziel und hinterließ einen flachen
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