BattleTech 14: Jade Phoenix-Trilogie II - Blutrecht
sein letzter Ruheplatz wurde.
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Die Geräusche der Nacht schlossen ihn ein. Ein anderer Krieger mochte sie als unheimlich und beunruhigend empfinden, aber Aidan erschienen sie beruhigend. Was konnte ihn nach Station Glory noch schrecken? Zumindest gab es hier keine fremdartigen Echsen und keine Baumpumas. Diesen Wald kannte er. Er hatte sich aufgrund der vorherigen Erlebnisse in sein Gedächtnis eingegraben. Zum erstenmal war er während der Ausbildung als Wahrgeborener hier gewesen und hatte vier Freigeborene getötet. Beim zweitenmal war er schon als Freigeborener Jorge hier gewesen, und ironischerweise hatte er bei dieser Gelegenheit Mitgliedern seiner Einheit das Leben gerettet.
Bei der Überprüfung seiner Unterlagen hatte Marthe festgestellt, daß Lopars Ergebnisse im Zweikampftraining ausgezeichnet waren, aber Aidan hatte dabei ebenfalls sehr gut abgeschnitten. Ihre Bewertungen waren beinahe identisch.
»Ihr beginnt den Kampf mit gleichen Chancen«, sagte sie. »Aber deine Vertrautheit mit dem Gelände könnte dir einen Vorteil verschaffen.«
»Nicht wirklich«, widersprach er. »Wenn er Zweikampferfahrung hat, spielt das Gelände keine Rolle. Wenn ich einen Vorteil habe, dann höchstens durch mein allgemeines Wissen über Ironhold. Da wäre einmal die Tatsache, daß der Wald stockfinster sein wird, weil heute nacht der Mond nicht scheint. Ich bin an die Dunkelheit gewöhnt. Ich mag sie. Meine Erfahrungen auf Glory werden mir auch helfen. Der Sumpf und der Dschungel bei Station Glory sind vielleicht die schlimmsten und tiefsten aller Clanwelten, und ich bin häufig genug hindurchmarschiert. Keiner von Lopars Kampfeinsätzen kommt dem auch nur nahe.«
Aber jetzt waren alle Spekulationen müßig. Er tastete nach dem Messer, das er in einer Scheide am Gürtel trug. Als Kleidung hatte er fast hautenge Hosen und ein entsprechendes Hemd gewählt, um zu verhindern, daß ein Rascheln der Kleidung ihn verriet, während er durch den Wald schlich. An den Füßen trug er die weichsten Ledersandalen, die er hatte finden können.
Die Nacht war pechschwarz, und Aidan wünschte sich, Lopar hätte die Voraussicht gehabt, bei der Aufzählung der Ausrüstung, die für diesen Zweikampf zugelassen war, IR-Brillen aufzuführen. Die Finsternis war so allumfassend, daß jeder, der sich durch den Wald bewegte, zwangsläufig gegen Hindernisse laufen mußte.
Aidan kauerte schon einige Zeit auf einem niedrigen Ast und lauschte nach einem Hinweis auf Lopars Standort. Als er nichts ausmachen konnte, das von einem Menschen zu stammen schien, begann er sich zu fragen, ob Lopar möglicherweise dasselbe tat — irgendwo reglos herumzusitzen und darauf zu warten, daß sich Aidan verriet.
Wie lange konnte einer dieser Blutrechtskämpfe dauern? Wenn er und Lopar an entgegengesetzten Enden des Waldes saßen und warteten, würde irgendwann ein Funktionär eingreifen und sie beide zu Verlierern erklären, so daß ihr Gegner in der nächsten Runde kampflos gewann?
Nein, das konnte nicht geschehen. Die vom Jäger aufgestellten Bedingungen mußten eingehalten werden. Lopar hatte kein Zeitlimit gesetzt, aber er hatte bestimmt, daß der Kampf auf Leben und Tod geführt wurde. Sie würden den Blutrechtstest aufhalten, wenn sie die ganze Nacht hier abwarteten, aber irgendwann würde der Tag anbrechen. Dann würde das Warten auf jeden Fall enden. Und Aidan würde seinen größten Vorteil verlieren, denn seine Kenntnis des Geländes hatte bei Tageslicht noch weniger Wert.
So behutsam wie möglich verließ er den Ast und sprang ins weiche Gras unter dem Baum. Er war sicher, daß er keinen Lärm gemacht hatte. Er hielt sich in der Nähe des Baumes auf und lehnte sich einen Augenblick an den Stamm, während er auf das Schreien, Kreischen, Flöten und Pfeifen der nächtlichen Waldbewohner lauschte. Er erkannte das traurige Trillern des kleinen, aber erfolgreichen Greifvogels, der Ironholds Version des Nachtfalken darstellte. Er bemerkte auch andere Tiere, die sich durch den Wald bewegten, manche langsam, andere sprunghaft. Nichts von dem, was er hörte, erinnerte auch nur entfernt an einen schleichenden Clan-Krieger.
Aidan tat einen zögernden Schritt in die fast körperlich auf ihm lastende Dunkelheit. Obwohl seine Augen sich inzwischen daran gewöhnt hatten, konnte er nicht einmal seine Füße sehen. Manchmal schienen dunkle Formen aus der Schwärze der Nacht aufzutauchen, aber er konnte nicht sicher sein, ob es Bäume oder Tiere waren. Die meisten
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